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In meinem Zimmer setze ich mich auf den dunklen Boden und entdecke einen Rucksack unter meinem Bett liegen. Typisch Grandpa, immer an alles gedacht. Ich krame ihn hervor und stopfe ein paar Wechselklamotten hinein und stecke meine volle Wasserflasche in die Seite. Auch mein Handy packe ich ein, meinen Geldbeutel und andere überflüssige Sachen.

"Poesy?" Ich zucke erschrocken zusammen als Grandpa plötzlich im Türrahmen steht. Er lächelt den Rucksack an und tritt in die Mitte des Raumes, während ich auf dem Bett sitze und nochmal alles durchgehe. "Das solltest du auch noch mitnehmen"

Ich stehe auf und nehme die Papiere, die er ausstreckt, in die Hand. "Unsere Aufzeichnungen", flüstere ich. Ich erinnere mich wie er und ich das komplette Buch studiert haben, Stunden damit verbracht haben und einfach Spaß daran hatten. Ich habe mich schon immer für so etwas interessiert, weshalb meine Studienfächer auch keinen überrascht haben.

Anschließend reicht er mir das dunkelgrüne Buch, was immer noch genauso geheimnisvoll aussieht wie vor zehn Jahren, mit dem Titel Fairton.

Ich seufze. Niemals hätte ich gedacht, dass das alles wahr ist. Ich werfe mich um seinen Hals und umarme ihn, als Entschuldigung, dass ich ihm nicht glaubte. Hätte ich es getan, wäre jetzt alles viel einfacher.

Kurze Weile später lösen wir uns wieder voneinander. "Du warst schon immer auf der Suche nach Herausforderungen", kichert er. Stimmt, aber wollte ich jemals solch ein Abenteuer? Die kleine Poesy hätte sich unheimlich gefreut, aber die ältere Poesy hat Angst.

Schließlich schnieft er und läuft die Treppe runter, noch ohne auf meine Zustimmung zu warten.

Ich nicke um mich selbst zu bestärken, aber meine Gefühle drohen mit mir durch zu gehen. Kaum zu fassen, dass ich das wirklich mache.

Wir laufen die Treppe runter und entdecken Emilio schon unten am Geländer warten. Er hat den Umhang ausgezogen, wäre auch ziemlich unpraktisch geworden, und trägt nun eine schwarze Stoffhose und ein schwarzes T-Shirt, welches seine muskulösen Oberarme entblößt.

"Bereit?", sagt Grandpa und geht mit uns zur Tür.

Emilio zuckt die Schultern. "Ich schon. Aber hat sich Miss ich-glaube-keinem-außer-mir-selbst auch endlich mal entschieden?"

"Ja. Hat sie", fauche ich ihn an und vergesse für einen Moment, dass er ein Prinz ist, bei dem ich eigentlich aufpassen sollte.

Mein Grandpa verdreht die Augen und bleibt kerzengerade vor der Tür stehen. "Übrigens habe ich noch etwas für euch" Er reicht mir ein gefaltetes Blatt Papier. "Das dürfte euer erster Hinweis sein. Öffnet es im Auto, es ist der Schwarze auf der Straße" Dann gibt er dem Typ neben mir die Schlüssel und umarmt uns nochmal fest.

Er setzt gerade an um nochmal etwas zu sagen, als ein Schrei ertönt.

"Was ist denn hier los?", kreischt Charlotte. Ohne zu zögern stapfe ich zu ihr und versuche sie zu beruhigen.

Prinz Emilio hinter mir stöhnt genervt laut.

"Grandpa wird dir alles erklären. Ich bin bald wieder da", sage ich hastig. Mir fällt nichts Besseres ein.

Sie schaut mich mit glasigen Augen an. "Willst du jetzt etwa mit dem da durchbrennen? Kennst du den überhaupt?" Abwertend zeigt sie auf ihn und ich packe sie an den Schultern.

"Es ist wirklich wichtig", flüstere ich und bin den Tränen ebenfalls sehr nahe. "Grandpa wird dir, wie gesagt, alles erklären. Ich bin schneller als du denkst wieder da", sage ich in der Hoffnung, dass es die Wahrheit ist.

Neben ihr erscheint auf einmal Grandma, die mich fest in eine Umarmung zieht. "Pass auf dich auf! Aber wer weiß, vielleicht macht es sogar Spaß"

"Du wusstest davon?", frage ich irritiert. "Natürlich", lacht sie und zwinkert mir zu. "Aber jetzt solltest du wirklich gehen. Die Zeit rennt davon, bis zur Krönung ist es nicht mehr lange hin"

Ich nicke und umarme nochmal alle ganz fest. "Poesy... was tust du?", flüstert Charlotte. "Keine Ahnung. Aber ich glaube ich erlebe nun ein ziemlich großes Abenteuer", flüstere ich mit unterdrückten Tränen zurück.

Ich drehe mich schnell wieder um und gehe zu den beiden Männern, denn diese werden immer unruhiger und nervöser.

Prinz Emilio bewegt sich schon nach draußen als ich nur neben Grandpa auftauche, aber ich habe noch einen Knoten in den Beinen.

"Eine Frage noch!", sage ich schnell, als ich mich nochmal zu ihm im Türrahmen umdrehe. "Warum ich?"

Sein Mund verzieht sich zu einem minimalen Lächeln als er sagt: "Weil ich dich sehr passend dafür finde" Ich lächle ebenfalls und spute mich Emilio einzuholen, der bereits durch den Garten gelaufen ist.

"Vergesst nicht anzurufen oder zu schreiben!", schreit Grandpa uns hinter her. Ich winke und versichere ihm, dass ich immer daran denken werde.

Nachdenklich laufe ich zu Grandpas Auto und verstaue den Rucksack im Kofferraum. Dann lasse ich mich langsam neben Prinz Emilio auf den Beifahrersitz fallen. Kaum zu glauben, dass wir wirklich den Wagen von Grandpa haben dürfen.

"Mach das blöde Ding endlich auf", drängelt er knurrend und schaut auf das Papier in meiner zittrigen Hand.

Gespannt falte ich es auseinander. Jetzt gibt es kein Zurück mehr...

Poesy & Emilio - Die SucheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt