Kapitel 3

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Kris' Augen weiteten sich. Er spürte, dass Tao, Zitao, nicht log. Zitao wusste alles über ihn, auch das, was Kris nicht in der Lage war zu wissen.
,,Alles hat zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Ende.", fuhr Zitao fort. ,,Du kannst es nicht verlängern, Wu Yifan. Nur schlimmer machen. Also, sei bereit, und ich komme zurück." Mit diesen Worten schritt Tao hinaus. Kris blieb alleine zurück. Alles, was er fühlte, war eine eisige Leere in seinem Körper. Es war, als hätte Zitao sein ganzes Leben etwas in ihm gefüllt, und jetzt das alles mitgenommen. Ein Nachrichtenton ertönte und Kris zuckte zusammen. Das Geräusch war viel zu laut für die Stille, aber gleichzeitig lenkte es von der Leere ab.

Namjoon:
"Wo bleibst du? Ich kann das Rennen nicht weiter verschieben."

Kris:
"Tut mir leid für die Verspätung. Ich komme sofort."

Chanyeol:
"Ist dein Auto auf dem Weg kaputtgegangen oder kommst du zu Fuß? 😂"

Kris:
"Ich bin auf dem Weg."


Kris stieg in ein zufälliges Auto, welches in der Reihe der Rennautos stand. Er wusste nicht, welches Modell das war, er erinnerte sich nur daran, das die Farbe grau war, genauso grau wie die Wand des Gebäudes. Mit einem Knopf auf dem Schlüssel der Garage öffnete Kris das große Tor und fuhr hinaus. Jetzt musste er sich beeilen. Die Rennbahn wartete.

,,Na endlich!", begrüßte ihn Namjoon und führte Kris direkt in dessen privaten Ankleideraum, wo Kris eilig in seinen pechschwarzen Rennkostüm schlüpfte. ,,Komm, alle warten schon an der Startlinie? Ist der Tank im Auto aufgefüllt? Sind die Reifen fest dran? Funktionieren die Sicherheitsvorrichtungen?" Das war das Gute an Namjoons Rennen. Bevor ein Auto mitfahren durfte, mussten alle Bedingungen erfüllt sein, um nicht disqualifiziert zu werden. Kris zuckte mit den Schultern. ,,Ich denke schon.", murmelte er tonlos. Selbst wenn nicht, dann gewann er das Rennen eben nicht. Was ist den schon dabei? Namjoon seufzte und klatschte zwei mal in die Hände. Drei Helfer kamen herbei. ,,Kontrolliert schnell sein Auto, und ab damit an die Startlinie." Die Helfer nickten und verschwanden. ,,Ich erkläre dir kurz das Rennen. Die anderen wissen schon Bescheid.", sagte Namjoon und führte Kris an ein Monitor. ,,Die Strecke führt durch die Stadt in Wald, dann auf die Autobahn und von dort in das Gebirge. Dort musst du sehr vorsichtig sein. Die genaue Strecke kennst du nicht, aber sie ist ausgeschildert und wenn du nicht schummelst, wirst du alle Schilder sehen und kommst sicher ans Ziel. Das Ziel ist dort, wo auch der Start ist, nämlich hier. Und noch was." Namjoon hob einen Finger hoch. ,,Bevor du das Gebirge erreichst, musst du vor einer Hütte stehen bleiben. Dort kriegst du von professionellen Leuten deine Reifen gewechselt, damit du mit den jetzigen nicht ausrutschst und eine Schlucht runterfällst. Verstanden?" Kris nickte. ,,Gut, dann los gehts."

Die anderen Fahrer standen neben ihren Autos und unterhielten sich, während sie auf Kris warteten. Dieser kam gerade mit Namjoon an der Seite an die Startlinie und setzte sich in sein Auto. ,,Ich hoffe so sehr, dass ich den zweiten Platz bekomme.", meinte ein Rennfahrer und öffnete seine Autotür. ,,Warum nur den zweiten?", fragte der Fahrer neben ihm. ,,Bist du noch nie gegen Kris Wu gefahren?", fragte der erste erstaunt, worauf der andere den Kopf schüttelte. ,,Kris Wu gewinnt immer, egal wie gut du bist. Er ist selber ein halbes Rennauto.", erklärte der erste und stieg in sein Auto.

Kris zog sich im Auto seinen Helm an. Helme waren sehr wichtig in dem Rennen, den wegen den vielen Kurven, die man mit Höchstgeschwindigkeit durchfuhr, stieß man sich leicht den Kopf mal gegen das Fenster, mal gegen das Lenkrad.
Aufmerksam schaute Kris hinaus. Sein Blick glitt suchend über die Zuschauer, in der Hoffnung, einen weißgekleideten blonden Jungen zu sehen. Kris verstand nicht, warum er ihn sehen wollte. War es nicht besser, wenn Zitao nicht da war? Ein beklemmendes Gefühl stieg in Kris auf, doch er ignorierte es. Jetzt musste er sich auf das Rennen konzentrieren.

Der Startschuss ertönte, und die Autos rasten los. Kris hielt das Gaspedal durchgedrückt und überholte einen Konkurrenten nach dem anderen. Es dauerte nicht lange, und er war ganz vorne und ließ die Stadt hinter sich. Die Strecke im Wald war sehr holprig und rutschig. Fluchend trat Kris auf die Bremse, als er beinahe einen Abhang runterrutschte. ,,Namjoon hat sich wirklich Mühe gegeben.", knurrte er, als ein weiteres Schild auf eine hundert Meter lockere Brücke wies.
Kris hatte einige Schwierigkeiten, die Strecke im Wald zu meistern, aber schließlich schaffte er es, auf die Autobahn ohne Verletzungen oder Zerstörungen zu kommen.
Als nächstes kam das Gebirge. Kris' Herz fing wie verrückt an zu schlagen, als er den ersten Berg anfuhr. Die Rennstrecke führte ihn sehr kurvig bis an die Spitze des Berges und ebenso wieder zurück auf den nächsten Berg. Dieser war sehr hoch, und Kris wollte es nicht zugeben, aber er hatte Höhenangst. Der Weg wurde eng, sehr eng. Auf der linken Seite führte eine Schlucht weit runter, weswegen sich Kris dicht an die Bergwand hielt. Es war dunkel geworden, was die Sache noch schwerer machte. Ein Hupen hinter ihm erlangte seine Aufmerksamkeit. Ein weiterer Fahrer hatte ihn eingeholt und fuhr dicht an Kris ran. Die Selbstsicherheit des anderen stachelte Kris an. Er vergaß alle Vorsicht und beschleunigte, seinen Gegner hinter sich lassend.
Ein Siegesgrinsen lag auf Kris' Gesicht. Glücklich darüber, bald einen weiteten Sieg in der Tasche zu haben, gab er nochmal Vollgas, als wie aus dem Nichts etwas vor sein Auto fiel. Panisch wollte Kris ausweichen, doch er bemerkte zu spät, dass links neben ihm nichts war. Das nächste, was Kris spürte, war der Aufprall. Zu den Schmerzen des Aufpralls gesellten sich die Kopfschmerzen. Kris stöhnte auf. Seine Beine schmerzten. Durch den Geröll, den Kris mit seinem Sturz mitgerissen hatte, hatte sich die Frontscheibe aufgeschlagen und die Scherben bohrten sich tief in Kris' Arme und Gesicht ein.
,,Irgendjemand, Hilfe.", flüsterte Kris. Die Schmerzen waren wahnsinnig. Nicht nur sein Kopf, sondern der ganze Körper schmerzte. Eine Träne rannte Kris über die Wange und vermischte sich mit dem Blut. Wieder fing sein Kopf an zu pochen. Genauer gesagt, jemand schien ihn mit einer schweren Bratpfanne zu schlagen.
Verzweifelt versuchte Kris den Kopf zu schütteln. ,,Aaah!" Seine Tabletten, die die Schmerzen lindern konnten, hatte er nicht mit. Es wurde schlimmer. Kris war kurz vorm Durchdrehen, als etwas in sein Auge fiel. Eine Gestalt mit weißen Klamotten und blonden Haaren stand in der Nähe des ramponierten Autos. ,,T-Tao.", flüsterte Kris und streckte zitternd seine Hand aus. ,,Nimm mich mit." Es war, als hätte Zitao ihn gehört. Langsam trat er an Kris' Auto zu und öffnete die Tür auf seiner Seite. ,,Tao." Es war mehr ein Hauchen, was Kris' Lippen verließ. ,,Bist du jetzt bereit?", murmelte Tao und nahm Kris' Hand in seine. ,,Nur wenn ich bei dir bleiben darf.", flüsterte Kris. ,,Bei dir." Kris spürte, wie er immer schwächer wurde. Das Atmen war schwer geworden und seine Körperglieder fühlten sich taub an. ,,Tao, nimm mich mit. Bitte." Kris sah Tao zum ersten mal lächeln. Er hatte ein wunderschönes Lächeln, und Kris merkte, wie sich seine eigenen Mundwinkel etwas hoben. ,,Komm mit.", sagte Tao und schob Kris aus dem Auto. ,,Ich zeig dir was tolles."

Heaven's Boy //Taoris// [Complete]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt