Kapitel 63: Die Wunden und Risse verschließen

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„Obliviate", er zog ihr die schlimmen Moment der gesehenen Erinnerung aus dem Kopf, ließ sie nur einen Teil sehen, so viel wie sie sehen musste um zu wissen, warum er sich komisch verhalten hatte, nicht mehr und nicht weniger.
Nachdem er fertig war ließ er den Zauberstab sinken, sah sie an, sie wirkte verwirrt.
Es dauerte immer einige Momente, bis das Gehirn sich an die Veränderung gewöhnt hatte, bis es keine inneren Fragen mehr stellen würde.
Sie sah ihm ins Gesicht, er konnte nicht wirklich ihren Blick deuten, sah sie abwartend und unsicher an.
Hermine seufzte, ging zu ihm, legte ihre Arme um seinen Hals und zog ihn zu sich, „es tut mir so leid, dass du... das gemacht hast und ich dich dazu gebracht habe... das... nochmal zu durchleben...", sie schluchzte an seinem Hals, drückte ihn näher zu sich.
Er schloss die Augen, erwiderte ihre Umarmung, dankte Salazar, dass es geklappt hatte und verfluchte sich gleichzeitig dafür.
„Es tut mir auch leid, dass ich das gemacht habe", stimmte er zu, er wusste ja, was sie vergessen hatte oder viel mehr, was durch ihn vergessen wurde.
„Wir sprechen nie wieder darüber, in Ordnung?", Hermine löste sich von ihm und sah ihm ins Gesicht. Ihr Blick war weich und warm, gütig, als würde sie ihm in allem beistehen wollen, was er durchleben musste; so ganz anders als noch vor wenigen Minuten.
„Kannst du mit dem Wissen leben?", er traute sich nicht sie anzufassen, Hermine ihrerseits verstand nicht warum er so unsicher war, ja es war eine schlimme Sache, eine Tat, die er vermutlich nie wieder gut machen konnte, aber das war nicht mehr er.
Er war kein böser Mann, er hatte sich von Lucius, dem Dunklen Lord und der Dunkelheit abgewandt, er bereute und wollte sich bessern, jeden Tag.
Er war so liebevoll und besorgt, er wollte, dass es ihr gut ging, er passte auf sie auf, hatte ihr das Leben gerettet, war für sie da.
„Komme, was wolle", sie lächelte ihn schief an. Er atmete laut aus, sah nach oben an die Decke, eine große Erleichterung machte sich in ihm breit, er war glücklich, leicht überfordert, befreit, zumindest zu einem gewissen Teil.

„Ich glaube... ich brauche jetzt einen Tee deiner Mischung...", meinte er leise, sie lachte leicht, ging zu dem Schrank mit dem Tee, goss zwei Tassen auf und setzte sich wieder auf die Couch, er folgte ihr, sah sie immer noch unsicher an, setzte sich hin. Er war angespannt, was sie natürlich bemerkte.
Sie drehte sich auf der Couch zu ihm, musterte ihn, rutschte zu ihm, legte eine Hand an seinen Arm, suchte seinen Blick.
„Es ist alles in Ordnung", versicherte sie, „hör auf dir Sorgen zu machen."
„Es ist schwer, weißt du? Das jemandem zu zeigen... dir zu zeigen... falls es noch nicht klar ist, du bist mir wirklich wichtig.", er wandte den Blick ab, sah nervös auf sein Bein.
„Das ist völlig neu für mich", sie lachte leise, strich über seinen Arm.
„Ich schäme mich so... das werde ich immer.", er wirkte nachdenklich, gehemmt, beschämt.
Hermine rutschte weiter zu ihm, legte seinen Arm um sie, kuschelte sich an seine Brust, wollte ihm ein wenig Trost und Verständnis spenden.
Severus strich langsam mit seiner Hand über ihren Arm, es erstaunte ihn, dass sie gehandelt hatte, wie sie es tat.
Sie ließ sich die Wahrheit aus dem Kopf ziehen nur damit sie sich einander weiterhin nah sein konnten, die Gefühle für ihn waren für sie von größerer Bedeutung als die Wahrheit, als das, was wirklich passiert war.
Es verwirrte ihn auf so viele Ebenen, dass er einfach nur still da saß, Hermine hatte sich derweil ihren Tee genommen und hielt ihm seinen hin, er trank einen Schluck, musterte den Tee, ging wieder einmal seinem Geschmack nach, der Lavendel war selbst in kleinster Menge so stark, dass er ihn ohne Probleme herausschmecken konnte. Er sah sie an, sie nippte an ihrer Tasse, lächelte leicht, er hätte gerne gewusst woran sie dachte, ihre Haare lagen leicht verwuschelt um ihren Kopf, die Augen verträumt auf einen Punkt gerichtet, immer noch ein wenig gerötet.

Er strich über ihren Kopf, sie drehte ihn in seine Richtung und lächelte umso breiter, so sehr, dass es sein Herz erwärmte. Er spürte das Pochen in seinen Venen, das Klopfen gegen den Brustkorb und ihm wurde bewusst, egal wer ihn damals vor dem Tod gerettet hatte, Hermine war der eigentliche Grund, dass er immer noch am Leben war. Als hätte eine höhere Macht sie dazu bestimmt füreinander da zu sein, sich nah zu sein.
Hermine nahm noch einen Schluck, stellte die Tasse dann auf den Tisch, sah ihn abwartend an, er nahm ebenfalls einen Schluck, dann nahm sie ihm die Tasse aus der Hand, stellte sie neben ihre, richtete ihren Blick dann wieder auf ihn.
Ihre Augen glühten, sie strahlte so eine Wärme aus, so eine Zuversicht, er war gefesselt von ihrem Anblick. Sie strich vorsichtig durch seine Haare, wollte ihn nicht verschrecken, sie fühlte, dass er in einer ganz merkwürdigen mentalen Lage war, sie fühlte seine Verwirrung und sie wollte sie ihm nehmen.
Also ergriff sie seine Hand, stand auf, zog ihn mit sich hoch. Er folgte ihr, stoppte aber, als er merkte, dass sie in Richtung Schlafzimmer steuerte.
Er schüttelte den Kopf, „Hermine... nicht."
„Vertrau mir", flüsterte sie, lächelte ihn an, zog ihn dann weiter.
„Das tu ich."
Sie zog ihn weiter, schob ihn sanft zum Bett, er setzte sich auf die weiche Matratze, sie bedeutete ihm sich hinzulegen, was er nur widerwillig tat.
Sie kniete sich, als er lag, ins Bett. Ihr Lächeln wurde noch weicher, sie legte sich langsam zu ihm, mit dem Gesicht auf der Höhe seines Gesichts, Brust an Brust seitlich halb auf ihm, eine Hand verschwand in seinen Haaren, sie drückte sein Gesicht in ihre Richtung, näherte sich ganz langsam seinen Lippen und küsste ihn so federleicht, dass es sich beinahe anfühlte, als hätte ein himmlisches Wesen seine Lippen berührt.
Er erwiderte den Kuss langsam, schüchtern, verhalten, er hatte das Gefühl, dass er ihre Nähe eigentlich nicht so genießen durfte und dieses Gefühl hinderte ihn. Hermine hingegen ließ sich von seiner Zurückhaltung nicht abschrecken, sie küsste ihn weiter, forderte ihn immer wieder auf seine Küsse zu intensivieren, lehnte sich auf ihn, streichelte durch seine Haare.
Auch wenn er ihrer Bitte nicht direkt nachkam, es war eine schöne Abwechselung zu der leidenschaftlichen Knutscherei, die sie sonst immer teilten.
Es war sanft und vorsichtig, verschloss die entstandenen Wunden und Risse zwischen ihnen.

Aus Minuten wurden Stunden, wobei sowohl Severus als auch Hermine immer müder wurden, ihre Münder bewegten sich automatisch aneinander und schliefen schließlich an den Lippen des Anderen hängend ein, Hermine kuschelte sich im Schlaf weiter an ihn, Severus drückte sie noch näher zu sich.
Mitten in der Nacht wurde Hermine wach, sah sich verschlafen um, sie zauberte ihm und sich die Schlafsachen an, gab ihm einen Kuss auf die Stirn, kuschelte sich dann wieder an ihn, schloss die Augen und schlief schnell ein.

„Hermine?", eine tiefe Stimme zog sie aus einem angenehmen Traum, sie lächelte leicht, schlug die Augen auf und sah ihn an, „tut mir leid, dass ich dich wecken muss..."
„Wie spät ist es denn?", fragte sie verschlafen.
„Noch keine 7 Uhr", er schmunzelte leicht als er ihren Blick wahrnehmen, „ich muss mal kurz weg."
„Wohin denn?", sie streichelte über seinen Nacken.
„Das kann ich dir noch nicht sagen...", entschuldigte er.
„Eine Überraschung? Für mich?", sie grinste ihn an, strich sich den Schlaf aus den Augen.
„Vielleicht...", er wollte ihr einfach nichts sagen, streichelte über ihre Wange, gab ihr einen Kuss auf den Kopf und stand dann auf.
Hermine drehte sich im Bett um, lag mit dem Blick in Richtung Wohnzimmer und beobachtete ihn bei seinen Handlungen.
Nachdem er sich im Bad frisch gemacht hatte, trat er in seiner Robe wieder in ihr Blickfeld. Er wirkte nachdenklich und streng, sie wusste nicht, ob es an dem Zwischenfall gestern lag oder weil ihn andere Gedanken beschäftigten, aber so wie er im Wohnzimmer stand und nach etwas suchte, sah er aus wie Professor Snape. Er spürte ihren Blick, sah zu ihr und verwandelte sich wieder in Severus, lächelte sie leicht an und verließ dann seine Räume.
Sie atmete laut aus, streckte sich im Bett, zog die Decke weiter über sich und schloss nochmal die Augen, es war sehr früh und sie musste keinen Verpflichtungen nachkommen.

*
Weitere Tage verstrichen, Severus verabschiedete sich von diesem Tag an jeden Morgen von ihr, kam dann zur Mittagszeit wieder, aß mit ihr zu Mittag und verschwand dann wieder einige Stunden in seinem Labor. Hermine hätte gerne gewusst, was er in der Zeit in seine Labor tat, ließ ihm aber seine Privatsphäre und solange er nichts erzählen würde, würde sie auch nicht fragen.
An seinem Geburtstag weckte er sie wieder am frühen Morgen, sie seufzte.
„Nicht heute...", schmollte sie, zog eine Schnute, „das ist dein Geburtstag... ich dachte wir verbringen den Tag heute zusammen."

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