Kapitel 11: 20 Punkte für Gryffindor

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„Darf ich Sie zeichnen?", fragte sie freundlich, Aufregung lag in ihren Augen, sie biss sich leicht auf die Unterlippe.
„Ich glaube ich bin kein sehr gutes Zeichenmodell...", Skepsis durchzog sowohl Blick als auch Stimme.
„Lassen Sie sich überraschen... wenn es Ihnen nicht gefällt, dann können Sie es zerreißen.", sie setzte ihr freundlichstes Lächeln auf und versuchte ihn so zu überreden.
„Dann legen Sie los..", er zuckte mit den Schultern.
Hermine drehte sich ihm entgegen, überlegte wie sie ihn hinsetzen sollte, eigentlich saß er schon perfekt, „stützen Sie sich mit dem linken Arm bitte auf der Erde ab", er stützte sich ab, sie korrigierte die Position seiner Hand ein wenig, „ist es so immer noch bequem?"
Er nickte und schmunzelte ein wenig, sie nickte schüchtern, musterte ihn weiter.
Er trug ein Halstuch, vermutlich um seine Narbe zu verdecken, sie sah auf das Tuch, knabberte nervös an ihrer Lippe, „darf ich Ihnen das Tuch abnehmen?"
„Ist das nötig?", er zog eine Augenbraue nach oben.
„Es spiegelt über Überleben wider...", sagte sie leise, er verdrehte die Augen und nickte. Hermine rutschte ein wenig näher zu ihm, drehte den Knoten des Tuchs nach vorne und löste ihn schnell, setzte sich dann wieder in ihre Ausgangsposition.
Ein einziges Detail störte sie noch ein wenig, eine Strähne seiner Haare hatte sich verirrt. Sie näherte sich seinem Gesicht mit leicht zitternden Fingern, strich sanft die Strähne nach hinten, berührte leicht seine Wange dabei, legte den Kopf schief und betrachtete ihre Vorbereitung.
„So ist es gut... jetzt sehen Sie auf den See, oder was auch immer Sie angucken möchten.. nur nicht zu mir.", sie hatte den Block und den Stift in die Hand genommen und war startklar.
„Das ist aber schade", sagte er samten, ein kleines Zucken seiner Lippen verrieten Hermine das aufkommende Schmunzeln.
„Und nicht mehr reden.", sie zog nun ihrerseits eine Augenbraue nach oben, Snape schürzte seine Lippen und ergab sich seinem Schicksal.

Sie fing an zu zeichnen, sie war aufgeregt und freute sich, dass sie wirklich die Chance von ihm bekam ihn zu malen und wollte sich besonders viel Mühe geben.
„Was machen Sie eigentlich? Sie sind offenbar nicht in Hogwarts", fragte er nach einer Weile, in der er nur die Miene des Stifts über das Papier schaben hören.
„Nicht reden!", erinnerte sie ihn, „Nein ich bin nicht in Hogwarts... ich... mache nichts."
„Nichts? Das glaube ich nicht, dafür sind Sie nicht der Typ."
„Shhhh", sie sah ihn böse an, was er natürlich nicht sah, aber spürte, „ich weiß im Moment nichts mit meinem Leben anzufangen. Harry und Ron machen eine Ausbildung zu Auroren, Ginny geht zurück nach Hogwarts, wie ich hörte studieren Neville und Luna... ich weiß einfach nicht was ich machen will.", sagte sie leise, schattierte vorsichtig die dunklen Areale seines Gesichts.
„Ich genieße es einfach mal nichts zu machen... einfach zu malen...", fuhr sie fort, „meine Konzentration hat in den letzten Monaten stark nachgelassen... ich kann nachts nicht richtig schlafen..."
„Alpträume?", fragte er leise.
„Die schlimmsten, die ich jemals hatte... ich habe das Gefühl ich trete auf der Stelle. Als würde mich irgendetwas festhalten weiter zu kommen. Aber mir fehlt auch ehrlich gesagt einfach die Kraft und der Wille mich davon loszureißen... eine gemeinsame Wohnung... Kinder...", sie schüttelte den Kopf und seufzte.
„Mir scheint Mr Weasley hat genaue Vorstellungen seiner Zukunft.", leichter Hohn zierte seine Stimme, „Es ist nur schlecht, wenn seine Partnerin nicht dasselbe will...", er sah sie an, tief in die rehbraunen Augen.
„Fertig", sagte sie leise, versuchte sich von seinen Augen zu lösen und sah auf die Zeichnung, hielt ihm das Ergebnis hin und musterte nervös seine Reaktion.

Snapes Blick flog über die Linien auf dem Papier, seine Augen erfassten jedes Detail, jeden kleinen Strich, jeden Punkt.
„Es ist... wirklich gut", musste er neidlos eingestehen, „20 Punkte für Gryffindor"
Hermine lachte leicht, musterte ihn wieder, „Sie sind so anders", sie konnte wieder einmal nicht glauben, dass es wirklich Severus Snape war, der vor ihr saß, „sind Sie es wirklich?"
„Die Dinge haben sich verändert.", er schob den Ärmel seines linken Arms nach oben, zeigte ihr das verblasste Dunkle Mal, was trotzdem immer noch gut zu sehen war auf dem hellen Unterarm, „Ich kann nicht leugnen wer ich war, aber ich versuche mich zu ändern...", seine Stimme hatte einen traurigen Unterton, löste aber immer noch eine Gänsehaut bei Hermine aus.

Sie sah das erste Mal den Schandfleck seines Lebens auf seinem Körper, sein größtes Bereuen, vorsichtig strich sie über das Dunkle Mal, der Weg ihrer Finger wurde von einer Gänsehaut geziert, sie sah auf.
„Noch nie hat jemand diese Stelle berührt... es fühlt sich... merkwürdig an.", gab er kleinlaut zu, rutschte dann ein wenig nach unten und ließ sich auf die Decke sinken, verschränkte einen Arm hinter seinem Kopf und sah in den Himmel.
„Sie hätten früher nie irgendwem auch nur irgendetwas von Ihren wirklichen Gedanken erzählt und jetzt zeigen Sie mir einfach so das Dunkle Mal... der neue Severus Snape gefällt mir wirklich sehr gut.", sie folgte ihm, rutschte ein wenig nach unten und ließ sich ebenfalls auf die Decke sinken.
„Wenn Sie irgendwem erzählen, dass ich so nett bin, muss ich mir eine Strafe überlegen für Sie.", säuselte er dunkel und Hermine glaubte einen Hauch von Erotik in seiner Stimme zu hören, sah erschrocken zu ihm, was ihn auflachen ließ.
Sie wollte fast, dass er sich eine Strafe für sie überlegte, es war recht aufregend, das konnte sie nicht abstreiten.
Diese Treffen mit ihm holten sie das erste Mal seit Monaten zurück in das Leben, sie fühlte sich gut, angenommen, ernst genommen.

„Ich bin so müde", sagte sie leise, die Augen wurden immer schwerer, eigentlich war sie kein Mensch, der einfach irgendwo einschlief, aber diese Ruhe, die warme Luft und seine Nähe beruhigten sie.
„Schlafen Sie ein wenig, ich passe auf", flüsterte er, schickte sie noch weiter die Fänge der Müdigkeit.
Hermine lächelte leicht, schloss beruhigt die Augen. Nach kurzer Zeit nahm sie tiefe Atemzüge, was ihm ihren Schlaf anzeigte.
Er lächelte leicht, es tat ihm leid, dass sie die letzten Monate offenbar schlechter als er verlebt hatte und sie nicht einmal Frieden in ihrem Schlaf fand. Umso mehr erfreute es ihn, dass sie ihm offenbar so sehr vertraute und sich der Müdigkeit hingab, er musterte sie, die braunen Locken waren ein wenig verwuschelt durch den Helm und hätte sie mehr Ruhe und Frieden, wären sie vermutlich um einiges kräftiger, dunkle Schatten lagen unter ihren Augen, sie gab sich nicht einmal die Mühe sie zu verbergen.
Die zahllosen Sommersprossen waren über die Jahre ein wenig zurückgegangen, aber trotzdem zierte eine leichte Schicht der Sprossen ihre mittlerweile porzellanfarbene Haut und umso deutlicher waren ihre Errötungen zu sehen.
Ihre Nase war perfekt geformt, ebenso wie ihre Lippen, der Hals mit der makellosen hellen Haut und den leicht sichtbaren Adern luden quasi dazu ein seine Lippen an ihn zu legen.
Ob Weasley..., er brach ab, eigentlich wollte er nicht darüber nachdenken. Er wollte sie nicht zum Objekt seiner sexuellen Begierde degradieren.
Diese blutjunge mutige Frau, die klügste junge Hexe ihrer Zeit. Nein, er war ganz froh, dass sie sich ohne größere Streitigkeiten an diesem wunderbaren Ort aufhielten, dass sie mit ihm Zeit verbrachte, warum auch immer sie zugestimmt hatte.
Sein Blick glitt weiter nach unten, die schönen Rundungen ihres Dekolletés, der flache Bauch. Er schloss die Augen, schüttelte schmunzelnd den Kopf und stoppte die Gedanken, die wieder einmal in andere Richtungen abschweiften.
Er war ein Mann, stand im besten Alter, natürlich löste sie gewisse Gefühle in ihm aus, sie war jung und schön und wenn er darüber nachdachte, hätte sie seine Tochter sein können, zumal er bis vor kurzer Zeit ihr Professor war.
Wer hätte gedacht, dass aus der kleinen Besserwisserin mit den unbändigen Haaren und den großen Zähnen eine so schöne Frau werden würde? Dass sie intelligent ist steht außer Frage..., er dachte an die erste Begegnung mit ihr, damals war sie ein Kind, ein nerviges Kind mit einem Hang zum altklug-sein, die Dinge haben sich verändert, ja das hatten sie.

Er öffnete wieder die Augen als er eine Hand an sich spürte, sie tastete umher, fand schließlich ihr Ziel und entschloss, dass Severus genau der richtige Körper wäre, um sich an ihn zu kuscheln.
Sie robbte im Schlaf zu ihm und legte einen Arm über seinen Bauch, das Gesicht an die Schulter gelehnt. Mit einem zufriedenen Lächeln glitt sie wieder tiefer in den Schlaf, ließ einen perplexen Severus zurück, der sich gegen die Kuschelei, wenn er ehrlich war, gar nicht wehren wollte.
Er lächelte leicht, legte eine Hand auf ihren Arm und streichelte sanfter als sanft über ihren Arm. Er wollte sie nicht aufwecken, konnte aber nicht widerstehen sie anzufassen und hoffte, sie würde es ihm nicht übelnehmen, wenn sie aufwachte.

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