145. Blut und Maden

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Marlena musste gegen den ersten Impuls ankämpfen der sie beim Anblick des Insekt überkam. Am liebsten hätte sie die Bohrmade sofort zerquetscht aber sie hielt sich zurück. Das Tier konnte nichts dafür, dass man es auch zur Folter benutzte. Es folgte nur seinem Instinkt. Ihr Vater hatte ihr erklärt, dass die Bohrmade ein Tier war, das früher auf Vroengard heimisch war und durch das unsichtbare Gift verändert worden war. Im Zuge seiner Forschung hatte Eragon herausgefunden dass die Bohrmade ursprünglich ein harmloser Parasit gewesen waren die riesigen Schnecken gefielen, die auf Vroengard die Lieblingsspeise der Drachen gewesen waren. Die Maler hatte sich einfach in das weiche Fleisch der gewaltigen Kriechttiere verbissen, einige Tropfen Blut in sich hineingesaugt und war dann abgefallen. Das Verhalten sich tief ins Fleisch zu graben hatten die man erst nach ihrer Veränderung an den Tag gelegt.
Schon von Kindesbeinen an hatte Eragon seiner Tochter klargemacht, dass man unterscheiden musste zwischen Bosheit und einem Verhalten, das einfach nur aus der Natur heraus geboren war. Diese Maden folgten nur ihrem Instinkt. Sie war nicht böse und zielt nicht darauf ab Schmerzen zuzufügen.
Marlena hob das wurmartige Wesen daher mit der flachen Seite ihrer weißen Klinge an, und warf das Tier in den unteren Raum. So konnten die Reiter und Aylon die letzten Stufen überwinden ohne Gefahr zu laufen, dass die Nadel die Chance nutzen würde und die ihr Fleisch zu verbeißen.
Ein schneller Blick durch den oberen Raum der Mitte zeigte, dass es sich hierbei wohl um das Schlaf-und Studierzimmer des Elfenmagiers Altovan handeln musste. Eine Wand wurde fast vollständig von voll gestopften Bücherregalen eingenommen während an der gegenüberliegenden Seite ein Bett stand. In der Mitte des Raumes, direkt unter einem Fenster durch das Licht hinein fiel stand ein edel gearbeiteter Schreibtisch. Hinter besagtem Tisch stand ein Stuhl dessen Rückseite den Drachenreiter zugekehrt war. Eine zusammengesunkene Gestalt kauerte auf eben diesen Stuhl. Gerade als ich Marlena fragte ob der Unbekannte noch am Leben sei zuckte die Gestalt krampfartig und gab ein von Schmerzen herrührendes Stöhnen von sich.
"Altovan!"
Aylon hatte diesen aufgeregten Ausruf ausgestoßen. Marlena wusste nicht ob ihr Onkel den anderen Elfen an der Statur erkannt hatte oder ob es die schmerzverzerrte Stimme gewesen war. Sie weiß sich jedoch sicher, dass es keine gute Idee war was Aylon gerade Tat. Er stürmte auf seinen alten Bekannten zu offenbar bestrebt ihm zu helfen.
Das wollte Marlena natürlich auch aber Gintar hatte bereits anschaulich demonstriert wie heimtückisch er sein konnte.
"Warte! Sei vorsichtig."
Als die junge Halbling nach dem ober am ihres Onkelsgriff und ihn zurückhielt sah sich kurz Wut in Aylons Augen aufblitzen die allerdings so schnell wieder verschwand gekommen war.
" Du hast recht Kind." räumte Aylon ein und rang um seine Fassung. "All meiner Erfahrung geschützt mich offenbar nicht davor gelegentlich Torheiten zu begehen."
Marlena gab den am ihres Onkels wieder frei und winkte Svenaja und Ismira zu sich heran.
Gemeinsam betraten sie um den Schreibtisch herum. Was Marlena ihre Reisebegleiter in dem Stuhl erblickten übertraf Marlenas schlimmste Befürchtungen. Es handelte sich tatsächlich um Altovan und der Elf war offenbar noch am Leben aber es war mehr als deutlich, dass er gefoltert worden war. Die Handgelenke hatte man Altovan an die lehnen seines Stuhls gebunden und dann Bohrmade auf ihn gehetzt. Von seinem feinen Wams waren nur noch Fetzen übrig und so war der Oberkörper weitestgehend entblößt. Elfen hatten generell einen etwas fahlere Hautfarbe als beispielsweise die Menschen und so stach das grausige Werk der Insekten noch deutlicher hervor. Rote Bahnen auf der blassen Haut zeigten deutlich wo sich die Maden durch AltovansFleisch gefressen hatten. Sie zogen sich praktisch über den ganzen Oberkörper. Auch das Gesicht war nicht verschont geblieben. Auch dort zeigten sich Spuren die deutlich auf die Bohrmade zurückzuführen waren. Trotz des Schocks, der ihre Gedanken nur langsam vor sich hin kriechen ließ erkannte die junge Halbling, dass die Insekten offenbar so auf dem Körper des Gefolterten platziert worden waren, dass sie besonders viel Schmerzen verursachen sollten.
Beispielsweise verliefen Bohr-Kanäle von den Fingern her aufwärts. Marlena wusste von der Anatomie her das einige Stellen am Körper sensibler waren als andere. Verletzte man beispielsweise die Fingerkuppen oder die Handfläche so spürte man den Schmerz um einiges intensiver als an einer Stelle, die nicht dazu angetan war Dem Tastsinn des Wesens zu dienen.
Noch bevor ein Mitglied der Reisegruppe etwas sagen konnte bäumte sich Altovan gab Anwalt unter Schmerzen auf. Altmans Augenlider flatterten und Marlena erkannte, dass die Augäpfel im Grunde nur noch eine rote Masse waren. Ein Gemisch aus Blut und Tränenflüssigkeit lief über die Schweiß getränkte Haut Altovans und erneut war das Schaurige Geräusch zu vernehmen welches die Bohrmaden stets von sich gaben.


