"Liebe ist das größte Gift für den Verstand. Erst genießen wir das köstliche Gefühl gebraucht zu werden und schwelgen in süßen Momenten, die zu unersetzlichen Erinnerungen mutieren, doch sollte sich dieses schöne Gefühl als Lüge entpuppen, zerreißen dieselben Erinnerungen unser Inneres und lassen uns als lebende Tote zurück, die sich erbärmlich an jeden noch so kleinen Rest dieser Liebe klammern in der Hoffnung ein Zeichen dafür zu finden, dass sie an irgendeinem Punkt echt war."
Mit zerzausten Haaren setzt du dich an den Frühstückstisch und siehst mir dabei zu, wie ich deine Welt für dich perfekt mache. Ein kleines Schmunzeln fliegt über deine Lippen, während ich Zucker in deine Tasse streue.
Du gehst dich duschen und ziehst deine Sachen an, denn du willst nicht lange bleiben. Deine Tasse bringe ich dir ans Sofa und schaue dir dabei zu, wie du den Kaffee austrinkst.
"Ich werde dieses Leben niemals mit dir führen.", sagst du brüsk.
"Das weiß ich doch." erkläre ich und zeige auf den reich gedeckten Frühstückstisch. Noch bevor du dich erheben und mir sagen kannst, wie armselig ich bin, komme ich dir zuvor.
"Warte bitte. Gib mir nur fünf Minuten." rufe ich dir mit gebrochener Stimme zu und du gehorchst. Ich bin genau da, wo du mich immer haben wolltest. Du bleibst sitzen und schaust dir mit triumphierendem Blick an, was du geschafft hast.
"Du hast mich ermordet." beginne ich.
"Verletzt wäre untertrieben. Du hast mich umgebracht, mit jeder unechten Liebeserklärung. Mit jeder Lüge und jeder Schmach die du mir angetan hast."
Dein Lachen verstummt und deine Augen verlieren ihren Glanz, blicken bieder zu mir hinauf. Als wärst du umgeben von einer Blase, kommen meine Worte kaum mehr bei dir an.
"Du sitzt hier und lässt mich wie einen Idioten aussehen. Als wäre das alles meine eigene Schuld, als wäre es naiv gewesen zu glauben, jemand könnte mich lieben. Jetzt erzähle ich dir, dass du mich ermordet hast und du lachst darüber. Du lachst, als hätte ich nichts anderes verdient."
Die Angst lähmt dich und lässt deinen Körper wie einen schweren Stein in das Sofa sinken.
"Ich werde dir zurückgeben, was du mir angetan hast." sind meine letzten Worte an dich, bevor ich ein beißendes Lächeln enthülle, auf das ich lange hinarbeiten musste.
So sanft wie fallender Schnee wirst du vom Schlafmittel im Kaffee zurück ins Land der Träume gezogen. Ehe dein Körper zur Seite fällt, nehme ich neben dir Platz und lasse deinen Kopf auf meinen Schoß fallen. Es ist irgendwie witzig, denn so wehrlos wie du da liegst, bist du das perfekte Opfer.
Achtsam hebe ich deinen Kopf an und lege ihn auf ein Kissen. Wenn du schon nie an mich denkst, frage ich mich, ob du je von mir träumst.
Ich nehme deine Tasse, schmettere sie auf den Boden und bediene mich an der größten Scherbe.
Du öffnest deine schönen Augen und zuckst erschrocken auf. Dein Kopf tut weh und du greifst nach deiner Stirn, wo der Schmerz sich zu sammeln scheint. Dort ist etwas, du kannst es genau fühlen und stehst auf. Mit jedem Schritt übermannt dich die Furcht, bis der Spiegel entblößt, was ich dir da gelassen hab.
Meine Stimme schleicht sich wie eine fiese Natter durch deine Gedanken und spricht immer wieder denselben Satz.
"Du bekommst zurück was du mir angetan hast."
Mitten auf deiner Stirn, in deinem hübschen Gesicht, dass früher mal meine Zukunft bedeutete, steht nun ein einziges Wort.
Mörder
Schau ruhig weg, wenn du es noch nicht erträgst, denn anders als ich, bleibt es für immer.
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Das perfekte Opfer
Short StoryLiebe ist ein tückisches Spiel, besonders wenn einer von beiden die Regeln nicht kennt.