Prolog

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Ich wusste nicht, wie lange sie schon so da stand und versuchte, mich wach zu halten. Ich wusste nicht, wie viel Zeit ich noch hatte. Und ich wusste verdammt nochmal nicht, wie ich ihr sagen sollte, was sie wissen musste.

„Cas", setzte ich mit röchelnder Stimme an und in ihren Augen blitzte es. Sie brachte ein schwaches Lächeln hervor und strich mir beruhigend über die Wange.

Meine Tochter so zu sehen erfüllte mich gleichermaßen mit Stolz und Trauer. Stolz, weil sie mit ihren 10 Jahren schon mehr durchgestanden hatte, als jedes andere Kind und trotzdem noch sie selbst war. Anders als ich, die von der Vergangenheit überschattet war, war sie auch nach so vielem noch selbstlos und neugierig und mit einem so großen Herzen. Trauer, weil ich sie nun wohl das letzte Mal sah. Ich glaubte nicht an das Leben nach dem Tod. Ein weiterer Mythos, der nach all dem, was ich bisher gesehen und erlebt hatte, sicher nicht schwer zu glauben sein musste, aber ich wollte es nicht. Nicht noch eine Enttäuschung. Das würde selbst meine tote Seele nicht verkraften.

„Mommy?", Cas' Stimme klang brüchig, aber bestimmt. Sie war so mutig.

„Ich will, dass du mir jetzt gut zuhörst, ja, Cas?", sie nickte langsam und ich fuhr fort, „Ich wünschte, es gäbe mehr Zeit um dir alles beizubringen, aber was du wissen musst: Du gehörst etwas Großem an, du bist die letzte einer der wenigen noch verbliebenen Schattenwandler-Familien, hörst du, Cas?" Ihre Augen starrten mich glänzend an und ich wusste, dass sie mir in diesem Moment alles geglaubt hätte.

„Du kennst die Legenden, Cas. Du weißt, dass sie real sein müssen weil du weißt, zu was du fähig bist. Und nun musst du selbst herausfinden, wie du deine Gaben nutzen kannst, aber ich weiß, dass sie dir das Leben einfacher machen, ja? Du kannst alles schaffen, auch ohne mich." Sie würde eine großartige Bereicherung für unsere Art sein. Die Schattenwandler waren noch seltener als die anderen geworden, deshalb musste sie überleben. Sie musste einfach, egal wie.

„Nein, Mommy", wimmerte sie und ich hätte nichts lieber getan, als sie noch ein letztes Mal zu umarmen, aber meine Arme versagten. Überhaupt versagte alles. Und so musste ich mich damit begnügen, ihre Hand zu drücken, bevor ich schwer atmend die Augen schloss, ihre Schreie hörte und ein für alle Mal mit den Schatten verschmolz.

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⏰ Last updated: Sep 04, 2019 ⏰

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the clockmaker and the girl who didn't care about timeWhere stories live. Discover now