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„Kannst du morgen meine siebte übernehmen, Manu?"

Auf Maurices Anfrage nickte Manuel nur abwesend und tippte weiter in seinem Laptop herum. Frustriert beobachtete Patrick ihn eine Weile, ehe er sich den Englischaufsätzen seiner Schüler widmete. „Ist die dritte Stunde, oder?"

„Ja, ich muss zum Arzt und sie haben Aufgaben bekommen, also lass dir nichts anderen einreden!"

Die beiden quatschten noch eine Weile und Patrick fiel auf, wie lange es tatsächlich schon her war, dass er Manuels normale, unbeschwerte Stimme so lange auf einmal gehört hatte. Es war bestimmt schon Wochen her. Irgendwann reichte es ihm und er stand so unauffällig wie möglich auf, um das Zimmer zu verlassen. Er schnappte sich seinen Schlüssel und ging, ohne einen Blick zurückzuwerfen, in den Kopierraum. Es lag immer etwas im Drucker, das man seinen Kollegen mitbringen konnte.

Stumm wartete Patrick die Papiere ab und fragte sich, welcher seiner Kollegen so viele Mathezettel kopierte, da schwang die Tür auf und ein bekanntes Gesicht erschien.

„Hey", sprach der Brünette sichtlich überrascht, doch Manu schloss nur unbeeindruckt die Türe hinter sich und schaute ihm geradewegs ins Gesicht. „Maurice schickt mich", meinte er mit seiner tiefen Stimme, die Patrick normalerweise immer in Wärme und einem Hauch von Zuhause eingehüllt hatte. Doch es war eiskalt zwischen ihnen und Manuels Körperhaltung stand im Gegensatz zu seinen nächsten Worten.

„Wir sollten uns wieder vertragen."

Patrick brachte kein Wort über seine Lippen, er nickte nur stumm und wartete darauf, dass sein bester Freund fortfuhr. „Die Kollegen wundern sich auch schon. Nicht zu vergessen die Schüler", erklärte Manuel weiter. „Und was schlägst du vor?", traute der Ältere sich zu fragen. Er schnaufte einmal durch, wollte die Antwort irgendwie gar nicht erst hören. „Ich schlage vor, wir sprechen wieder miteinander und sind wieder beste Freunde." Manuel klang so monoton wie nie zuvor.

Patrick schluckte schwer. Das letzte Mal, als Manuel sie beide als beste Freund bezeichnet hatte, war vor zwei Monaten gewesen, als die Barkeeperin gefragt hatte, ob sie in einer Beziehung wären. „Wir sind nur beste Freunde", hatte der Grünäugige gelächelt und dabei sanft über Patricks Oberschenkel gestrichen. Die Erinnerung schlich sich hinterhältig in seinen Kopf, woraufhin Patrick schnell den Kopf schüttelte, als würde er sie dadurch unterdrücken können.

„Nein? Was schlägst du vor?"

Manuels erwartungsvoller Blick heftete sich an Patricks Augen und für einen Moment wusste dieser nicht, ob er den Blickkontakt genießen sollte.

„Doch, ist super", krächzte er nach einigen Sekunden peinlicher Stille.

„Lass uns das alles einfach vergessen, das war sowieso lächerlich."

Manuel nickte und wirkte dabei irgendwie erleichtert. Sie betraten gemeinsam das Lehrerzimmer und Manuel brachte ein überzeugendes Lächeln zustande, noch während Patrick darüber nachdachte, wie lächerlich er seine eigenen Gefühle wirklich empfand.

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