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"Hallo Yoongi! Ich bin Seokjin, aber du kannst mich auch nur Jin nennen!" sagte ein Junge, der um einiges größer und auch breiter als Yoongi war. Er trug ziemlich schlichte Klamotten und hatte etwas weißes im Haar hängen, was fast wie Mehl aussah.

"Ä-ähm.. Du hast da was.." sagte Yoongi nur und zeigte auf Seokjins Haar. Dieser weitete überrascht seine Augen und schüttelte seinen Kopf, sodass das Mehl in alle Richtungen flog.

"Ich backe gerade einen Begrüßungs-Kuchen für dich! Ich wusste leider nicht, wann du kommst, deswegen ist er noch nicht fertig. Komm doch schon mal rein!"

Seokjin ließ Yoongi eintreten und beobachtete den schlanken Jungen dabei, wie er seine Jacke aufhängte und seine Schuhe abstreifte.

Yoongi blickte Seokjin etwas verloren an, woraufhin dieser sofort wieder los plapperte.

"Dein Zimmer ist oben, direkt neben meinem! Komm mit."

Still folgte Yoongi dem überaus fröhlichem Jungen in sein neues Zimmer. Es war modern eingerichtet, ein schmales Einzelbett mit einem blauen Bettbezug und dazu passend ein Schrank und eine Kommode.

"Du redest nicht besonders viel, kann das sein? Naja, ich gehe dann mal weiter backen. Komm so in zehn Minuten runter, dann bin ich fertig." und schon war Seokjin wieder verschwunden.

Yoongi hatte nicht mal erwähnen können, dass Seokjin so viel redete und es deswegen so wirkte, als ob er einfach wenig sagte. Er war nur etwas überwältigt von dessen Redeschwall gewesen.

Er wusste noch nicht so richtig, was er von seinem neuen 'Bruder' halten solle. Entweder stempelte er ihn als Nervensäge ab, mit der er nichts zutun haben wollte, oder er ließ sich auf ihn ein. Vielleicht war er ja ganz nett. 

Also auf seine Schule ging er auf jeden Fall nicht, sonst hätte er ihn dort schon gesehen. Vielleicht besuchte Seokjin ja die Universität hier in der Nähe, er sah zwar nicht viel älter als Yoongi aus, aber man konnte ja nie wissen.

Yoongi war so in Gedanken versunken, dass bereits fünf Minuten vergangen waren, als er anfing, auszupacken. Seine Klamotten räumte er ordentlich in den Schrank ein und suchte dann im Obergeschoss nach dem Bad, um seine Zahnbürste und weiteres abzustellen.

Sofort fiel sein Blick auf den Rasierer, der in dem Badezimmer stand. Er erinnerte sich daran, wie er sich damals bei Taehyung so hilflos gefühlt hatte, dass er sich glatt selbst verletzen wollte. Aber Taehyung war derjenige gewesen, der ihn davon abgehalten war.

Yoongi wusste nicht, ob es ihm jemals wieder so schlecht gehen würde, dass er sich selber verletzen wollte. Aber er wusste, dass es ihm abends jetzt bestimmt noch schlechter gehen würde, denn er hatte weder einen Jungkook bei sich, der sich um ihn kümmerte, noch einen Taehyung, der ihn in den Armen hielt, wenn es ihm mal wieder beschissen ging.

Und die Erinnerungen an die vielen Male, bei denen er mit fremden Männern geschlafen hatte, würden ihn auch noch für lange Zeit verfolgen. Selbst wenn er sich immer noch nicht an vieles erinnern konnte, so wusste er doch, was die Männer alles mit ihm angestellt hatten und das löste in ihm Ekel gegen sich selbst aus.

Er hatte gedacht, dass Taehyung ihn endlich so behandelte, dass er sich fühlte, als hätte er auch was zu sagen. Er hatte Taehyung ja fast dazu gedrängt, mit ihm zu schlafen, weil er so unbedingt seine Angst überwinden wollte.

Das Problem war nur, auch wenn seine einzige gute Erfahrung mit Sex mit Taehyung war, würde er trotzdem für immer tiefen Hass für diesen empfinden.

Aber irgendwo war es vielleicht auch Yoongis Schuld. Er hatte Taehyung vertraut und sich somit verletzlich gemacht. Selbst, wenn Taehyung das nicht alles geplant hatte, änderte es nichts an der Tatsache, dass er Yoongi einfach so verraten hatte.

Yoongi seufzte tief und schlenderte zurück in sein Zimmer, als Jin plötzlich von unten rief: "DEIN KUCHEN IST FERTIG YOONGI!"

Es schlich sich glatt ein Lächeln auf Yoongis Gesicht, als er die Treppen runter ging. Seokjin war zwar fast schon übertrieben fröhlich, was aber damit endete, dass er ziemlich lustig rüberkam.

Er kam in die Küche und sah Jin mit einer Schürze dastehen, welcher stolz auf den Schokoladenkuchen vor sich guckte.

"Danke." Yoongi lächelte leicht und setzte sich an den Tisch in der Küche, auf dem schon ein Teller mit einem Kuchenstück drauf stand, daneben eine Kuchengabel.

Er hatte Glück, dass sein linker Arm gebrochen war, sonst hätte er jetzt etwas Probleme, den Kuchen zu essen.

Er probierte einen ersten Happen, weitete seine Augen und aß direkt den zweiten.

"Er ist gut, oder?" Seokjin lächelte, setzte sich zu Yoongi und begann ebenfalls, ein Stück Kuchen zu essen.

Yoongi nickte bloß mit vollem Mund und aß in Nullkommanichts den Kuchen auf.

"Ich hätte fast gedacht, du hast eine Essstörung oder so, weil du so dünn bist. Naja, sie haben uns halt nicht viel über dich erzählt. Willst du mir was erzählen oder sollten wir noch damit warten?" Ehrlich und direkt war Seokjin also auch noch.

"Ich habe keine Essstörung. Ich hatte nur nicht so viel zum Essen." erklärte Yoongi.

"Hm..." er überlegte kurz. "Was möchtest du denn über mich wissen?"

"Also jetzt bin ich natürlich neugierig, wieso du nicht so viel zum Essen hattest. Ich bin übrigens Profi-Koch, also werden wir dich ganz schnell wieder aufpäppeln!" beide lachten leicht.

"Ich habe in einer Wohnung mit meinem Bruder gewohnt und für uns beide Geld verdient, deswegen waren wir ziemlich knapp bei Kasse. Natürlich habe ich immer Kontakt mit Polizei, Ärzten oder sonstiges vermieden, aber wenn sowas passiert", Yoongi zeigte auf seinen Arm, "kann man das natürlich nicht verhindern."

Er ließ Taehyung vollkommen unerwähnt, was auch daran lag, dass er einfach nicht über ihn reden wollte. Er wunderte sich ohnehin schon, dass er Seokjin bereitwillig so viel über sich erzählte. Wahrscheinlich lag es daran, dass dieser sehr freundlich und vertrauenswürdig wirkte.

"M-hm.." Seokjin nickte verstehend.

"Gehst du eigentlich auf die Universität hier? Ich habe dich noch nie an meiner Schule gesehen." fragte Yoongi.

"Ja, gehe ich. Meine Eltern müssten auch bald zuhause sein. Sie wollen dich unbedingt kennenlernen! Oder sollte ich lieber sagen, unsere Eltern?" Seokjin lachte, aber in Yoongi zog sich alles zusammen. Er hatte keine einzige gute Erfahrung mit 'Eltern' gemacht, vor allem nicht mit seinen.

ßΛSҠƐŦßΛĿĿ | ŦΛƐƓĪWo Geschichten leben. Entdecke jetzt