.....Quuurit.......Quuuurit.......Quuuurit



Altovans Körper sank wieder in sich zusammen und Marlena musste gegen die in ihr Aufsteigende Übelkeit ankämpfen als sie sah, dass eine der Bohrmaden sich neben dem Augapfel aus der Augenhöhle wand, während sich eine Zweite sich am Mundwinkel des Elfen bewegte.
Ismira konnte den Anblick offenbar nicht mehr ertragen, zog sich einen ihrer Reisehandschuhe wieder über und griff beherzt nach den sich windenden Maden. Drachenreiterin entfernte die beiden wurmähnlichen Insekten, ließ sie auf den Boden fallen und trat dann gnadenlos mit dem Stiefel auf sie. In diesem Fall konnte Marlena die Wut die sich auf dem Gesicht ihrer Cousine abzeichnete nachvollziehen. Ihre Eltern hatten sie zur Toleranz erzogen aber mit dieser Grausamkeit konfrontiert zu sein brachte Marlena über die Grenze hinaus an der sie Mitleid empfinden konnte.
Ein würgendes Geräusch veranlasste die Halbling dazu sich um zu blicken und sie erkannte, dass Svenaja den Kampf gegen ihre Übelkeit wohl verloren hatte. Die junge Frau hatte sich Erbrechen müssen und hielt sich jetzt am Geländer fest da sie der Kraft ihrer Beine wohl nicht mehr vollständig vertraute.
"Argetlan Ismira würdet ihr wohl so nett sein und mit Svenaja ins Erdgeschoss zurückkehren?"
Es war Aylon der nun das Wort ergriff und einmal mehr fühlte sich Marlena durch ihren Onkel an ihrer Mutter erinnert. In diesem Fall waren es aber keine guten Erinnerungen die in ihr aufstiegen. Wenn es einen Wesenszug bei ihrer Mutter gab, dem Marlena nur wenig abgewinnen konnte war es Aryas Fähigkeit jedes Gefühl aus ihrer Stimme zu verbannen selbst wenn sich ein solch schauerliche Anblick bot. Aylon indes fuhr fort:
"Ich würde euch bitten das Haus noch einmal gründlich auf magische Fallen zu überprüfen und anschließend Schutzwälle um dieses Gebäude zu wirken damit uns niemand überraschen kann. Marlena ich wäre dir dankbar wenn du mich unterstützen könntest. Es wird viel Kraft fordern diese Verletzungen zu heilen und dein elfischer Blut gibt wir zusätzliche Stärke."
Marlena nickte nur zu Bestätigung. Natürlich konnte sich Onkel auf sie verlassen. Sie war im auch dankbar dafür, dass er Svenaja ermöglichte den Raum zu verlassen. Sicher war ihr goldenes Schwert ein hilfreiches Instrument bei der Suche nach magische Fallen aber niemand rechnete wirklich damit noch solche Flüche zu finden.
Ismira legte den Arm um Svenaja und dirigierte sie in Richtung Treppe.
"Wir werden das Haus auch noch einmal gründlich durchsuchen Aylon-Elda. Wir wollen schließlich sicher sein, dass wir hier unter uns sind."
Mit diesen Worten begann Ismira und Svenaja den Abstieg ins Erdgeschoss.
Gerade als Marlenas Onkel dazu ansetzte seine Nichteanweisungen zu geben blickte sich Altovan erneut.
"Aylon..... habe ich dann deinen Namen gehört alter Freund?"
Die Stimme des Elfenmagiers jagte Marlena ein Schauer über den Rücken. Sie konnte sie sogar nicht mit dem in Verbindung bringen was normalerweise das schöne Volk von Du Weldenvarden auszeichnete. Ein heiseres Flüstern war alles was sich Altovans Kehle entrang.
"Ich bin hier alter Freund! Keine Sorge wir werden dich versorgen und deine Wunden heilen." versicherte Aryas Bruder.
"Ich habe versagt." krächzte der andere Elf bevor er wieder in Bewußtlosigkeit versank.

Eragon Buch 7 - Im Wandel der ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt