• 1. Kapitel •

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Es war einer dieser Sommertage gewesen, an denen es zu heiß war, um überhaupt das Haus zu verlassen. Und dennoch hatte ich mich von meinem besten Freund Kyle mal wieder dazu überreden lassen, abends mit ihm feiern zu gehen. Normalerweise war es überhaupt nicht mein Ding mich zu betrinken und dann hemmungslos zu schlechten Songs zu tanzen, viel lieber würde ich mich mit meinem Kater Taki (Taki bedeutet "Wasserfall" auf japanisch) und einem guten Buch in einen der Stühle, die mein Vater dieses Jahr selbst gebaut hatte, in den Garten setzen und den Sonnenuntergang beobachten, aber Kyle schaffte es doch immer wieder mich zu überreden.

Und eben aufgrund dieser Überredungskünste stand ich also neben meinem, übrigens durch und durch schwulen, besten Freund an der Bar und klammerte mich förmlich an meinem Glas fest, während Kyle neben mir mit einem Mädchen flirtete. Als diese dann aufstand und mit einem Zwinkern in seine Richtung verschwand, beugte ich mich zu ihm und brüllte in sein Ohr: "Was willst du denn von der?" "Gar nichts, die ist nicht mein Typ." "Falsch: Sie ist kein Typ.", besserte ich ihn aus und entlockte ihm damit ein schallendes Lachen. "Wo du recht hast, hast du recht. Ich wollte mich eben einfach nur mit jemandem unterhalten." "Ach, wofür bin ich dann mitgekommen?", fragte ich empört, konnte mir aber ein kleines Grinsen nicht verkneifen, als sein Gesichtsausdruck von belustigt zu entschuldigend wechselte. "Hör mal Serena, so war das nicht..." "...gemeint, ich weiß." Ich lächelte ihn an, stellte mein leeres Glas auf den Tresen und zog ihn dann mit mir nach draußen. "Wo gehen wir hin?", fragte er, kam aber widerstandslos mit. "Die Sterne anschauen.", sagte ich glücklich und deutete auf den dunkelblauen Himmel, der mit leuchtenden Sprenkeln übersehen war.

Kyle hatte nie verstanden, wie ich mich über solche Dinge wie Sonnenuntergänge, den schimmernden Nachthimmel, einen Regenbogen oder das Vogelzwitschern morgens beim Aufstehen freuen konnte. Aber während alle anderen in meinem Alter jedes Wochenende feiern gingen, genoss ich lieber diese kleinen, für uns schon alltäglich gewordenen, Naturschauspiele.

Wir waren schon einige Minuten schweigend auf einer Parkbank gesessen, als Kyle mich plötzlich mit dem Ellenbogen in die Seite stieß. "Das sind Ruby und Finn.", flüsterte er mir ins Ohr. So wenig mich das junge Paar davor auch interessiert hatte, jetzt hatten die beiden meine vollste Aufmerksamkeit. "Ich wusste gar nicht, dass die beiden zusammen sind.", meinte Kyle leise und sah mich mitleidig an. "Ich auch nicht.", wisperte ich und stand auf, bevor er die Tränen sehen konnte, die in meine Augen stiegen. "Ich muss sowieso nach Hause. Gute Nacht."

Und mit diesen Worten ging ich, ohne noch einen Blick auf meinen besten Freund oder unsere beiden Klassenkameraden zu werfen, immer schneller werdend davon.

Kyle mochte zwar davon wissen, dass ich, so wie er, auf mein eigenes Geschlecht stand und dass ich, seit Ruby auf unsere Schule gewechselt hatte, in sie verliebt war, aber was er nicht wusste, war, dass Ruby und ich seit drei Monaten zusammen waren. Niemand wusste das. Außer ihr und mir. Aber wie sie mir bewiesen hatte, würde das Geheimnis uns nicht wie erwartet näher zusammenschweißen, sondern uns eher von einander trennen...

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