Das nächste Mal, als ich wieder aus dem Pool stieg, sah ich Gabe dabei zu, wie er mit jemanden telefonierte. Ich beobachtete ihn dabei, wie sich seine Stirn langsam in Falten legte. Sein Mund war leicht geöffnet. Er schien sich wirklich konzentrieren zu müssen, um dem Gespräch zu folgen. Neugierig stieg ich aus dem Pool und ging auf Gabe zu.
Kurz bevor ich die Liege erreichte, hatte Gabe bereits aufgelegt. Ich beobachtete ihn neugierig dabei, wie er seine Sachen zusammensuchte und in der Sporttasche verschwinden ließ. Gabe schien es plötzlich ziemlich eilig zu haben, hier wegzukommen. Das sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Obwohl ich ihn kaum kannte, wusste ich von den Treffen mit ihm, dass er sonst die Ruhe in Person war.
"Ist alles in Ordnung?", fragte ich deshalb stirnrunzelnd. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass etwas Schlimmes passiert sein könnte. Gabe würdigte mich keines Blickes, während er das nasse Handtuch in die Tasche presste.
"Ja, es ist alles in Ordnung."
Es nervte mich, dass seine Antwort so kurz ausfiel. Außerdem hatte ich immer noch nicht den Grund erfahren, warum er so plötzlich darauf erpicht war, hier weg zu kommen.
"Bist du dir sicher?", hakte ich noch einmal nach.
Dieses Mal drehte er sich zu mir. Sein emotionsloser Blick überraschte mich. Das Funkeln, das sonst in seinen Augen lag, war gänzlich verschwunden. Ich musste mich zurückhalten, um nicht aus Angst einen Schritt von ihm wegzutreten.
"Ja. Ich bin für ein paar Tage weg. Elise hat mich gebeten, sie in London zu besuchen."
Nach seiner Aussage schlich sich wieder das altbekannte, strahlende Lächeln auf seine Lippen, doch seine Augen erreichte es dieses Mal nicht. Obwohl es mir nicht zustand, seine Aussage zu hinterfragen, wurde ich das Gefühl nicht los, dass er irgendetwas vor mir verbarg.
"Nach nur einem Tag vergeht sie schon vor Sehnsucht nach dir?", fragte ich dieses Mal scherzhaft. Was ich mir genau davon erhoffte, konnte ich mir selbst nicht erklären. Wahrscheinlich wollte ich, dass ein Schimmer des alten Gabes wieder aufflackerte, da mir dieser emotionslose Doppelgänger von ihm noch weniger gefiel als der Macho in ihm.
Eine Antwort von ihm erhielt ich darauf nicht. Stattdessen hob er die gefüllte Tasche von der Liege und bedeutete mir damit, dass er bereit zum Aufbruch war. Ich hatte bereits erwartet, dass er einfach an mir vorbeistürmen würde, ohne sich zu verabschieden. Stattdessen schaute er mich mit einem undefinierbaren Ausdruck in den grünen Tiefen an, der mich direkt klein werden ließ.
"Pass gut auf dich auf, Micina."
Ohne eine Antwort meinerseits abzuwarten, drängte er sich an mir vorbei und verschwand durch die Terrassentür. Ich blickte ihm mit geöffnetem Mund hinterher. Mehr denn je fragte ich mich, was es mit seinem Verhalten auf sich hatte. Und ich wurde das Gefühl nicht los, dass Antworten zu dieser Frage mich auch näher zu meinen Eltern führen würden.
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Phönixchroniken - Erwachen ✔️
ParanormalAbgeschlossen --- Band 1 der Phönixchroniken --- 🥉 3. Platz beim Sun is up Award 2020 Eigentlich kann sich Cassie nicht beklagen: Die Wahl zum Kunststudium bereut sie nicht, ihr Job als Barkeeperin bereitet ihr Freude und Familie und Freunde unters...