Untitled part

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Infeurige Farben getauft durchbricht die Dämmerungden entfernten Horizont, während ihre Gedanken entzückt derAbendsonne entgegen blicken. Ein purpur-roter Schein entgleitet demwolkenlosen Himmel, als ein kalter Hauch die Lungen beflügelt unddie zarten Finger über das morsche Geländer streichen. LeisesGeflüster, gefolgt von knirschendem Glas raubt ihre Aufmerksamkeit.Die Augen streifen durch das verwüstete Zimmer. Buntes Graffitimustert die Wände, während Scherben, Schmutz und Überreste dereinstigen Hotel Einrichtung den dreckigen, mit Moos bedeckten Bodenverschönern.

TiefeAtemzüge erleichtern den Druck in ihrer Lunge, normalisieren ihrenPuls. Mit gesenktem Blick und vorsichtigen Bewegungen geht sie in dashalb dunkle Zimmer. Sie hört den Wind an ihr vorbei rauschen undspürt seine kalten Küsse an ihrem zitterndem Hals. Hinter ihrvergeht die Sonne in malerischen Farben, langsam und warm, währendsich kalte Finger auf ihre Schulter legen. Der Klang des Windes wirdzur unregelmäßigen, stillen, aber am Ohr spürbaren Atmung. Starrsteht sie da, während ihr warmes Blut gefriert und ein erneutesklirren ihren paralysierten Körper wie ein Erdbeben durchdringt.

IhreSmaragd-grünen Augen lösen sich vom Anblick des brennenden Sterns,während ihr zitternder Körper schlagartig, auf bebenden Beinen,versucht die Flucht zu ergreifen. Gedanken verloren rennt sie zumAusgang, und doch hält sie inne.

Schritte!

LeiseSchritten hallen entlang des düsteren Flurs. Sie hört wie sie näherkommen, spürt ihren Echo im eigenen Rückenmark erklingen. Mitrasendem Herzen taucht sie hinab ins Zwielicht. Ihre Atmung ist flachund ungleichmäßig, die Hände sind fest gegen die eigenen Lippengepresst. Ihr Gesicht ist blass und geprägt von Angst und der Furchtvor dem Unbekannten. Die Schritte vergehen wie langsame Sekunden,endlos und gleichermaßen monoton.

IhrBlick wandert erneut zum Balkon. Die einstigen Fenster liegen alsScherben am Boden, sie spiegeln die letzten Strahlen der Dämmerung,doch der Balkon ist zu hoch, um zu springen.

EinMoment der Unachtsamkeit vergeht, ein Moment, den sie mit leisenAtemzügen genießt, verwandelt sich sogleich in nackten Terror, alssie eine in der Tür stehende Dame erblickt. Ein altmodischer,zerrissener Rock umgibt ihre Hüfte, ein eng anliegendes Korsett dieTaille. Ihr Gesicht wirkt trotz der blassen Haut und einigen scharfenGesichtszügen sanft und freundlich. Ihre Lippen sind schmal, nurwenig röte lodert unter dieser zarten Haut, während ihre hellblauenAugen, ebenso wie ihre zerstreuten Kastanienbraunen Haare, einen Teilihrer ehemaligen Schönheit behalten haben.

Ihreleeren Augen blicken auf ihren zusammen gekauerten, vor Angst undKälte fröstelnden Körper. Für einen seltsamen Moment kam es ihrso vor, als könnte sie die in der Tür stehende Frau lächeln sehen,doch der Druck in ihrer Lunge, dass gewalttätige Pochen ihresHerzens und das Dröhnen in ihrem Schädel machen es ihr unmöglicheinen klaren rationalen Gedanken zu fassen.

„Alshätten sie einen Geist gesehen" spricht sie sanft und deutlich,und dennoch ähnelt ihr Klang mehr dem Hauch des Windes, als derStimme eines Menschen. Kurz darauf verschwand sie. Lediglich dieleiser werdenden Schritte, welche weiterhin durch den Flur hallen,deuten auf ihre Präsenz hin.

