Ich war eingehüllt in Dunkelheit, eingehüllt in Schatten und Nacht. Sie umgaben mich, beschützten mich, nahmen mich gänzlich ein. Ich atmete tief ein und aus und spürte, wie sich ein roter Hauch, gemischt mit braun und dunklen Rändern, in mein Bewusstsein schob. Helle Punkte tanzten unter den geschlossenen Lidern meiner Augen. Ich spürte ein sanftes streicheln in meinem Nacken. Spürte, wie Finger über meinen Hals strichen, sich mit meinen Haaren verwoben und sich wieder lösten. Das Ding, auf dem ich lag, bewegte sich. Es bewegte sich im selben Takt wie mein Atem und wenn ich lauschte, konnte ich unter meinen Ohren ein Pochen hören. Ein Pochen, das jetzt an Schlägen zunahm und es schien, als ob mit dem schneller Werden der dumpfen Schläge, das Kraulen in meinem Nacken unterbrochen worden war.
Ich seufzte und schmiegte mich enger an das warme, unförmige Kissen, das unter mir lag und sog den Duft ein, der von dem Stoff ausging, auf dem ich ruhte. Es roch nach Erde, Moos und Sonnenschein, nach Kräutern, Eisenhut und Minze... würzig, nach Mann... ja, nach einem Mann. Nach einem bestimmten Mann... Severus. Ich schreckte auf. Hellwach saß ich auf dem mit Moos bedeckten Waldboden und blickte erschrocken auf den Mann hinunter, der neben mir lag. Er grinste.
"Wie lange habe ich geschlafen?", fragte ich verlegen vor mich hin murmelnd. Wieso war mir das so unangenehm? Mir ist doch sonst so überhaupt nichts peinlich. Sev hatte die Arme hinter seinem Kopf verschränkt und musterte mich. Er grinste immer noch, doch als ich meinen Blick zu seinen Augen wandern ließ, fielen mir die Schatten auf, die sich darin spiegelten. Er blinzelte, legte seine Stirn in Falten und die Schatten verschwanden, waren... weg. "Wir haben etwa 2 Stunden geschlafen... du aber ein... bisschen länger." So wie er das "bisschen" gerade über seine Zunge zischen ließ, vermutete ich, dass ich 'viel' länger geschlafen hatte. Oh, Merlin und geschnarcht! "Wie lange ist ein bisschen?", fragte ich und hoffte, so das Bild, das gerade in meinem Kopf entstand, ich, schnarchend und auf das Shirt von Snape sabbernd, vertreiben zu können. "Eine Weile... Kleiner." Oh, dieser Mann treibt mich noch in den Wahnsinn! Er setzte sich langsam auf, sodass wir nebeneinander saßen. Ich lächelte ihn dünn an und verdrehte meine Augen. Ein kurzer Blick in den Himmel, der, von den Baumwipfeln verborgen, nur sehr schwer zu erkennen war, verriet mir, dass Snapes Weilen ziemlich lange waren. Ich starrte ihn böse an und da ergriff mich schon wieder dieses komische Gefühl von, von Unsicherheit? Ich hatte wohl nicht allzu gut geschlafen, obwohl die Träume, naja... die hatten schon was für sich. Mist, verdammter! Die Fledermaus hatte das bestimmt bemerkt... wie könnte sie auch nicht. Schließlich lag ich sicher gute drei Stunden hier auf dem Waldboden ganz dich an ihn gekuschelt da.
"Wir sollten uns langsam auf den Weg zurück ins Schloss machen. Der Wald... er ist..." "und die Alraunen?", unterbrach ich ihn. Er zog schon wieder seine Stirn in Falten und ich fühlte mich plötzlich unbehaglich, doch das Gefühl verflog und in Severus Augen blitzte kurz ein Funke auf. "Morgen?", fragte er mich und seine Stimme triefte geradezu vor Verlangen und vor süßer Verlockung. "Morgen.", grinste ich ihn an, packte ihn am Hemdkragen und zog ihn in einen Kuss. Er war überrascht, das konnte ich spüren, doch er ergab sich mir. Der Kuss schmeckte nach Schlaf und Ruhe und so stürmisch ich ihn auch begonnen hatte, so träge beendete ihn Severus. Er half mir auf die Füße.
Wir gingen langsam, ließen uns Zeit und redeten über alles Mögliche. Ich war erstaunt, wie normal, ja geradezu einfach es war, mit ihm, dem Schreckensherrscher über die Kerker, Zeit zu verbringen.
Ich genoss die Spanne unseres Treffens, die wir durch den kühlen Wald liefen. Ich sog den Frieden, der jetzt nach dem Krieg im verbotenen Wald herrschte, tief in mir auf und genoss die Gefühle, die in mir aufstiegen. Genoss es, bei ihm zu sein. Ich genoss sogar den Wunsch, nein, das Verlangen, immer bei ihm zu sein zu wollen. Doch das Ende unseres Ausfluges kam, wie die Grenze von Wald und Wiese, von Düster und Hell, von Zukunft und Vergangenheit, immer näher und ich fühlte mich mit jedem Schritt, den wir auf den Waldrand zu liefen, beklommener. Was zur verfluchten Hölle war los mit mir? Wieso jetzt? Wieso diese Gefühle? In meiner Brust schien sich ein Knoten zu bilden, ein Schwindel durchzuckte meinen Kopf und der Atem stockte mir in der Kehle. Ich, ich hatte Angst, wieder diese Angst. Sie lähmte mich, schloss mich ein, betäubte mich so, dass ich Sev, der gerade mit mir sprach, nicht mehr hören konnte. Er lief neben mir, wirkte unbekümmert und losgelöst. Als ich stehen blieb, um Luft zu holen und um mich sammeln zu können, stoppte auch er und drehte sich zu mir um. Seine Augen weiteten sich geschockt, als er mich ansah. "Potter... Harry, was, was ist los?"
"Ich krieg keine Luft.", japse ich nach Atem ringend und spürte, wie sich mein Herz noch mehr verkrampfte. Die Welt um mich herum schien sich zu drehen und zu verschwimmen und ich sackte, überflutet von dieser unerklärlichen Angst und dem Schwindelgefühl in meinem Kopf, auf dem Waldboden zusammen.
Ich erwachte durch ein Ruckeln und Schaukeln, welches sich meinem Körper bemächtigt hatte. Ich öffnete die Augen nur einen Spalt breit, doch das reichte aus, um zu wissen, dass es keine gute Idee war, herauszufinden, was das war, was da so ruckelte. Kaum sah ich den blau, orange angehauchten Himmel über mir und den grünen Horizont der Bäume, der sich im Takt des Schaukelns auf und ab bewegte, wurde mir wieder schwindlig und ich kämpfte gegen den Drag an, mich übergeben zu müssen. Was in drei Teufels Namen war nur los mit mir? Ich war doch sonst nicht so. Ich hatte Nerven, die so reißfest waren wie Einhornhaar und behielt bei allen Gefahren immer einen kühlen Kopf. Als sich mein Magen langsam etwas beruhigt hatte, versuchte ich mich auf meine anderen Sinne zu konzentrieren. Ich roch Kräuter und Mann. Severus. Das Ruckeln kam von ihm. Ich spürte seinen Körper an meinem und da dämmerte mir, wo ich mich gerade befand. Ich, Harry James Potter, lag gerade in Severus Tobias Snapes Armen und... ich, ich wurde getragen. 'Dafür gibt es einen Zauber, Potter.' Ich wurde von ihm getragen? Nicht irgendwie verhext oder verzaubert? Es geschehen doch noch Wunder. "Sev.", krächzte ich und das Ruckeln und Schaukeln stoppte in seinem tun. Ich konnte spüren wie Sev sich hin kniete und mich vorsichtig, so als wäre ich aus Porzellan oder Glas, das wertvollste, was er besaß, auf dem grün bewachsenen Wiesenboden kurz vor dem Schlossportal absetze.
Ich blieb auf dem Boden liegen, Severus kniete halb über mir. "Harry, kannst du mich hören.?" Severus Stimme klang fremd in meinen Ohren. Noch nie hatte sich seine Stimme, ihr sonst so wohltuender Klang, so zerrissen, hilflos und panisch angehört. Mein Puls beschleunigte sich wieder, doch ich nickte schwach und verzog meinen Mund zu einem halbherzigen Lächeln. Er räusperte sich und fragte dann etwas ruhiger. "Was ist los, Kleiner?" Die Sorge, die in seinen Augen aufblitzte, zog sich langsam wie das stete Wachsen einer mit Dornen gespickten Ranke über sein Gesicht. Sie breitete sich auf jedem Zoll seiner Haut aus und ich konnte sehen, spüren, wie er brannte. Die Schwärze in seinen Augen schien zu glimmen und mich überflutete wieder diese unbändige Angst, die ich nicht einzuordnen wusste und nichts mit meinen sonstigen Gefühlen zu tun hatte, denn schließlich war ich glücklich. Diese Angst war mir fremd, gehörte irgendwie nicht zu mir... Nicht zu mir! 'Alles ist miteinander verbunden. Manches mehr, anderes weniger.' Lenath's Worte schossen wie eisig kalte Blitze durch meine Gedanken und ihr Einschlag hallte tief in meinem Inneren wider. Die Vermutung, nein, die Erkenntnis darüber, was das war, was ich fühlte, klärte meinen vor Angst gelähmten Geist.
Ich setzte mich langsam auf, Severus kniete noch immer neben mir und beobachtete mich aufmerksam. Die Maske der vermeintlichen Ruhe und Unnahbarkeit, die er während der Jahre des Krieges und des Schmerzes tragen musste, schlich sich zögernd langsam und doch stetig zurück auf sein Gesicht. Nein, nicht jetzt! Ich will dich... ganz und gar dich, nur dich. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände, zog ihn zu mir, legte meine Stirn an seine, stahl ihm einen Kuss und fragte nah an seinen Lippen: "Vertraust du mir?" Unsicherheit durchzuckte mich, doch dann spürte ich die Wärme in mir aufsteigen, Zuneigung und Liebe und da, da war es, wenn auch nur schwach und gut verborgen, Vertrauen... Vertrauen in mich und Vertrauen in das, was nach meiner Frage darauf folgen würde. Severus nickte. Ich schloss meine Augen, atmete tief ein und so leise wie ich konnte, flüsterte ich: "Legilimens..."
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your soul, my freedom ¦ Snarry ¦ deutsch
ParanormalHarry Potter und Severus Snape ihrerseits Zauberer und beide überlebende der Schlacht um Hogwarts, decken nach und nach das Geheimnis, welches sie beide verbindet auf...? Meine Geschichte knüpft nahtlos an die Geschehnisse im Bootshaus bei der Schl...