Erleichtert darüber, dass sich jemand meinem Problem widmet, ging ich in die Klasse. Ich setzte mich neben Emma. ,,Auf zur letzten Runde!" Sie verdrehte ihre Augen. ,,Ja wie toll...Weltkunde...Whoop whoop." Über Emma's Worte, die nur so vor Ironie trieften, konnte ich nur lachen. ,,Spinner!" In dem Moment ging die Tür auf. Und niemand anderes als Herr- Doch jemand anderes! Frau Springer kam herein. ,,So. Ich bin jetzt als Vertretung für Herrn Jahnke da. Ihr könnt Lernzeit machen."
So neben bei: Ich gehe auf eine Ganztagsschule, in der es keine Hausaufgaben gibt. In der Lernzeit beendet man die Aufgaben, die man im Unterricht nicht fertig gemacht hat.
Ich holte mir also Latein und bearbeitete einen Zettel, den wir gestern bekommen hatten. War ja klar, dass sie uns einen Tag nach den Ferien direkt mal Aufgaben reindrückte. Glaubt sie eigentlich, dass wir in den Ferien nur Latein lernen, weil uns das so viel Spaß macht? ,,Wenn ihr wollt, könnt ihr auch gerne über Kopfhörer Musik hören." Kam es von Frau Springer, die vorne am Pult saß und ihren Laptop bereits eingeschaltet hatte. Natürlich dauerte es keine Minute, bis alle ihre Kopfhörer in den Ohren hatten.
Nach einiger Zeit klopfte es an der Tür. Die Tür ging auf und wer schaute in den Raum? Natürlich!!!Herr Baum.... ,,Darf ich einmal mit Hanna sprechen?" Wandte er sich an Frau Springer, die daraufhin mich anschaute. Panisch schaute ich sie an und zuckte mit den Schultern. ,,Aber ich komme mit!" Als wäre es ihm gleichgültig schaute er mich wartend und irgendwie auch ein bisschen bettelnd an. Vorsichtig erhob ich mich von meinem Platz und ging Richtung Tür. Bei jedem Schritt den ich machte, schaute ich zu Frau Springer. Je näher ich diesem ekelhaften Typen kam, desto mehr Abstand wollte ich. Meine Lehrerin war glücklicherweise früher als ich an der Tür und schob Herrn Baum auf den Flur. Ich schloss die Tür hinter mir.
,,Darf ich?" Er wies auf mich. Warum er fragte? Weil Frau Springer sich schützend vor mich gestellt hatte, sodass er auf keinen Fall an mich heran kam. Wie süß von ihr! ,,Ich weiß nicht." Über ihre Schulter schaute sie mich an. Ich nickte leicht. Im selben Moment merkte ich, wie dumm das eigentlich von mir gewesen war. Obwohl...Eigentlich dürfte ja nichts mehr passieren, Frau Springer stand ja daneben. Frau Springer ging einen Schritt beiseite, lies ihren Blick aber nicht von ihm ab. Wie heute morgen kam er einen Schritt auf mich zu. Anstatt dieses mal nach hinten auszuweichen, ging ich einen Schritt zur Seite. Schlauer Schachzug, wie sich herausstellen sollte. Irritiert von meinem 'neuen' Manöver blieb er stehen. ,,Sie wollten reden und nicht Ihren Fehler wiederholen!" Ermahnte ihn Frau Springer. ,,Okay...Es ähm...tut mir leid." Dieser Satz klang viel mehr nach einer Frage, statt nach einer Aussage.
,,Es tut Ihnen leid?" Platzte es aus mir heraus. Ich war fassungslos. Alles klar. Läuft bei Ihnen. Hoffentlich werden Sie suspendiert! Das sparte ich mir dann doch lieber. ,,Ja. Sehr sogar." Nun war es Frau Springer, die einen Schritt auf ihn zu ging und meine Gedanken aussprach. ,,Das können Sie sich jetzt auch fast sparen. Wir waren schon bei Frau Michaelsen. Sie weiß über alles bescheid." Erschrocken verzog Herr Baum sein Gesicht. Guck nur dumm, du Ekel! ,,Abflug!" Frau Springer zeigte auf die Treppe. Wie, wenn meine Mutter mich auf mein Zimmer schickte, ging er geknickt die Treppe hoch.
Triumphierend schaute meine Lehrerin mich an. ,,Der macht sowas nicht so schnell wieder!" Überwältigt von der Aktion, ging ich ihr einfach wortlos hinter her in den Klassenraum.
,,Was war denn so wichtig, dass sie unbedingt mit raus musste?" Emma hatte definitiv andere, zweideutigere Gedanken im Kopf als ich. ,,Emma nimm es mir bitte nicht böse, aber ich möchte echt nicht weiter drüber reden. Ich erzähle es dir, wenn ich denke, dass ich es erzählen will."
Endlich Schluss! Endlich nach Hause! Es war 15 Uhr. Ich packte meine Sachen zusammen und wollte gehen. Während ich meine Sachen in mein Fach packte, kam Frau Springer auf mich zu. ,,Kommst du sicher nach Hause, oder soll ich dich fahren?"
Oh
Mein
Gott!
Was sage ich jetzt? Eigentlich würde ich einfach gerne Bus fahren und alles vergessen. Andererseits, würde ich dann mehr Zeit mit ihr verbringen. ,,Wenn es Ihnen keine Umstände macht?" Sie schüttelte den Kopf. ,,Alles gut. Dann kann ich mit deiner Mutter auch nochmal über die heutigen Ereignisse sprechen." Nein, bitte nicht!! ,,Aber natürlich nur, wenn du möchtest. Das war immerhin eine Straftat, darüber müsste ich deine Mutter informieren. Es sei denn, ich soll Gebrauch von meiner Schweigepflicht machen?" Mein Gehirn konnte nichts mehr anderes, als mich nicken zu lassen.Frau Springer interpretierte mein Nicken richtig. Ich würde es ihr bestimmt nicht sagen können.Wenig später saß ich in dem Auto meiner Lehrerin. Es riecht von innen genauso, wie es von außen aussieht. Ziemlich sauber und neu. ,,Na dann mal los." Frau Springer startete den Motor und fuhr los. Den ganzen Weg über navigierte ich sie zu mir nach Hause.
Bei mir zu Hause angekommen, stiegen wir beide aus und gingen zur Haustür, welche ich aufschloss. (Nachdem ich gefühlt 20 Jahre mein Tasche dursucht hatte!!) ,,Hallo Mama, bin wieder zu Hause!" Rief ich in unser Haus. ,,Hallo! Warum jetzt schon, der Bus kommt doch erst um zwanzig vor vier an?" Ich hörte Schritte, die die Treppe runter kamen. Verdutzt blieb sie stehen, als sie nicht nur mich sah. ,,Oh ähm guten Tag!" Sie hielt meiner Lehrerin verwirrt die Hand hin. ,,Guten Tag Frau Müller. Ich bin hier, um mit Ihnen über ihre Tochter zu sprechen." Meine Mutter sah mich fragend an. ,,Ihre Tochter hat nichts angestellt, aber es gibt da eine 'Kleinigkeit' über die ich sie informieren müsste." Die Situation immernoch nicht verstehend, nickte meine Mutter einfach nur. Ich wusste genau, dass sie nichts kapiert hatte, aber sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
Kurze Zeit später saßen wir schon an unserem Wohnzimmertisch. ,,Möchten Sie etwas trinken, Frau ..." Meine Lehrerin schüttelte den Kopf über ihr Verhalten. ,,Tut mir leid, ich hab mich noch gar nicht vorgestellt. Springer mein Name. Und ja, ich würde gerne etwas trinken."-,,Was darf ich Ihnen anbieten? Kaffee, Tee?"-,,Einen Kaffee." Bevor meine Mutter mich überhaupt ansehen konnte, war ich schon in der Küche verschwunden.
Ich brachte den fertigen Kaffee und ein Glas Wasser für meine Mutter -sie trank nur morgens Kaffee- an den Tisch. ,,Kann ich nach oben in mein Zimmer? Ich wollte noch was erledigen." Okay, das war gelogen. Aber meine Lust, während des Gespräches daneben zu sitzen, hielt sich in Grenzen. ,,Ich denke ja." Mein Blick schwang zu Frau Springer, die mir nur zu lächelte. Puh!
Ich ging also mit schnellen Schritten die Treppe hoch, betrat mein Zimmer und schmiss mich aufs Bett. Was ein Tag! Falls doch jemand, wie zum Beispiel Frau Springer in mein Zimmer kam, entschied ich mich doch etwas zu tun. Nur damit es so aussah, dass ich wirklich etwas tat. Mein Blick schweifte durch den Raum und blieb am Schreibtisch hängen. Auf ihm lagen mein Physik- und Bioordner. Kurzer Hand entschied ich mich doch, nach einem Buch für die Buchpräsentation zu suchen. Ich glaube, ich hatte mich nicht dafür entschieden, weil ich es machen wollte. Ich wollte, dass SIE sah, dass ich fleißig daran arbeitete.
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Terrible Love
Ficção AdolescenteIn dieser Geschichte schreibe ich über die vierzehnjährige Hanna Müller, die mich verkörpert. Hanna passiert in einem ihrer wichtigsten Schuljahre, das was mir gerade passiert. Die Namen aller handelnden Personen wurden durch Decknamen ersetzt. Ich...