Nachmehreren tiefen Atemzügen reißt sie sich zusammen und läuft,geduckt und mit achtsamen Schritten, zur Tür. Der Flur ist lang,länger als in ihrer Erinnerung. Sie nimmt ihre Taschenlampe aus derJackentasche und schaltet sie an. Das grelle Licht erleuchtet,abseits des düsteren Flurs, die Anfänge der umliegenden Zimmer. Siesind leer oder mit Müll, dem einstigen Mobiliar, gefüllt. Inmanchen bewegen sich dunkle Umrisse durch das Zimmer, andere erweckenden Anschein, als würden sie in den Flur blicken. Die Wändehingegen erklingen in tausend Tönen winziger krabbelnder Geschöpfe

Mithastigen und schneller werdenden Bewegungen durchquert sie dendunklen Flur. Manchmal überkommt sie das Gefühl als würden Händenach ihren Gliedmaßen greifen und, wenn nicht, dann schnüren sichdie Geräusche der in den Wänden umher schwirrenden Ratten wie eineSchlinge um ihren dünnen Hals.

Keuchendund nach Atemluft schnappend sprintet sie die nächst gelegene,brüchige Treppe hinunter, während ihre Hand das Geländer mit einemfesten Griff umklammert. Erschöpft und blass, mit schwerenunregelmäßigen Atemzügen und einer bebenden Brust rastet sie füreinen kurzen Moment am Fuße der Treppe. Ihr Atem übertönt die sieumgebende stille Geräuschkulisse. Nicht einmal der Wind wagt durchdie zerbrochenen Fenster zu jaulen.

Nachdemsich ihre Atmung halbwegs normalisierte, und ihr Blut wie gewohntdurch ihre Adern rannte, schritt sie langsam, mit der Taschenlampenach vorne gerichtet, weiter. Zerbrochene Scherben und Kacheln liegenihr zu Füßen, während offene Leitungen wie Krallen aus der Wandragen.

IhreSchritte erfüllen erneut die sonstige Stille.

Schleichend,die Taschenlampe fest umklammernd, läuft sie in den nächsten nahegelegenen Flur. Die Worte „Betriebsraum – Zutritt nur fürPersonal" schmücken eine schwere, quietschende Tür. Der Flurbietet nicht viel Platz. An jeder Seite liegen lange verrosteteRohrleitungen und, wenn nicht, dann sind es umso dunklere Räume mitihr unbekannten Anlagen und finsteren Ecken.

DieSpinnen Weben leuchten im grellen Licht wie dünne Fäden, befestigtan den Gliedmaßen einer ahnungslosen Marionette.

Schleichendund leise in ihre Ohren dringend ertönt ein neues, Knochenmarkerschauderndes Geräusch, abseits ihrer vertrauten Schritte. IhreHaare sträuben sich zu Berge, als sie die sich vor ihr befindendeMetall Tür öffnet, und der Geruch von Verwesung in ihre Nasedringt. Blaue Kacheln und ein tiefes Becken erstrecken sich einigeMeter vor ihren Füßen, während sich kaum erkennbare Bewegungen inder nahen Dunkelheit rühren.

Sieversucht inne zu halten, doch ihre Neugierde treibt sie voran. „Wassoll jetzt noch passieren" sagt sie sich. Mit langsamen Schrittenschleicht sie am Rand des Beckens entlang, wohl wissend, dass derAusgang nicht weit entfernt sein kann. Jeder weitere Schritt treibtihren Verstand in noch größere Unsicherheit. DieWände der Schwimmhalle sindbesprüht mit schlechtem Graffiti, doch ein Bildlässt sie erschaudern. Es zeigt einen am Strick hängenden Menschen,mit den Worten „Hang out there".Sie leuchtet mit ihrer Taschenlampe in die Mitte des Beckens underkennt zwei in der Luft frei baumelnde, schmutzige Füße, gefolgtvom Rest des Mannes. Der Strick wendet sich um seinen zusammengeschnürten Hals wie ein Schlange. Seine Haut ist blau und mitdunklen Adern übersät, während seine leeren und glasigen Augenjede ihrer Bewegungen verfolgen. Schockiert lässt sie ihreTaschenlampe fallen, welche mit einem nicht mehr hörbaren Knall indas Becken fällt.

 Verborgenin Einsamkeit entweicht ein unverkennbares Grinsen ihrenGesichtszügen, während ihre glanzlosen Augen die weichen, sauberenWände ihrer Isolierzelle mustern.

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⏰ Last updated: Sep 15, 2019 ⏰

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