K A P I T E L 22

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Es waren drei Wochen vergangen, in denen ich zur Schule ging, Zimtie trainierte und mit Whisper arbeitete. Heute sollte jedoch ein etwas anderer Tag werden.

Es war ein Samstag morgen, wir saßen in der Küche zum Frühstück. Celina hatte mal wieder eine Fahne und Leonie war irgendwie anders. Sie hatte sich in den letzten Wochen grundlegend verändert. Sie war ruhiger, ausgeglichener und nicht mehr so aufdringlich. Man könnte fast sagen, sie sei erwachsen geworden. Ja, sie war nun echt liebenswert und ich begann schon schwesterliche Gefühle für sie zu entwickeln.

„Leonie?"-„Mmh?" Sie biss gerade in ihr Brötchen, als ich sie ansprach. „Wollen wir heute ausreiten?" Sie hustete, als sie sich wieder gefangen hatte schaute sie mich ungläubig an. „Wir?!" Ich nickte bestätigend und nun war es mein Vater, der sich verschluckte und mich erschrocken ansah.

„Ja, wir. Du nimmst Zimtie und ich gucke mal, wie Whisper sich im Gelände so macht. Was hältst du davon?" Leonies Augen wurden groß. „Echt jetzt?" Ich nickte wieder nur und machte eine Handbewegung, um ihr zu signalisieren, dass wir jetzt gehen werden.

Doch bevor wir überhaupt richtig aufstehen konnten, meldete sich Celina zu Wort. „Wa..Hä? Wie...? Nei! Nicht das -Hicks- wilde Poy!" Ich beschloss, nichts zu sagen. Ich dachte mir meinen Teil, nahm Leonie an die Hand und zog sie die Treppe hoch in mein Zimmer.

„Was wollen wir denn oben?" Keine Frage, ihre Neugierde hatte sie nicht verloren. „Ich dachte-ich kramte in den Tiefen meines Schrankes- du könntest eine Reithose gebrauchen." Stolz zeigte ich ihr eine braune Reithose, die mir mittlerweile etwas zu klein war. „Danke!" Leonie nahm diese dankend an, ging schnell ins Bad und zog sich um. Ich hatte meine Reithose schon heute morgen angezogen.

Einige Minuten später standen wir im Stall und ich konnte immer noch nicht glauben, dass ihr die Hose so gut passte. „Nun gut. Da dir die Hose besser passt, als ich es erwartet hatte, können wir ja anfangen." Ich hielt ihr Zimties Halfter hin und schnappte mir selber das von Whisper.

Eine gute halbe Stunde später stiegen wir auf und ritten los. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir für das hier bin!"-„Das ist doch nicht der Rede wert! Ach...Die Reithose kannst du übrigens behalten, ich brauche sie ja ohnehin nicht mehr!" Wir mussten lachen.

Mich erfüllte das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Endlich hatte ich jemanden, mit dem ich innerhalb der Schule nichts zu tun hatte, der nicht mein Vater war.

Wir kamen an meiner Lieblingsstelle im ganzen Wald an; die Galoppstrecke. „So...ähm..Halt dich einfach fest. Knie dran und genieße es. Zimtie weiß, wo sie anhalten muss." Das war auch meine einzige Warnung, die ich Leonie mitteilte. Sie konnte gar nicht antworten, denn ich hatte Whisper schon angaloppiert und Zimtie war hinterher gezogen. Und wie es sich für mein Pony gehörte, hatte sie Whisper auch nach nicht mal der Hälfte überholt und das, obwohl Whisper einfach mal 30 Zentimeter größer war.

Als die beiden an mir vorbei zogen, sah ich, wie Leonie strahlte. Ich freute mich und vergaß fast, dass das hier sowas wie ein Wettreiten war. Also trieb ich Whisper noch einmal. Wir holten auf und wir kamen gleichzeitig zum Durchparieren in den Trab.

„Das war super!" Lächelnd über beide Ohren umarmte Leonie mein Goldstück. Als sie wieder hoch kam, schaute sie mich an. „Entschuldigung, ich weiß, dass es dein Pony ist." Ich schmunzelte. „Du brauchst dich nicht entschuldigen, nur weil du unser Pony umarmst."

Wow...Das sind echt viele schwesterliche Gefühle auf einmal! Aber na gut. Warum nicht. Sie kann ja nicht ewig auf Maya rumzuckeln.

Ihre Augen weiteten sich. „Wie, unser Pony?"-„Na, unser Pony halt. Du hast es schon richtig verstanden. Aber eine Bedingung habe ich; ich brauche sie noch für Turniere, bis ich Papa überredet habe, dass Whisper auch wieder starten kann."-Oh wow, okay!" Stolz auf mich selber, dass ich so großzügig war, ritten wir wieder nach Hause.

Nachdem die beiden Spitzenpferde wieder auf der Weide standen, half Leonie mit noch beim Stall machen. Wir hatten einen richtig schönen Tag. Ich hatte eben noch die Bluetoothbox rausgeholt und nun tanzten wir, während wir eine Box nach der anderen ausmisteten. Wir hatten glücklicherweise den gleichen Musikgeschmack.

Sogar Celina traute sich vor die Tür und zu meiner Überraschung war sie gar nicht mal so sehr betrunken, wie sonst. Sie konnte sogar halbwegs normal reden. „Na, ihr. Was schön?"-„Ja, sehr!" Leonie war deutlich schneller als ich im Antworten. Sie gab mir ein Zeichen, nichts weiter über diesen Tag zu verlieren. Verständlich, bei so einer Mutter würde ich auch nichts erzählen wollen.

Am Nachmittag saßen Leonie und ich auf der Bank vor den Koppeln. Wir genossen die Aprilsonne und schauten uns die glücklichen Pferde an. Meine Halbschwester unterbrach unser Schweigen. „Ähm Clara? Was wünscht du dir denn zum Geburtstag?"

Ach Gott. Das hatte ich ganz vergessen, ich werde in zwei Wochen 15.

„Gute Frage...Keine Ahnung."-„Mhh dann wird's schwer." Sie fing an zu lachen und ich stieg mit ein. „Bin gleich wieder da, ich gehe kurz auf Klo."-„Mach das Leonie. Ich laufe nicht weg." Wir gickelten wieder.

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