Kapitel 51: Der Schuss

1.9K 104 2
                                    

"Seite 3" Er beginnt die nächste Seite zu lesen.

"Justin...", schluchzend unterbreche ich ihn. Tränen fließen über meine Wangen. "Ich wusste nicht..."

Er schaut mir nicht in die Augen, aber ich sehe die Tränen und den Schmerz, den er gerade fühlt. Mein Herz bricht förmlich, was sich durch ein Stechen in meiner Brust bemerkbar macht. Ich schmiege mich an ihn, obwohl ich nicht realisiere, was auf den Seiten stand.

"Es tut mir so leid...", flüstere ich und drücke meine Stirn gegen seinen. "Es tut mir so leid.", wiederhole ich.

"Es ist ok...", er stottert.

Sanft küsse ich seine feuchte Wange. Meine Gedanken drehen sich im Kreis. Ich möchte ihm helfen, ihm zeigen wie sehr ich ihn mag, wie dankbar ich ihm bin und das alles gut ist, weil er ein wunderbarer Mensch ist. Aber ich weiß nicht wie.

"Ich war siebzehn, habe Drogen genommen, jedes Mädchen gefickt, das ich wollte und wollte einen auf Bad Boy machen. Und dann hat mein Vater sie umgebracht..." Er beißt sich auf die Lippe, während er ruhig erzählt.

"Das ist so schrecklich!" Verzweiflung liegt in meiner Stimme.

Seite 3

Der Schuss

Nachdem er sie umgebracht hat, war ich wütend. Es war Wut wie Feuer.  Menschen sagen, dass man aus Wut manchmal falsch handelt, aber ich habe nicht falsch gehandelt sondern genau richtig, als ich meinen Erzeuger und gleichzeitig Mörder meiner Mutter angeschossen habe. Es waren nur ein paar Sekunden, aber dann lag er blutend auf dem Boden und ja, es hat mir gefallen. Es war das Gefühl von Freiheit, bei allem was er mir, Jazmyn und Jaxon angetan hat.

Dass er überlebt hat und dann aus dem Krankenhaus geflüchtet ist, lässt mich nur erkennen, dass er ein Feigling ist. Elend. Und ich möchte nicht so werden wie er, besonders wenn ich Jazzy und Jaxon bald allein erziehen muss. Ich muss mich ändern und deswegen bin ich in die Entzugsklink gekommen. Weg von den Drogen, keine Mädels mehr, weg von der Gang und ich muss mich selbst finden. Das ist was zählt und was ich in den nächsten Wochen vor habe. Für meine Mutter.

Zwischen den vorletzten und letzten Worten lässt er eine kleine Pause und atmet ruhig ein und aus.

Ich öffne sprachlos meinen Mund. Ich weiß einfach nicht, was ich gerade sagen soll. Ich weiß nicht mal, was ich denken soll.

"Shay...", flüstert er. "Den anderen Teil lese ich dir wann anders vor. Ich glaube das reicht erstmal." Ich sehe wie eine Träne über seine Wange läuft.

"Ich wusste das alles nicht." Ich schüttle meinen Kopf, während ich ihm in seine Augen schaue. "Ich muss erstmal gehen..."

Ich ziehe mich am Tisch hoch und gehe geradewegs, ohne mich umzudrehen durch den Flur zur Haustür.

Mein Kopf ist voll, aber irgendwie auch ohne Inhalt. Ich weiß, dass es falsch war, ihn alleine zu lassen, aber ich musste raus. Justin hat zwei Geschwister um die er sich kümmern muss. Und er hat seinen Vater angeschossen.

The Search {German}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt