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Sieh an, sieh an. Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als deine Eltern hier auf diesen Stuhl saßen und auf meine Wahl ihres zukünftigen Hauses warteten. Ich sehe bei dir Intelligenz und Ehrgeiz aber nicht nur das. Wen von beiden du jedoch ähnlicher bist, wird uns erst die Zeit zeigen. Ich erkenne viel von beiden in dir wieder. Und wie es auch bei deinen Eltern und beinahe, in deiner gesamten Familie der Fall ist, ist die Wahl klar und sollte für dich keine Überraschung mehr sein. Ich kann dir bloß eines auf deinen künftigen Weg mitgeben. Blutsbanden können eben so unnachgiebig, wie ewig sein. Liebe überwindet Hass, Loyalität überwindet Verrat. Es sind die gewählten Bindungen, die unseren Weg erleuchten. Denn das wahre Schicksal eines Menschen offenbart sich erst am Ende seiner Reise. Nun, du hast lange genug darauf gewartet und es wird Zeit, sich zu deiner Familie zu gesellen, wie es auch deine Eltern bereits taten. Slytherin, kleine Malfoy.

Slytherin.




Als sei es erst gestern gewesen und doch waren mittlerweile Jahre vergangen.

Viel war geschehen, einiges hatte sich verändert und die Zeit der Veränderung war noch lange nicht vorbei. Diese sollte erst kommen.

Manches wird ein prägendes Ereignis sein und für die Zukunft, gewisse Wege vorbereiten.

Ehe es ins siebte Schuljahr gehen sollte, gab es eine Woche zuvor noch, ein kleines Ereignis auf das die gesamte Zaubererwelt sehnlichst wartete. Das Finale der Quidditch-Weltmeisterschaft. Irland gegen Bulgarien. Wobei das Finale selbst und der Sport an sich weit in den Hintergrund gerückt wurde. Lächel, sei nett und reich jedem die Hand, zumindest nur demjenigen, der wichtig genug ist, denn für deine Zukunft sind die richtigen Kontakte unausgesprochen maßgeblich. So und nicht anders kannte Gillian ihren Vater. Herrlich. Kontakte hin oder her, doch was bringen einem Kontakte, sofern das Interesse nicht vorhanden ist?

Bei ihrer Ankunft auf dem Platz der 422. Quidditch-Weltmeisterschaft herrschte längst ein buntes Treiben, welches von Minute zu Minute immer größer wurde. Und je näher Lucius, Draco und Gillian dem Stadion kamen, wurde im selben Zug die Lautstärke dementsprechend höher. Zauberer und Hexen aus aller Welt waren an einem Ort zusammen gekommen, bloß um diese eine Spiel gemeinsam zu erleben und feiern. Ohne Streit zwischen den verschiedenen Nationen.

Laut den Schätzungen der beiden Abteilungen des Londoner Zauberereiministeriums für Magische Spiele und Sportarten sowie Internationale Magische Zusammenarbeit lagen die Erwartungen bei einhunderttausend Hexen und Zauberern die am heutigen Tag das Spiel live im Stadion mitverfolgen würden. Eine stolze Summe, die durch die Ticketverkäufe zusammengekommen war und ebenfalls übrig blieb, selbst wenn man sämtliche Kosten abzog. Zu Freuden des Ministeriums.

"Ach, sie mal einer an. Moreau, du auch hier?", amüsiert darüber, gewisse Leute anzutreffen, blieb Gillian auf der metallischen Plattform stehen, näherte sich dem Geländer und sah zu dem Dunkelhaarigen hinüber, "Seit wann interessierst du dich für Quidditch?"

"Seit ich im vierten Schuljahr von einer Malfoy zum Auswahlverfahren des Hausteams gedrängt wurde", erwiderte Hunter achselzuckend, lehnte sich mit dem Körper voran gegen das Metallgeländer auf gegenüberliegenden Seite und verschränkte die Arme darauf, von wo aus er zu Gillian sah, die einen halben Meter von ihm entfernt war, "Solltest du nicht im Ministerium sein und dort ein Praktikum absolvieren, anstatt hier deine Zeit zu verschwenden und dich zu amüsieren?"

"Was nützt mir ein Praktikum im Ministerium, wenn all die wichtigen Leute, hier, an einem Ort versammelt sind?", der Satz hätte auch von ihrem Vater stammen können, dachte Gill und stützte ihre Hände verkehrt herum von dem Geländer ab, "Du kennst meinen Vater ja. Wo sitzt ihr eigentlich?"

"Leider nicht weit genug entfernt von all den Ministeriums Leuten", erwiderte der Dunkelhaarige nüchtern und blickte dabei den Spalt hinunter, der zwischen ihm und Gillian lag, "Und wo werdet ihr euch aufhalten?"

"Direkt bei den Ministeriums Leuten. Ministerloge. Auf persönliche Einladung von Cornelius Fudge", entgegnete Gillian voller falscher Begeisterung und musste anfangen zu grinsen, nachdem Hunter zu glucksen angefangen hatte, "Wow, ich klang wirklich gerade wie eine Malfoy oder? Kein Wunder warum Draco dermaßen beliebt ist. Auf Dauer wäre mir das zu anstrengend. Im Übrigen, du siehst scheiße aus. Was ist los?"

"Dein fehlendes Feingefühl liebste Gillian ist immer wieder schön", fehlendes Feingefühl würde Gill es nicht nennen, sondern, nicht um den heißen Brei herumreden oder einfach auf den Punkt kommen, was für Mareou nichts Neues sein dürfte, "Familie. Wie du sicher weißt, gibt es nichts anstrengenderes als die Familie. Alles gut Schatz."

"Und ich habe mich schon gefragt, welches Mädchen dich in der Nacht vom Schlafen abhält", witzelte Gillian mit deutlicher besserer Laune als noch vor zehn Minuten und legte dabei den Kopf, während sie ihren gegenüber beobachtete, "Du hättest vorbeikommen können, wie du weißt. Verbring doch die letzte Woche wenigstens bei uns. Obwohl, deine Eltern sind nicht groß anders als meine. Macht demnach keinen großen Unterschied. Eine Woche, dann geht es zurück nach Hogwarts. Die Freude ist groß."

"Insbesondere wenn ich bedenke, wer unser neuer Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste sein wird", bis dato hatte sich Gillian keinen Kopf darüber gemacht, wer Lupins Nachfolge antreten würde, nachdem dieser freiwillig unfreiwillig gegangen war, dank seines kleinen Werwolfproblems doch jetzt, wo Mareau es ansprach, wurde sie neugierig, "Oh, du weißt es noch gar nicht? Und du willst eine Malfoy sein? Schäm dich. Die Kollegen meines Dads waren nicht sonderlich begeistert, als sie hörten, wen Dumbledore da ausgesucht hat. Was soll man auch von einem......"

"Hör auf zu prahlen, Draco", unterbrach Lucius's Stimme die Unterhaltung, wodurch Gillian direkt ihre Augen schloss und einen selbst mitleidigen Stöhner von sich gab, weil es so typisch Draco war, "Das kannst du dir bei denen sparen."

"Ich geh dann wohl lieber mal", mit heruntergezogen Mundwinkel deutete Gillian auf ihrem Vater und Bruder und boxte zum Abschied noch hastig gegen Mareaus Faust, die er ihr entgegenhielt, "Wir sehen uns."

Keine Frage, Gillian liebte ihre Familie, aber es gab nun mal Tage, an denen sie sich eine weniger elitäre Verwandtschaft wünschte. Von so manchem, vollkommen gestörten Mitglied ganz zu schweigen. Jemand wie Draco genoss all die Vorzüge, Privilegien und was der Name Malfoy noch so hergab in vollen Zügen. Ohne diesen Namen könnte er sich ansonsten so manche Aktion nämlich nicht erlauben. Daddy regelt es schon, egal was es war. Immer.

Kurz vorm Betreten der Ministerloge warf Lucius Gillian noch einmal einen letzten eindringenden Blick der Warnung zu und sie ja nicht zu vergessen hatte, dass die kommenden Stunden für sie durchaus Zukunft entscheidend sein konnten, wodurch Gillian sofort das erwünschte Lächeln aufsetzte. Es würde keine zwanzig Minuten dauern bis ihre Mundwinkel vom ununterbrochenen lächeln taub sein würden und es immer schwerer fallen dürfte, die falsche gute Laune aufrechtzuerhalten.

Und es war nicht alles, was diesen Tag bestimmen wird.

✔Stuck in the Past [Grindelwald]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt