Kapitel 59: Informationssammlung

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Als sie den Raum betrat stand Severus am Waschbecken, ein Handtuch um die Hüfte gebunden, die Haare noch tropfend nass.
Sie stoppte im Türrahmen, musterte ihn traurig. Sie vermisste seine Arme, seine Hände, seinen Körper, die Wärme und den Duft, den er ausströmte.
„Entschuldige, ich wollte dich nicht stören.", sagte sie leise, wollte sich dann wieder zum Gehen umdrehen.
„Du störst nicht", seine Stimme war sanft.
„Schon gut, ich warte draußen.", gab sie zurück, verließ dann das Badezimmer und ging in Richtung Tee-Schrank.
Sie brühte sich eine Tasse ihrer Mischung auf und stellte sich an das magisch vergrößerte Fenster hinter seinem Schreibtisch.
Der Sonnenaufgang warf lange bunte Schatten auf die weißen Felder. Sie glitzerten, wie feine kleine Diamanten, Hermine sah fast schon sehnsüchtig zu der schönen Natur.
Ein Räuspern zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, sie sah leicht über ihre Schulter.
„Das Bad ist frei.", er musterte sie zurückhaltend.
Sie lief an ihm vorbei, vermied es ihm in die Augen zu sehen, er stellte sich ihr in den Weg, legte seine Hände an ihre Tasse und sah sie an, Hermine starrte in seine Augen, er nahm ihr die Tasse aus der Hand und trank einen Schluck. Sie atmete durch, ging an ihm vorbei, wurde aber von ihm am Handgelenk festgehalten.
„Bist du sauer?", fragte er leise und dunkel.
„Ich akzeptiere es einfach, dass du mir gewisse Sachen nicht sagen willst.", meinte sie leise, ging einen kleinen Schritt auf ihn zu, gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange und wollte wieder in Richtung Bad laufen.
„Es geht nicht um das Wollen... ich kann es einfach nicht."
„In Ordnung", sie nickte, setzte dann ihren Weg fort ins Badezimmer und machte sich kurz frisch, verließ dann angezogen wieder das Bad und verließ ohne ein Wort die Kerker.

Auf dem Weg durch die Gänge in die Eingangshalle dachte sie nach, wenn Severus ihr nichts sagen würde, dann müsste sie McGonagall fragen. Sie wechselte also die Treppen und suchte das Schulleiterbüro auf, sprach das Passwort ‚Katzenminze' und trat auf die Stufen des Wasserspeiers.
„Miss Granger? Wie kann ich Ihnen helfen?", sie sah von ihren Unterlagen am Schreibtisch auf.
„Ich... dürfte ich Sie etwas bezüglich einer Schülerin fragen?", sie lächelte sie freundlich an.
„Um welche Schülerin geht es denn überhaupt?", fragte sie skeptisch, es war ihr eigentlich nicht gestattet irgendwelche Informationen an Leute weiter zu geben, schon gar nicht an Leute, die weder hier lehrten noch lernten.
„Joy McGrath. Ich hab sie einige Male in der Großen Halle getroffen, ihr ein wenig beim Lernen geholfen...", Hermine wollte nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen.
„Das finde ich wirklich nett von Ihnen Miss Granger, Miss McGrath ist leider sehr in ihre Träumereien vertieft... ich glaube das ist einfach ein Charakterzug, der Gryffindors beiwohnt...", sie seufzte leicht auf.
„Ja.. da haben Sie vermutlich recht", sie lachte leise und dachte an Harry, Ron, Neville, Ginny, Dean und Seamus, ja Gryffindors waren verträumt und konnten damit andere in große Gefahren bringen, jagten aber auch immer ihren Träumen nach und entwickelten ein erstaunliches Engagement um diese Ziele zu erreichen.
„Geht es ihr ansonsten gut? Ich meine... musste sie irgendwelche Verluste erleiden... durch Voldemort?", lenkte Hermine um.
McGonagall dachte nach, „nein... nicht, dass ich wüsste. Warum?"
„Reines Interesse, es haben so viele irgendwelche Menschen verloren, ob Freunde oder Familie. Irgendwie scheint es jeden auf irgendeine Weise getroffen zu haben.", sie sah traurig zu Boden.
„Ja... wir alle wurden verletzt. Aber nein, Joy und ihre Familie hatten wirklich großes Glück.", die Schulleitung suchte ihren Blick, lächelte sie aufmunternd an.
„Umso besser.", Hermine lächelte, sie hatte nun ihre Antwort bezüglich Joy, aber was mit Severus los war, verriet diese Auskunft ihr immer noch nicht.

Nachdenklich verabschiedete sie sich von der alten Löwin und ging zurück nach unten.
Der Hunger war ihr wie gestern Abend schon vergangen, sie zauberte sich einen Wärmezauber auf den Körper und lief durch die Eingangshalle, den Innenhof raus in die Ländereien. Spürte den Schnee unter ihren Füßen, die Wärme der Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Sie nahm tiefe Atemzüge, füllte ihre Lungen mit kalter Winterluft. Die letzten Tage waren schön gewesen mit Severus, aber das ewige Herumlungern in seinen Räumen hatte Hermine das Gefühl gegeben in einem Käfig zu sitzen.
Er zwang sie nicht dazu, ganz im Gegenteil, aber sie fühlte sich trotzdem wie ein Vogel hinter Gitterstäben, auch wenn das nicht der Wahrheit entsprach, das wusste sie.
Sie lief den See entlang zu einem großen Baum, ließ sich am Stamm entlang auf den Boden gleiten und schloss die Augen.
Das Geräusch der Natur im Winter war etwas ganz besonderes, alles schien so friedlich und ruhig, gedämpft durch die Schneedecke. Die Vögel saßen aufgeplustert auf den Ästen, fiepten leise und kuschelten sich aneinander, Eichhörnchen sammelten Essbares, huschten über den Boden, sie hörte in weiter Ferne ein Wolfsgeheul, schloss die Augen und strich sich durch ihr Gesicht.

Wenn Remus nur hier wäre, sie schüttelte den Kopf, mit ihm hätte ich reden können... oder Sirius oder Tonks..., sie fühlte sich in dem Moment sehr einsam, ihre Eltern waren außer Reichweite und wären keine Hilfe gewesen, ihre besten Freunde, Harry und Ron waren zur Zeit keine Option für sie, McGonagall hatte keine Ahnung, was zwischen ihr und Severus ablief und das sollte für's Erste auch so bleiben.
Sie hatte niemanden mit dem sie reden konnte, George wäre noch eine Möglichkeit, aber sie vermutete, dass er im Fuchsbau war und da wollte sie nun wirklich nicht hin.
„Vielleicht wurde Lupin wiedergeboren", hörte sie mit einem Mal dunkel hinter ihr und schreckte auf.
„Findest du das witzig?", fragte sie anklagend, sie wusste nicht ob sie mehr Wut spürte oder Trauer.
„Falscher Zeitpunkt?", Severus zog eine Augenbraue nach oben.
Sie sah ihn fassungslos an, „falscher Zeitpunkt?! Ob das der falsche Zeitpunkt ist?!", sprang auf, war sich nun sicher, dass es Wut war, die sie spürte und hätte ihm am liebsten eine ordentlich Backpfeife erteilt.
Sie schüttelte nur den Kopf, schnaubte auf und lief wieder davon.
„Hermine bleib hier", er folgte ihr, lief ihr hinterher.
„Lass mich in Ruhe", sie wollte nicht mit ihm reden, nicht mit ihm diskutieren, lief weiter und verschwand hinter der ersten Baumreihe des Verbotenen Waldes.
„Warum muss es immer der Verbotenen Wald sein?", fragte er leise, schüttelte den Kopf, lief ihr aber weiter hinterher.

Sie rannte fast schon durch die Büsche, rannte über Stöcker und Steine, duckte sich nicht schnell genug und wurde von einem scharfen Ast an der Wange getroffen. Sie spürte wie die Haut unter dem Stachel nachgab und aufriss, sie tastete ihre Wange entlang, spürte ein Brennen und hatte eine leichte Blutspur auf ihrem Finger.
Hermine fluchte laut auf, hörte ein dunkles Lachen von hinten, sie drehte sich fassungslos um, musterte ihn wutentbrannt.
„Ist es witzig wenn ich mich verletzte?", wollte sie laut wissen.
„Ich schmunzle über dein Fluchen", sagte er ruhig.
„Geh einfach, lass mich allein", sie fand das alles ganz und gar nicht lustig, sie hatte das Gefühl, er würde sie nicht ernst nehmen und das war meist ein großer Fehler.
„Du willst alleine durch den Verbotenen Wald laufen?", fragte er, sie glaubte er würde sie mit Absicht provozieren.
„Glaubst du ich kann nicht auf mich selbst aufpassen?", brüllte sie anklagend, „Ich bin mehr als 1 ½ Jahre alleine klargekommen."
„Warum bist du so sauer?", er verstand nicht genau, was ihr Punkt war.
Lag es daran, dass er ihr nicht sagte, warum er ein wenig merkwürdig war?
Lag es daran, dass er einen zugegebener Maßen schlechten Witz über Lupin gemacht hatte?
Er wusste es nicht.
Sie winkte ab, gab einen genervten Ton von sich und stürmte weiter durch die Bäume, Severus folgte ihr.

Der Duft von Lavendel  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt