Was bleibt, wenn man geht?

108 15 2
                                    

Das Handy vibriert. Ich nehme es in die Hand. Neue Nachricht. Er hat geschrieben. Wie viel Überwindung ich gebraucht hatte, ein "Hey (:" zu schreiben, fünf lächerliche Zeichen, wird er nie erfahren. Wie sehr ich mir wünschte, es wäre ehrlich gemeint.

Hallo. Das steht auf dem Display. Er gibt sich keine Mühe, zu verbergen, dass ich störe. Meine zitternden Hände versuchen ein Gespräch aufzubauen, doch von vorn herein weiß ich, dass es nicht gelingen wird. Nach spätestens zehn Nachrichten wird er nicht mehr antworten, ich werde das Handy anstarren, irgendwann aufhören zu warten, das Licht löschen und mir die Decke über den Kopf ziehen. Wie so oft.

Dann starre ich in die Leere, aus meinen Augen laufen Tränen und ich versuche ein schluchzen zu unterdrücken. Mit aller Kraft versuche ich dann, denn zitternden Körper zu beruhigen, mir ein zu reden, dass alles wieder gut wird und irgendwann falle ich dann in einen unruhigen Schlaf, um am Morgen dann mit verquollenen Augen auf zu wachen.

Das ist mein Leben. Ich bin verzweifelt.

Am Morgen stehe ich dann auf, mache meine Haare zurecht, schminke mich, gehe nach unten in die Küche um zu essen. Auf das fröhliche „Guten Morgen“ von meinen Eltern antworte ich immer mit einem knurren, für sie ist es normal, sie denken, ich sei ein Morgenmuffel.

In dem Moment, in dem ich das Haus verlasse um zur Schule zu gehen, zeige ich mein anderes Gesicht. Ich weiß, wie ich auf andere Leute wirke.

„Arrogant, Selbstverliebt, Gefühlslos“

Nein, das bin ich nicht. Aber ich bin stolz darauf, wenn mir das vorgeworfen wird. Denn dann weiß ich, niemand kann mir was anhaben, nein, sie versuchen es erst gar nicht, denn sie wissen, sie beißen auf Granit.

Ich bin unverletzbar. Es interessiert mich nicht. Ich habe eine riesige Festung um mich aufgebaut, an der alle Lästereien abprallen. Niemand kommt an mich heran, niemand kommt auch nur in meine Nähe, alle nehmen mir die Nummer des arroganten Mädchens ab.

Doch die andere Seite ist, ich sitze hinter meinen riesigen Mauern allein, niemand wird je zu mir durch dringen, niemand wird mich jemals verstehen. Und niemand hört mich weinen.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 28, 2014 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Was bleibt, wenn man geht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt