Sie öffnete ruckartig die Augen, als Wasser drohte in ihre Lunge zu gelangen. Panisch versuchte sie zur Oberfläche zu kommen und schnappte nach Luft. Ihre Fesseln schnitten sich in ihre Handgelänke ein. Das Chlor brannte in ihren Augen. Ihr war klar, dass sie sich in einem Schwimmbad befinden musste und sie von jemanden ins Becken geworfen worden war. Sie erkannte den Geruch. Schwerfällig versuchte sie zu schwimmen, doch ihr Kopf tauchte dabei immer wieder unter die Wasseroberfläche. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte den Beckenrand. Erschöpft brach sie zusammen, hustete und verlor ihr Bewusstsein erneut.
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Es war dunkel. Dunkler als sonst. Die Kälte kroch langsam an ihr hoch und wickelte sich um ihren nassen Körper, wie eine Schlange um ihre Beute. Sie spürte den kalten gefliesten Boden, auf dem sie lag, und hörte das leise Plätschern des Wassers hinter ihr. Sie hörte Schritte und den gleichmäßigen Atem eines Mannes.
,,Es war nicht leicht, mit den Fesseln an den Beckenrand zu kommen", sagte sie gefasst. Sie kannte solche Männer wie ihn. Männer, die sie schon oft hinter Gitter gebracht hatte. Schwäche zu zeigen wäre hier der größte Fehler, den sie machen könnte. Alles in ihr sträubte sich dagegen mutig zu sein und nicht einfach der Angst nachzugeben, aber sie hielt durch.
Sie stand langsam auf.
Er lachte leise.
,,Ich nehme an, dass, wenn ich Sie frage, warum ich hier bin, Sie mir nicht antworten werden."
Er schlich um sie, wie eine Raubkatze und ließ dabei seine Hand über ihre Schultern gleiten. Sie fröstelte. ,,Wenn Sie mir nicht antworten, nehme ich es als Freigabe zu gehen. Ich kenne Ihr Gesicht nicht, Ihren Namen nicht, aber ich denke, ich weiß wer Sie sind."Er blieb vor ihr stehen und sie wusste, dass er sie anblickte. Tief in ihre braunen Augen, denen man kaum ansah, dass sie nicht funktionierten. Er löste ihre Fesseln.
,,Ich bin Anwältin. Ich kann noch stundenlang weiterreden, aber ich glaube auch, dass ich weiß, was Sie wollen." Sie machte einen Schritt auf ihn zu, sodass sie seinen Atem auf ihrer nassen Stirn spüren konnte.
,,Sie wollen nicht mich, Sie wollen nicht Sherlock Holmes oder Anerkennung. Sie genießen das Spiel, aber das ist nur Mittel zum Zweck. Sie wollen Ihre unendliche Einsamkeit schon lange nicht mehr loswerden. Die Suche nach einem Menschen auf Ihrem intellektuellen Niveau haben Sie längst aufgegeben. Sie hassen die Menschen, weil sie so dumm sind, weil sie langweilig und langsam sind. Vielleicht ist es so. Vielleicht sind Sie der klügste Mensch der Welt, aber eins haben Sie vergessen." Sie breitete langsam ihre Arme aus und zog ihn in eine Umarmung. Sie merkte, wie er die Luft anhielt, doch dann anfing zu grinsen. ,,Die Dummheit der anderen ist nicht Ihre Angelegenheit", flüsterte sie in sein Ohr.Sie löste sich wieder von ihm, schnalzte kurz, um sich zu orientieren, und verließ dann das Schwimmbad, das Sie schon aus Ihrer Kindheit kannte. Ihr Herz beruhigte sich langsam wieder und alles, was sie gerade gesagt hatte, lief noch einmal im Schnelldruchlauf durch ihren Kopf.
Dass ihr Handy im Wasser den Geist aufgegeben hatte, war ihr natürlich klar, aber sie war in London, das wusste sie auch ohne sehen zu können. Der Straßenlärm und der Geruch von Abgasen war unverkennbar. Überall gab es Telefonzellen. Sie rief Sherlock an, sobald sie eine gefunden hatte, und dieser wirkte erheitert, dass sie wieder frei war, wobei frei wohl das falsche Wort war, denn sie war niemals gefangen gewesen.
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Sherlock, John und Lestrade holten sie ein paar Minuten später ab, da sie sowieso schon auf dem Weg waren, und Ersterer konnte es kaum erwarten zu erfahren, was sie wusste.
,,Nun, ich konnte ihn natürlich nicht sehen, aber er war schlank und etwas größer als ich, vielleicht einen Meter siebzig", antwortete sie im Auto geduldig auf Sherlocks Fragen.
,,Was ist mit der Stimme?"
,,Er hat nicht gesprochen, aber sein leises Lachen klang sehr schön." Sie lächelte.
,,Das bringt uns gar nichts!", regte sich Sherlock auf.
,,Ich weiß. Deswegen habe ich, als ich ihn umarmt habe-"
,,Sie haben was?!", fragten Sherlock und John gleichzeitig.
,,Wenn Sie mich ausreden lassen würden... Als ich ihn umarmt habe, habe ich nach Haaren auf seinem Mantel gesucht und voilà, ich habe eins zu fassen bekommen." Sie griff nach ihrem Portemonnaie, kramte kurz darin und zog dann ein kurzes, dunkles Haar heraus. Sofort nahm Sherlock ihr das Beweismittel ab und steckte es in einen kleinen Plastikbeutel.
,,Sie sind gut!" Er konnte seine Freude in seiner Stimme nicht zurückhalten.
,,Ich weiß. Und er wird es auch wissen", erwiderte Velicaja mit einem besorgtem Gesichtsausdruck.
,,Nein, jetzt haben wir ihn", war sich Sherlock sicher.
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𝚂𝚃𝙰𝚈𝙸𝙽' 𝙰𝙻𝙸𝚅𝙴 | Sherlock-FF
ФанфикEin mysteriöser neuer Fall verschafft unserem Consulting Detective wieder etwas Beschäftigung. Rose Grayson wird vermisst und zieht eine Spur aus Moriartys grausamer Vergangenheit hinter sich her - Weit entfernt von Sherlocks Heimatstadt, die er bis...