3. Februar 2013
Ich wachte auf und erschrak mich. Im ersten Moment hatte ich total vergessen, wo ich war, doch dann fiel mir alles wieder ein. Zitternd saß ich erst einmal auf dem Bett, ehe ich aufstand und Ashton halbnackt vorfand.
„Morgen“, nickte er.
„Morgen“, stotterte ich und versuchte die Tatsache zu ignorieren, dass er nur ein Handtuch um seine Mitte gewickelt hatte.
„Darf ich eben vorbei?“, fragte er. Stumm nickte ich und trat zur Seite. Der Lockenkopf ging in das Schlafzimmer, in welchem ich die Nacht verbracht hatte. Hinter sich schloss er die Tür. Wahrscheinlich hatte er einfach gedacht, ich würde länger schlafen. Natürlich durfte er duschen, es war sein Zuhause. Und er war heiß.
Oh und merkwürdig nicht zu vergessen.
Nach wenigen Minuten kam er aus dem Schlafzimmer, angezogen. Er trug ein Muskelshirt von der Band Misfits und dazu eine schwarze Skinny Jeans.
„Hunger?“, wollte er wissen. Ich nickte nur. Etwas stimmte nicht mit mir. Noch nie war ich so unsicher gegenüber einem Typen.
Ashton trat in die Küche. Schüchtern folgte ich ihm und setzte mich auf einen Stuhl. Für einen kurzen Moment dachte ich nach und beobachte Ashton. Dabei dachte ich an die Nacht oder den Morgen.
„Wieso verfolgst du mich?“, stellte ich dann zur Rede. Einen kurzen Augenblick blickte Ashton über seine Schulter zu mir, widmete dann seinen Blick jedoch wieder zum Essen.
„Tu ich nicht“, meinte er.
„Doch. Deine Wohnung liegt auf der anderen Seite des Stadtteils als Bastians. Und auf dem Weg zu Bastian wurde ich fast vergewaltigt. Warum?“, wiederholte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.
„Tay, ich verfolge dich nicht“, blieb Ashton bei seiner Lüge.
„Sieh mich an“, forderte ich und stand auf. Meine rechte Hand legte sich unter sein Kinn und richtete Ashtons Blick zu mir.
„Tay, wieso reitest du darauf rum?“, murmelte Ashton und ich merkte, wie er mich nicht ansehen wollte.
„Wieso verfolgst du mich und jagst mir Angst ein?!“, hakte ich weiter nach und zwang ihn weiterhin mich anzusehen. „Denk dran, du bist schlecht im Lügen.“
„Eigentlich sagen alle, dass ich gut bin“, lachte er und schüttelte den Kopf. „Und ich verfolge dich nicht.“ Wieder las ich es in seinen Augen. Er log mich an. Es stand in seinen Augen geschrieben.
„Verdammt, lüg mich nicht an!“, fauchte ich. „Ich weiß es. Aus welchen Grund tust es bitte?“ Verzweifelt setzte ich mich wieder hin und betrachtete ihn.
„Bilde dir nichts ein“, knurrte er und stellte das Essen auf den Tisch.
„Ashton, ich sehe, dass du lügst. Labber bitte keinen Scheiß mehr und rück mit der Wahrheit raus.“ Seine haselnussbraunen Augen sahen in meine blauen, doch er sagte nichts mehr. Stumm aßen wir und blickten einander an. Eiseskälte war zwischen uns.
Nachdem ich aufgegessen hatte, stellte ich den Teller auf die Spüle und sah Ashton wieder an.
„Ich gehe dann“, informierte ich ihn und trat in den Flur, wo ich meine Schuhe fand.
„Warte!“, Ashton nahm mein Handgelenk und blickte mir in die Augen.
„Auf was?“
„Bleib doch noch etwas“, schlug er vor.
„Wozu?“, wollte ich wissen und schüttelte den Kopf.
„Wären wir nicht alleine“, sagte er.
„Hast du keine Eltern?“, wollte ich wissen und hob meine linke Augenbraue in die Höhe. Ashton schüttelte den Kopf und sah auf den Boden. Unschlüssig stand ich erst einmal vor ihm, ehe ich ihn unsicher in die Arme nahm.
„Erzähl mir lieber von deiner Mutter“, schlug er vor.
„Nein“, flüsterte ich und schloss die Augen.
„Okay.“
„Okay“, wiederholte ich und löste mich dann von ihm.
„Bleibst du?“, wollte er dann wissen. Kurz überlegte ich. Ashton hatte recht. Ich wäre alleine. Oder wenn, dann würde ich zu Kimbley oder Bastian gehen.
„Ja“, gab ich nach und schaute Ashton an. Trotzdem wollte ich wissen, wieso er mich verfolgte. Grinsend zog er mich in sein Wohnzimmer und zwang mich dazu, mich auf die Couch zu setzen.
„Okay, also erzähl doch etwas über dich“, fand Ashton.
„Bitte nicht“, stöhnte ich und schüttelte den Kopf.
*/*
18. April 1900
Taylin war früher als er wach. Für sie war es ungewohnt ihren Mann schlafend zu sehen. Für sie war er immer wach und bereit sie zu beschützen. Doch er lag nun schlafend neben ihr und hielt sie fest. Sie mochte es nahe an ihm zu sein.
Er war für sie alles. Sie wusste er würde sie und ihr Kind beschützen. Taylin liebte ihn. Sie erinnerte sich daran, wie sie immer das Gefühl hatte, er würde ihr hinterher lauschen. Doch es war anders. Er war dafür da, Taylin an der Seite zu stehen.
Für Taylin gab es den Tyrannen nicht. Sie glaubte nicht, dass sie ihn zur Welt bringen würde. Dafür war er zu liebevoll. Dafür war sie zu sanft. Der Tyrann konnte nicht von ihnen stammen, so dachte sie es. Sie dachte, ihre Familie würde mit Liebe aufwachsen. Doch genauso wusste sie, dass er die Zukunft kannte. Er hatte diese Gabe genauso wie sie sehen konnte, wenn jemand log.
Sie beide hatten ihre Gaben und sie wollte wissen, was er in der Zukunft sah. Er verheimlichte ihr etwas. Lange genug kannte Taylin ihn nun, um dies zu wissen. Sie hoffte, dass es nichts Schlimmes war.