Kapitel 22: (un)gewollte Hilfe

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„Vielleicht sollte ich Ihnen auch etwas von mir geben, als Ausgleich", überlegte sie.
„Ihre Zeit ist kostbar und Ausgleich genug", er drückte ihre Hand.
„Meine Zeit... ich hab doch genug davon.", sie schnaubte.
„Niemand hat genug Zeit... ich bin glücklich darüber, dass Sie sie mit mir verbringen.", seine Stimme war ernst.
„Sie sind mir der liebste Zeitvertreib", sie lächelte ihn herzlich an.
„Das war ein wirklich uncharmantes Kompliment", sagte er skeptisch lachend.
„Uncharmant? Ich wollte Sie nicht beleidigen", sie sah ihn entschuldigend an.
„Wären Sie gerne ein Zeitvertreib?", er musterte sie.
Sie überlegte kurz, als hätte sich wirklich unglücklich ausgedrückt, „nein... ich meinte... was ich sagen wollte war, dass ich meine ‚kostbare' Zeit gerne mit Ihnen verbringe.", sagte sie unsicher.
„Das klingt schon besser", sagte er gespielt eingebildet.
Sie lachte erleichtert, stand dann auf, „ich werde mal die Nudeln kochen... Sie dürfen sich gerne umsehen.", wollte grade das Wohnzimmer verlassen, als sie sich nochmal umdrehte, „Aber nicht in der Unterwäscheschublade wühlen", er hörte sie noch lachen als sie im Flur verschwand und schüttelte den Kopf.

Hermine flitzte in die Küche, stellte einen Topf mit Wasser auf den Herd, salzte das Wasser und wartete, dass es anfangen würde zu kochen.
Sie dachte an die Massage, an seine Hände, er hatte wirklich schöne Hände, kraftvoll, aber doch sanft und trotz der ewigen Handarbeiten erstaunlich weich.
Ob er sich die Hände vor dem schlafen gehen eincremt?, sie musste lachen, als sie sich dieses Bild vorstellte, das Wasser blubberte bereits. Sie gab die Spaghetti dazu, legte den Deckel leicht angeschrägt auf den Topf, schaltete den Herd ein wenig herunter und fing wieder an zu träumen.
Ihre Träumereien zogen sich in die Länge, sie wachte erst auf, als Snape sie ansprach, „Miss Granger, die Nudeln!", er zeigte auf den Topf. Hermine sah erschrocken auf den Herd, die Nudeln waren bereits übergekocht, sie griff unbedacht an die Griffe des Topfes, schleuderte ihn fast in die Spüle und kippte sich das heiße Wasser über die Hände und Handgelenke, es brannte wie Feuer, sie verkniff sich aber einen lauten Schrei und presste die Lippen zusammen, was schließlich einen fast schon schauderhaften Wimmerton erzeugte.

Snape lief mit großen Schritten zu ihr, drehte das kalte Wasser auf und drückte ihre Arme unter den Wasserstrahl, sie schloss die Augen, versuchte den Schmerz wegzuatmen und stöhnte leicht. Das kalte Wasser tat gut, aber sobald sie sich von dem Wasserhahn entfernte brannte es umso mehr.
„Warten Sie hier, Sie halten die Arme weiter unter das Wasser, ich hole kurz eine Salbe von zuhause!", wies er sie an, sie nickte, wimmerte weiter.
Er war keine fünf Minuten weg, da kam er schon wieder mit einem großen Topf voll Salbe und zahlreichen Verbänden.
Er zog sie von der Spüle, setzte sie auf einen Stuhl, heilte die geschundene Haut und träufelte dann ein wenig von der Salbe auf ihre Arme, er blickte mit schmerzenden Blick auf ihre Verletzungen, als spürte er ihr Leid. Seine Finger waren sanft und vorsichtig, dennoch schmerzt es, was Hermine sich nicht anmerken lassen wollte.
Sie holte tief Luft, versuchte sich auf Snape zu konzentrieren und sah ihn an. Seine Augen waren auf das Arbeitsfeld vor ihm gerichtet, er war sehr konzentriert und aufmerksam, seine Augen flogen über jede kleine Stelle, erfassten jeden Punkt, der mit Salbe versorgt werden müsste. Die Handgriffe waren schnell und präzise und trotzdem sehr vorsichtig. Seine Haare hingen ihm leicht ins Gesicht, die Lippen waren geschürzt. Sie glitt wieder in Träumereien und lächelte leicht.
„Miss Granger?", sie sah ihn verwirrt an, ihr Blick klärte sich auf, sie nahm den Schmerz wieder wahr.
„Wir sollten Ihre Hände mit einem Verband umwickeln, dann kann die Salbe besser einziehen.", informierte er sie, Hermine nickte bloß, sie vertraute ihm.
Er wickelte schnell die Verbände um die Arme, selbst die Finger wurden ein wenig verdeckt.
„Da hab ich mich aber verbrannt", staunte Hermine und hörte sich fast so dämlich an wie Ron.
„Ich glaube Sie haben geträumt", seine Augen rückten vom Arm in ihr Gesicht, eine Augenbraue schoss nach oben. Sie lächelte ihn verlegen an, sah dann wieder auf ihren Arm.
„Ich hoffe die Nudeln sind trotzdem gut", sagte sie.
„Sie haben sich fürchterlich die Arme verbrüht und an das einzige an was Sie denken sind die Nudeln?!", fragte er aufgebracht.
„Naja.. um den Rest kümmern Sie sich... außerdem möchte ich, dass es Ihnen schmeckt. Ich will mir nicht nachsagen lassen, dass ich nicht kochen kann.", sagte sie schulterzuckend.
„Keine Sorge, ich werde niemandem irgendetwas sagen... auch nicht, dass Sie sich beinahe das Fleisch von den Armen brühen...", er stand auf, reinigte seine Hände magisch und kümmerte sich um die Nudeln im Topf, goss das Wasser ab, gab sie auf zwei Teller und verteilte die Bolognese auf ihnen. Hermine stand auf, wollte ihm helfen, wurde von ihm aber aus der Küche geschoben, setzte sie auf die Couch, ging wieder zurück in die Küche und kam mit zwei Tellern samt Besteck zurück.

„Danke", sagte sie kleinlaut, wollte sich Gabel und Löffel nehmen und anfangen zu essen. Sie merkte schnell, dass sie mit diesen Verbänden wenig Chancen hatte auch nur eine Nudel in den Mund führen zu können, ebenso wie Snape. Er legte sein Besteck beiseite, drehte die Nudeln auf die Gabel.
„Was machen Sie da?", fragte sie aufgebracht.
„Ich helfe Ihnen beim Essen.", sagte er streng.
„Sie werden mich nicht füttern!", sie verfluchte sich selbst für ihre Unachtsamkeit.
„Und wie wollen Sie dann essen?", er sah sie anklagend an.
„Dann esse ich nichts!", sie lehnte sich in der Couch nach hinten.
Er legte das Besteck an ihren Teller, lehnte sich ebenfalls zurück.
„Was soll das?", fragte sie unsicher.
„Wenn Sie nichts essen, esse ich auch nichts", gab er einfach zurück.
„Das ist doch wirklich albern", schnaubte sie. Er schürzte seine Lippen, überschlug seine Beine und wartete geduldig.
Nach einer kurzen Weile seufzte sie genervt auf, „Sie essen wenn ich esse, ja?", er nickte.
„Na schön... dann... würden Sie mir bitte helfen?", sie hasste es Hilfe anzufordern, auch wenn er es vermutlich gerne tat, es war ihr peinlich.

Er lächelte zufrieden, nahm das Besteck an ihrem Teller wieder auf, drehte die Nudeln wieder auf die Gabel und führte sie zu ihrem Mund, achtete peinlich genau darauf, dass nichts von der Sauce sie bekleckerte.
Dann nahm er sich sein eigenes Besteck und fing ebenfalls an zu essen. Dieses Mal war er es, der den Geschmack mit einem erstaunten Laut verkündete.
„Sehr gut... wirklich sehr gut!", er drehte ihr wieder die Nudeln auf die Gabel und schob ihr die Gabel vorsichtig in den Mund.
Die beiden aßen zusammen, wobei Severus abwechselnd ihr und sich selbst das Essen in den Mund führte. Am Ende, als alle Teller leer waren, putzte er ihr sogar über den Mund.
„Danke...", sie lächelte wieder verlegen.
„Ich kann einfach nicht zusehen wie sich verhinderte Menschen quälen...", er sah sie gespielt mitleidig an.
„Jetzt werden Sie nicht frech!", sie wollte ihm mit dem Zeigefinger drohen, hielt ihm aber die ganze Hand entgegen, „Mit diesem Verband geht das nicht", sagte sie resignierend, ließ sich wieder ins Sofa fallen und zog die Beine zu sich, besah sich ihre Finger.

„Verraten Sie mir woran Sie gedacht haben?", er betrachtete ihre Hände ebenfalls.
„Ich war in Gedanken an Ihre Massage...", gab sie ohne Umschweife zu.
Er strich sich über die Augen, sah sie fast schon anklagend an.
Sie krabbelte sehr umständlich, da sie ihre Hände nicht benutzen konnte, zu ihm und setzte sich an seine Seite, legte ihren Kopf an seine Schulter.
„Sind Sie müde?", fragte er an ihrem Kopf, sah über ihre braunen Locken.
„Wenn Sie sich hinlegen hab ich nichts dagegen", sagte sie und hoffte er würde ihr Schmunzeln nicht sehen.
Er ließ sich leicht zur Seite sinken, der Kopf an der Couchlehne, sie sah ihn an, versuchte sich wieder an ihn zu lehnen, ihr Kopf war nahe an seinem Unterbauch, was ihn ein wenig nervös werden ließ, er zog sie vorsichtig zu sich hoch, sie konnte durch die Verbände wenig machen.
Als ihr Kopf wieder an seiner Schulter lag schob sie einen Arm über seinen Bauch, kuschelte sich gemütlich an ihn. Sein Arm, der an ihrem Rücken lag streichelte sanft über ihn.
„Geht es Ihnen gut?", fragte er, strich ihr leicht über den Kopf, spielte mit einer ihrer Locken.
„Wenn man die Hände mal außer Acht lässt dann ja", sie lachte leicht, sah ein wenig nach oben, er sah nach unten, lächelte friedlich.
„Und wie geht es Ihnen?", fragte sie interessiert.

Der Duft von Lavendel  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt