Ankunft auf Vroengard Teil 2

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Marlenas Frage stieß auf allgemeines Interesse. Bisher hatte es keine deutlichen Spuren gegeben, die auf einem Zwerg als Täter hindeuteten.
Aylon sammelte kurz seine Gedanken, dann begann er zu erklären:
"Nun, zum einen sind da die Wunden an den beiden Leichen die wir gefunden haben. Die Stiche die geführt wurden deuten darauf hin, dass der Täter von recht kleinem wuchs gewesen sein muss. Sie sind aufsteigend geführt worden. Aus einer niedrigen Position aufwärts. Der zweite Hinweis, liegt in der angewendeten Magie. Es ist ein sehr komplexes Stück Magie welches über die Waffe gesprochen wurde die es ermöglicht auf diese Weise zu töten. Es gibt im Grunde nur zwei Völker die so etwas zu Wege bringen können. Das eine Volk ist das der Elfen. Eine Beteiligungs eines Elfenmagiers können wir allerdings ausschließen."
"Ich möchte euch nicht beleidigen Aylon-Elda aber warum?" Erkundigte sich Svenaja und man sei der jungen Frau an, dass sie einiges an Mut Zusammenleben musste um eine Frage zu stellen durchaus als Provokation ausgelegt werden konnte.
Aylon jedoch, schien nach Marlenas Einschätzung, die Neugier der junge Drachenreiterin nachvollziehen zu können, lächelte kurz und begann zu erklären:
"Es ist durchaus verständlich dass ihr fragt Argetlam Svenaja. Ich möchte nicht andeuten, dass das Volk der Elfen über die anderen erhaben wäre aber dennoch lassen sich gewisse charakterliche Grundzüge bei allen Mitgliedern unserer Rasse erkennen. Der Zauber der hier zur Anwendung kam wäre jedem Mitglied meines Volkes zutiefst zuwider. Ihr seht, dass nicht einmal Maden oder sonstige Tiere, die sich von Aas ernähren, irgendein Interesse an diesem toten Körpern zeigen. Wenn wir Elfen an etwas glauben, dass mit einem Leben nach dem Tod vergleichbar ist, dann findet sich dieser Glaube natürlichen Zerfall eines Körpers nach dem Tod. Man wird eins mit den Tieren und Pflanzen und nähert dem Boden der wiederum neues Leben hervorbringt. Deshalb ist es bei uns auch Brauch einen Baum über dem Grab eines Elfen zu pflanzen. Er ist Symbol dafür, dass der Tote eins wird mit dem Leben um uns herum. Einen Zauber zu wirken, der diesen Kreislauf unterbricht und dem Opfer diese Art von weiterleben quasi verweigert ist eine geradezu unvorstellbare Vorstellung für mein Volk. Zwar wäre mein alter Freund Altovan durchaus in der Lage einen solchen Zauber zu wirken aber ich kenne ihn gut genug um sicher sagen zu können dass er so etwas niemals tun würde. Ich kenne auch keinen anderen der das wagen würde."
"Das leuchtet ein." murmelte Ismira.
"Und du glaubst, dass das einzige andere Volk, das so einen magischen Bann wirken könnte das Volk der Zwerge ist Onkel?" erkundigte sich Marlena. "Warum schließt die Menschen und die Gehörnten aus?"
"Ganz einfach Kind." erklärte der Bruder von Marlenas Mutter. "Ich möchte keines der beiden Völker beleidigen aber die Menschen haben vielleicht das Wissen um die Magie, welches benötigt würde, um einen solchen Fluch zu wirken aber ihre Körper können nicht genug Kraft spenden. Es bedarf erheblich mehr Lebenskraft als ein normaler Mensch aufbringen könnte um einen so komplexen Fluch umzusetzen. Was die Urgals trifft, nun die Kraft haben sie zweifellos aber nicht das magische Wissen. Zwar hat sich der Bildungsstand der Gehörnten seit Ende des großen Krieges deutlich gehoben doch zu so etwas sind sie nicht fähig."
"Außerdem widerspricht es auch ihrer Mentalität." legte Ismira entschieden fest. "Die Urgals mögen kriegerisch seien aber sie sind nicht heimtückisch. Cale und ich haben bei den letzten Völkerspielen als Schiedsrichter gedient und fiel über die Kultur der Gehörnten erfahren. Ja, die Urgals sind aggressiv aber ein solcher Zauber entspricht ihnen nicht, denn er entwertet den Sieg. Ein Fahrer sie besteht für sie darin, einen Gegner ohne hinterhältige Machenschaften zu überwinden. Die reine körperliche Stärke steht bei ihnen in hohem Ansehen. Auch in der Schlacht nutzen sie die Magie ihrer Schamanen hauptsächlich um Verletzungen der Krieger zu heilen oder um sich vor feindlichen Magiern zu schützen. Den eigentlichen Kampf führen sie direkt. Klinge gegen Klinge oder auch mit bloßen Händen. Einen Zauber anzuwenden um den Feind zu überwältigen ist für sie in gewisser Weise unehrenhaft."
"Ich muss euch völlig Recht geben Argetlam Ismira." Aylon nickte. "Wenn auch aus anderen Gründen so sind auch die Urgals keine Freunde von derartig hinterhältigen Flüchen. Auch die Zwerge sind im Grunde von Natur aus nicht heimtückisch aber sie achten komplexes Handwerk in all ihren Formen. Dabei ist es egal ob es um eine Statue, eine geschmiedete Waffe oder um ein kompliziert gewobenes Stück Magie geht. Ein solcher Zauber raucht Intelligenz und können. Er würde durchaus Anerkennung finden in den Reihen der Knurlan."
"Aber was ist mit der Kraft." warf Marlena ein. "Die Zwerge haben sehr feste Knochen was ihnen im Kampf einen gewissen Vorteil verschafft aber an körperlicher Kraft haben sie soweit ich weiß den Menschen nicht wirklich etwas voraus. Wenn ein solcher Bann die Macht eines menschlichen Magiers übersteigt müsste sie eigentlich auch einen Zwerg überfordern."
Aylon legte die Handflächen und Fingerspitzen aneinander und schloss kurz die Augen und seine Gedanken zu sammeln.
"Das ist etwas schwer zu erklären liebe Nichte." sagte der Elf schließlich ernst. "Manchmal sind die Zwerge im Stande Zauber zu wirken, die nach unseren Maßstäben nur schwer erklärbar sind. Das Volk der Elfen sieht die klaren logischen Strukturen wieder Magie zugrundeliegen. Es ist aber unbestreitbar, dass es variablen im Umgang mit der Magie gibt, die sich nach logischen Maßstäben nicht so einfach erklären lassen. Die Zwerge erklären dies damit, dass ihre Götter ihnen wohlgesonnen sind. Ich denke ich muss nicht weiter ausführen warum der Elfen diese Erklärung ablehnen. Deine Mutter Marlena hat sich mit diesem Thema befasst und einst eine Denkschrift dazu verfasst die von vielen Gelehrten unseres Volkes als Erklärung für gewisse Phänomene akzeptiert wird. Arya vertritt die Ansicht, dass im Umgang mit der Magie auch der Geisteszustand sowie die Gefühlslage von entscheidender Bedeutung sind. Als ein unterstützendes Beispiel für diese Theorie führt sie den Vorfall an, der sich bei deinem Vater ereignet hat als er das erste mal Magie anwandte. Er tötete damals zwei Urgals die ein bereits zerstörtes und verlassenes Dorf der Menschen plünderten."
"Ich kenne die Geschichte Onkel." bestätigte die junge Halbling. "Mein Vater hat damals das Wort Brisingr, also "Feuer", benutzt. Obwohl er nicht weiter beschrieben hat was er wollte Tat das Feuer genau was er verlangte. Es tötete die Urgals aber richtete keinen weiteren Schaden an."
"Sehr richtig." fuhr Aylon fort." Die Kunst durch ein einzelnes Wort einen komplexen Zauber zu wirken wird in allen Völkern als hohe Kunst angesehen. Normalerweise vermutet man, dass es dabei um das verstehen der Hintergründe eines Zaubers geht. Will man also beispielsweise aus einem Stück Kohle einen Diamanten erschaffen so erleichtert ist das ganze wenn man begreift, dass ein Edelstein im Grunde nur ein Stück Kohle ist, dass Druck und Hitze in einem gewissen Maß ausgesetzt worden ist und sich daher verändert hat. Kennt man diese Hintergründe wird alles greifbarer und daher einfacher. Auf deinen lieben Vater ist es allerdings nicht anwendbar Marlena. Ich möchte Eragon um nichts in der Welt beleidigen aber damals war er noch ein recht ungebildeter Bauernjunge. Er verstand nichts von den wissenschaftlichen Vorgängen die sich hinter etwas wie Feuer verbergen. Allerdings war er außergewöhnlich entschlossen als er diesen Zauber wirkte. Die Urgals hatten damals die Bewohner des zerstörten Dorfes zu einem Haufen aufgeschichtet und auf einem Speer in der Mitte des Haufens bei der Leichnam eines Kleinkindes aufgespießt. Ein Anblick der deinen Vater natürlich in Wut versetzt hat. Es war wohl diese Wut und Entschlossenheit die ihn befähigt hat ein so komplexes Stück Magie zu wirken. In unserem Fall hier dürfte wohl der tiefe Glaube der Zwerge ausschlaggebend sein. Meine Schwester Arya hat herausgefunden, dass immer wenn die Zwerge über das hinausgehen was ihnen aufgrund ihrer Körperkraft möglich sein sollte, ihre Religion eine gewisse Rolle bei den Zaubern gespielt hat die gewirkt wurden. Oft verbinden sie einen magischen Befehl in der alten Sprache mit einem Stoßgebet zu ihren Göttern. Dass sie dann in der Lage sind mehr zu bewirken als sie es körperlich können dürften erklären sie mit dem Wohlwollen des entsprechenden Gottes. Es gibt allerdings eine etwas rationalere Erklärung. Es ist eine Tatsache, dass der Körper sich selbst Kraftreserven schafft die man nicht einfach willentlich abrufen kann. Erst wenn man sich in einer gefährlichen Situation befindet, vielleicht sogar das Leben selbst bedroht ist, ist man plötzlich in der Lage etwas zu vollbringen wovon man nie geglaubt hätte dass man es kann. Es gab zum Beispiel Vorfälle bei denen Mütter schwerer Holz bei gestemmt haben unter denen ihre Kinder eingeklemmt waren. Eine Kraftanstrengung zu denen sie normalerweise nicht in der Lage wären aber ihr Wunsch den Kindern zu helfen war so stark dass der Körper diese Kraftreserven freigesetzt hat.
"Und du glaubst, dass es bei den Zwergen ihr tiefer Glaube ist der etwas ähnliches bewirkt?"
"Warum nicht Marlena?" antwortete Aylon. "Die Wüstennomaden beispielsweise haben religiöse Rituale bei denen sie ineiner Art Trance versinken. Oft werden diese Rituale von religiösen Tänzen begleitet. Tänzer spüren keine Erschöpfung bis das Ritual schließlich abgeschlossen ist. Das Gefühl der Erschöpfung wird einfach völlig ignoriert, völlig in den Hintergrund gedrängt. Ich denke, dass der Zwerg der für diese Morde verantwortlich ist einen sehr starken, geradezu fanatischen Glauben haben muss."
"Dann wartet auf dieser Insel ein sehr gefährlicher Gegner auf uns."
Ein Blick in die Runde zeigte Marlena war das sie soeben ausgesprochen hatte was alle Anwesenden dachten.

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt