Hermine kam weinend an ihrem Haus an, sie stützte sich an der Tür ab und ging betrübt hinein, knallte die Tür in die Angeln.
Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, dicke Tränen liefen zwischen ihre Finger über ihren Handrücken, wie konnte das passieren?
Wie konnte er ihr das verschweigen?
Warum?
Was war sein Ziel gewesen?
Sollte es eine Überraschung sein?
Dachte er sie würde sich darüber freuen?
Zu viele Gedanken kreisten in ihrem Kopf, zu viele Konsequenzen breiteten sich in ihrem Kopf aus, die ihre Entscheidung auslösten.
Dass Severus wieder in Hogwarts lehrte bedeutete die Ablösung von ihm, es bedeutete, dass er seinen Weg zurück gefunden hatte, was sie auf der einen Seite sehr freute, auf der anderen aber beinahe schon paranoid stimmte. Sie waren bisher immer zusammen verloren gewesen, hatten die Tage miteinander verlebt.
Ohne Arbeit, ohne Verpflichtung.
Severus liebte Hogwarts, das wusste Hermine, genauso so sehr wie Hermine Hogwarts liebte, aber eine Beziehung mit einem Hogwarts-Professor in Hogwarts würde höhere Wellen schlagen, als das Zusammenleben jetzt.
Sie konnte sich die Blicke und das Geschwätz der Slytherins und auch Gryffindors schon bildlich vorstellen und hätte sie irgendwann wirklich die Entscheidung getroffen ihren Abschluss zu machen, hätte es noch mehr Gerede gegeben. Selbst wenn die Leute nicht geredet hätten, sie hätte sich in dieser Zeit von ihm fernhalten müssen, so waren die Regeln. Egal was eingetreten wäre, es wäre immer ein Spiel mit dem Feuer gewesen, eine Gefahr für einen von beiden und Hermine hatte genug von Gefahren. Sie wollte ihm nicht im Weg stehen und nahm deswegen die schmerzhafteste Option für alle Seiten: das Verlassen.Sie schleppte sich nach oben in ihr Zimmer, brach immer wieder in Tränen aus, ihr Herz zog sich zusammen, ihr Körper füllte sich mit Traurigkeit und Wehmut. Sie hätte die Zeit zurückdrehen wollen, um jede Sekunde noch weiter mit ihm zu genießen, aber am Ende würde sie jedes Mal vor dem Punkt stehen, an dem sie jetzt stand und ein weiteres Mal hätte sie diesen Schmerz nicht aushalten können. Als sie in ihrem Bett lag und versuchte an etwas anderes zu denken, klopfte eine Eule mit dem Schnabel gegen ihr Fenster.
Ohne den Brief gelesen zu haben wusste sie, dass sie von Severus geschickt wurde. Sie öffnete das Fenster, zog den Brief ins Zimmer, die Eule wartete, als sie den Brief las.„Hermine es wird eine Lösung geben, bitte überleg es dir. Wenn nichts funktioniert, dann verlasse ich Hogwarts. -S"
Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen, sie suchte sich einen Stift, schrieb ihre Antwort auf die Rückseite:
„Hogwarts braucht Professor Snape, es gibt keinen anderen Weg als den, den ich gewählt habe. Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder.", band den Zettel wieder an das Bein der Eule und schickte sie weg, verschloss das Fenster, legte sich wieder in ihr Bett und schloss die Augen.
Sie hoffte, dass er keine Nachrichten mehr schicken würde, dass er sie einfach für sich lassen würde, auch wenn es beiden sehr schwer fallen würde.Aber sie verbrachten noch nicht lange miteinander Zeit, es wäre noch nicht so schmerzhaft wie einige Monate später, da war noch nicht viel zwischen ihnen, oder?
Hermine fühlte sich elend, als hätte sie ihn ein zweites Mal verloren und dieses Mal tat es noch so viel mehr weh, obwohl er nicht gestorben war. Sie war wieder einmal überrascht und erschüttert, wie sehr sie innerlich doch an ihm hing. Aber da musste sie jetzt durch, seinetwegen.
Sie konnte nicht riskieren, dass er ihretwegen seinen Job verlieren würde, nur weil sie sich nicht beherrschen konnten sich aus dem Weg zu gehen. Auf der anderen Seite hätte sie es nicht ertragen ihn Tag für Tag zu sehen und nicht zu ihm zu können, ihn nicht zu küssen, nicht durch seine Haare zu streicheln....Sie brach die Gedanken ab, sie musste sich jetzt ablenken.
Die erste Nacht wäre immer die Schlimmste, die Traurigste, die Nacht, in der man Gefahr lief seine Entscheidungen über Bord zu werfen und zurück zu gehen, was nur noch mehr Schmerz erzeugen würde.
„Schlaf jetzt einfach, morgen wird es schon wieder besser sein...", versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Sie drehte sich auf die Seite, zog die Decke über sich, schloss die Augen und versuchte einzuschlafen.
Unruhige Träume raubten ihr die Erholung, sie wachte schweißgebadet nach recht kurzer Zeit wieder auf, ging ins Badezimmer, warf sich eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht und reinigte sich magisch. Sie spürte den kalten Schweiß auf ihrem Körper, das klamme Gefühl von feuchter Kleidung auf der Haut, so konnte sich nicht schlafen.
Als sie den kleinen Spiegelschrank über dem Waschbecken öffnete, sah sie die Phiolen für traumloses Schlafen, sie hatte nicht alle Phiolen aufgebracht und den Rest in den Schrank verstaut. Sie zuckte seufzend mit den Schultern, sie musste schlafen und das am besten ohne aufwühlende Träume, sonst würde sie früher oder später verrückt werden.
Sie öffnete die Phiole, kippte ihren Inhalt hinunter, legte das leere Fläschchen in das Waschbecken und ging zurück ins Bett, sie kuschelte sich unter die Decke, schloss die Augen und wurde von einem traumlosen Schlaf empfangen.Am nächsten Morgen wachte sie auf, verschlafen, gerädert und von einer tiefen Traurigkeit erfüllt. Sie hatte gehofft, dass es am Morgen etwas besser wäre, aber es fühlte sich fast noch schlimmer an. Kraftlos schleppte sie sich ins Badezimmer, nahm als erstes eine Dusche, sie hatte die Hoffnung, dass zumindest die Müdigkeit von ihr abfiel.
Sie zog sich aus, stellte sich unter die Dusche und wusch sich, schäumte ihre Haare mit dem Lavendelshampoo ein, wurde automatisch an Severus erinnert und wusch sie schnell wieder aus, sie stieg aus der Dusche, trocknete sich ab, sah in den Spiegel.
Sie sah wieder einmal fürchterlich aus, die Augen rot, sie wirkten ein wenig geschwollen, das Gesicht war sehr blass, sah schon fast ungesund aus, ein trauriger Ausdruck hatte sich auf ihre Züge gelegt. Sie versuchte zu Lächeln, es sah aus wie eine Maske, die Lippen verzogen sich zwar, aber ihre Augen blickten sie noch genauso traurig an.
„Der traurige Clown", sagte sie leise, sie dachte an ein Bild, welches sie als Kind im Haus ihrer Großeltern immer gesehen hatte.
Sie saß jedes Mal fast schon analytisch davor und betrachtete diesen Clown, er hatte ein Lächeln ins Gesicht gemalt, aber trotzdem weinte er. Es war so paradox und widersprüchlich, dass sie es als kleines Kind nicht wirklich verstehen konnte. Sie suchte stundenlang auf seinem Gesicht nach der kleinsten Regung eines Lächelns, sie sprach mit ihm, dass er nicht traurig sein müsste, dass alles wieder gut werden würde, bis ihr Opa sie jedes Mal von dem Bild wegholte.
„Warum ist der Clown so traurig?", fragte sie an einem Tag, als er mit ihr an der Hand in den Garten lief.
„Weißt du, manchmal zeigt man nur das, was die Leute sehen wollen. Es ist einfacher ein Lächeln zu täuschen, als die Wahrheit zu erzählen. Oder seine Wut über etwas zu verbergen... Menschen mögen Streit und Konfrontation nicht... sie laufen lieber weg, als sich dem zu stellen.", sagte er, schüttete ihr dann ein Glas Zitronentee ein, „Daher kommt der Ausdruck ‚Gute Miene zum bösen Spiel'", dann streichelte er über ihren Kopf und schüttete sich selbst ein Glas Tee ein.Sie schüttelte den Kopf, zog sich dann an und ging nach unten um sich etwas zu Essen zu machen.
Es war noch früh am Tag, trotzdem sah es trüb aus, die Sonne war von Wolken verhangen, drückte ihre Stimmung noch weiter runter.
Sie brühte sich in der Küche einen Kaffee auf, schmierte sich ein Marmeladenbrot und setzte sich an den Tisch in der Küche. Sie aß es stillschweigend, fühlte sich sehr einsam dabei. Auch wenn sie die letzten Tage das Frühstück ebenfalls alleine eingenommen hatte, weil Severus sich auf seine Professoren Stelle vorbereitet hatte, aber sie wusste, dass er wiederkommen würde und sie gemeinsam zu Mittag aßen.
Zumal fühlte sie sich sehr wohl in seinen Räumen, mit den unzähligen interessanten Büchern, die sie alle lesen durfte.
Nun war sie wirklich allein, in ihrem Haus, ohne Bücher, ohne Severus und das Wissen, dass er gleich zu ihr kommen würde.
„Hör auf damit! Du hast diese Entscheidung getroffen, niemand sonst.", sagte sie sauer zu sich selbst.
Sie stellte ihr benutzes Geschirr in die Spüle, wollte es gerade reinigen, als sie ein Geräusch an der Tür zum Garten wahrnahm, eine schöne große Eule saß auf der Terrasse, die Flügel weit gespannt.
Sie lächelte als sie sie sah, wie gern hätte sie Flügel gehabt um einfach davon zu fliegen. Sie öffnete die Tür, nahm der Eule den Brief ab, musterte ihn.
„Ein Brief des Ministeriums", sie öffnete ihn, flog schnell über die Zeilen.
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Der Duft von Lavendel
FanfictionSieben Monate nach Ende des Krieges: Hermine versucht ihre schlechten Erinnerungen mithilfe des Zeichnens zu verarbeiten. Sie sucht immer öfter Ruhe und Zuflucht in der Natur um sie herum. Einzig George teilt ihre tiefe Trauer, versteht, warum sie...