Chapter 79

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Ich hab mir ein Mädchen gewünscht und jetzt soll ich tatsächlich eins bekommen. Besser könnte es gar nicht laufen. Aus einem Moment der Angst und Sorge wurde ein Moment des Glücks und der Freude. Ich fühlte mich wie am Tag unserer Hochzeit. Glücklich. Und keiner könnte je dieses Glück zerstören. Ich war dankbar. Dankbar für alles was Gott aus meinem Leben gemacht hat. Aus einem einsamen Teenager, der nicht laufen konnte, wurde eine junge Frau mit dem tollsten Mann der Welt und einer gesunden Tochter. Ich fühlte mich so erfüllt von Zuversicht, dass alles gut gehen würde, dass ich mich mit jedem Tag mehr darauf freute, dass kleine Mädchen endlich im Arm halten zu können.

"Hanna, wenn du dein Kopf noch ein bisschen nach rechts drehst, dann fallen die Sonnenstrahlen so schön auf dein Gesicht." sagte Leo und ich folgte seinen Anweisungen. Seit der letzten Untersuchung waren 4 Wochen vergangen und da nun wirklich jeder in meinem Umfeld sehen konnte, dass ich schwanger war, machten wir nun Bilder zusammen um Lukas' Community auch in Kenntnis zu setzen. 18 Wochen Schwangerschaft waren schon vergangen und es kam mir so vor, als hätte ich erst gestern davon erfahren. "Lukas, wenn du den Bauch verdeckst, geht das ganze irgendwie am Sinn vorbei..." meinte nun Julie die hinter Leo stand.
"Es wird schwierig hier ein Bild zu finden... Die sind alle so schön..." Leo schaute sich gerade das an, was wir bisher hatten. Lukas küsste meinen Bauch und hob mich dann hoch um mich im Kreis zu drehen. "Ich liebe euch!" sagte er und küsste dann mich. Wie ich später erfuhr hatte Leo genau in dem Moment ein Bild gemacht und es war das schönste von allen, einfach weil es nicht gestellt war. Und trotzdem beschrieb das Bild nicht mal ansatzweise unser Glück.

Im Endeffekt hatten wir uns für das Bild entschieden und ein zweites wo Lukas hinter mir stand und seine Hände auf meinem Bauch liegen hatte. Wir beide posteten exakt das selbe und waren froh es getan zu haben. Lukas hatte unter das Bild noch was geschrieben, aber ich hielt es nicht für nötig, da alle Leute die mir folgen auch Lukas folgen und er die höhere Reichweite hat.
"Genau heute vor einem Monat habe ich die Liebe meines Lebens geheiratet. Die Frau mit der ich den Rest meines Lebens zusammen sein möchte. Ich hab mich nicht nur verschrieben sie auf ewig zu lieben sondern auch unsere Tochter. Ja, Hanna ist schwanger und es gibt nichts womit sie mich hätte glücklicher machen können. Wir gründen eine Familie. Ich liebe nichts auf der Welt mehr wie meine zwei Engel."

"Wir machen jetzt den Rest des Tages das Handy aus und schauen erst morgen die Reaktionen an, okay?" schlug ich vor und Lukas stimmte mir zu. Einerseits war ich total gespannt auf die Reaktionen, aber andererseits wusste ich auch, dass niemand auf der Welt etwas an der Tatsache ändern könnte.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte war Lukas bereits am Handy. Offensichtlich war er so neugierig, dass er es nicht mehr aushalten konnte. "Und? Was schreiben sie?" fragte ich und rieb mir über die Augen. "Ich blick nicht mehr durch. Eigentlich überwiegend positives Feedback, aber viele schreiben auch sowas wie 'Nicht mal verhüten können sie' oder vollkommen zusammenhangslos irgendwelche Beleidigungen." sagte Lukas, legte sein Handy weg und strich sich über das Gesicht. Er wirkte sehr müde. Er drehte sich auf die Seite und deutete mir an näher zu ihm zu rücken. Also kuschelte ich mich an ihn. "Was ist los? Irgendwas stimmt nicht. Und es sind definitiv nicht die Kommentare." sagte ich und kraulte ihn am Hinterkopf. "Ich hab Schmerzen... ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen."

*Zeitsprung: 5 Monate*
Es war Ende Februar und ich hatte festgestellt, dass ich mir die falsche Jahreszeit zum hochschwanger sein rausgesucht hatte. Ich musste mich komplett neu eindecken mit Winterjacken, Pullovern ect. Aus unserer großen Paprika ist ganz schnell eine Melone geworden und wir trafen die letzten Vorbereitungen für unsere kleine Tochter. Von Tag zu Tag wurde ich immer hibbeliger und sehnte mir immer mehr den Tag herbei an dem ich sie endlich in den Armen halten darf.
Ich war in der 39 Schwangerschaftswoche, da unsere kleine Prinzessin aber sehr schnell auf die Welt will könnte es jederzeit soweit sein. Wir waren bereits zweimal im Krankenhaus da ich Wehen hatte die aber noch nicht die richtigen waren. Ich hatte nicht ganz verstanden was der Arzt mir da erklären wollte. Fakt ist, beide Male war es ein falscher Alarm.
Lukas bediente mich von vorne bis hinten und las mir jeden Wunsch von den Augen ab, weil er wollte, dass es uns gut ging. "Schatz?" fragte ich und machte den Fernseher aus. "Geht's los?" fragte Lukas und stand bereits auf seinen Beinen. "Was?! Nein." lachte ich weil ich eigentlich was ganz anderes wollte. Lukas atmete erleichtert aus und ließ sich wieder auf das Sofa fallen. "Wenn es Komplikationen gibt, möchte ich trotzdem die natürliche Geburt, okay? Ich will nur im absoluten Notfall einen Kaiserschnitt..." sagte ich und setzte mich im Schneidersitz hin. "Darüber hatten wir doch schon geredet. Und außerdem musst du das entscheiden. Schließlich hast du die Schmerzen und nicht ich." sagte er und trank einen Schluck Wasser. "Können wir spazieren gehen? Ich hab das Bedürfnis nach frischer Luft." wechselte ich das Thema. "Ja klar." sagte er und half mir auf. Jacke anziehen konnte ich noch selbst, Schuhe anziehen war jedoch ein hoffnungsloser Fall. Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine hochschwangere Frau alleine zurechtkommen sollte ohne komplett zu desozialisieren.
Die frische Luft tat gut, aber eigentlich wollte ich mich nur Mal bewegen, einfach weil es so schwer ist für mich momentan. Wir liefen die Runde die wir fast täglich liefen, aber mit der Zeit brauchten wir immer länger, weil es mir immer schwerer fiel. "Herr Rieger, deine Tochter ist ganz schön frech zu mir." sagte ich gespielt empört und hielt mir den Bauch. "Soll ich Mal mit ihr schimpfen?" fragte er, beugte sich aber bereits zu meinem Bauch runter. "Pass auf was du machst Prinzessin. Ein bisschen mehr Respekt deiner Mutter gegenüber bitte. Du kannst auch gerne selbst laufen." sagte er und wedelte mahnend mit dem Finger vor meinem Bauch umher. Ich konnte mein Lachen nicht mehr zurück halten und lachte so herzlich wie schon lange nicht mehr. Während Lukas in mein Lachen einstimmte verspürte ich ein sehr unangenehmes Ziehen im Bauch und ich fühlte mich als hätte ich eingepinkelt. Sofort griff ich mit der einen Hand an meinen Bauch und mit der anderen tastete ich nach Lukas. "Lukas!" sagte ich panisch und sah ihm in die Augen. "Meine Fruchtblase ist geplatzt." sagte ich. Und drehte mich um um gleich zurück zum Haus zu laufen. Zum Glück waren wir aufgrund meines Schneckentempos nicht so weit gekommen und hatten somit keine Probleme schnell nach Hause zu kommen. "Hast du Wehen?" fragte er während er mich halb trug um schneller zurück zu kommen. "Nein, aber die müssten gleich kommen. Falls ich später nicht mehr dazu komme: Ich liebe dich!" Ich versuchte die letzten Minuten zu genießen in denen ich keine Schmerzen hatte. Ich schickte schnell ein Stoßgebet in den Himmel in dem ich darum bat, dass alles schnell und gut verlaufen würde und unsere Prinzessin und ich geil aus der Sache rauskommen. "Keine Sorge, dein Arzt hat mich schon darauf vorbereitet, dass ich auf keinen Fall ernst nehmen soll, was du unter Schmerzen sagst." Und genau als er das Wort Schmerzen erwähnte fingen die Wehen an. Nicht schlimm, aber das bedeutete, dass sie bald schlimm werden würde. "Ahh okay sie sind da." sagte ich und schlüpfte aus den Schuhen raus, da wir genau in dem Moment angekommen waren. Ich zog mir eine andere Hose an und schnappte mir die bereit stehende Tasche. Lukas nahm sie mir ab und half mir ins Auto. Dann fuhr er los und ich war erstaunlicher Weise voll entspannt. Bis jetzt fand ich die Wehen noch ertragbar und der Intervall in der sie kamen war noch sehr unregelmäßig.

Kiss me (Lukas Rieger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt