Kapitel 67: Jean Doe

1.4K 89 6
                                    


„Ähm... ich weiß es nicht... es gibt in jedem Objekt Schönheit, die sich lohnt festzuhalten....", sagte sie leise, „aber ich glaube am liebsten zeichne ich Vögel... sie sind frei... können fliegen wohin sie wollen, sind ungebunden..."
„Sie zeichnen Sachen, die Sie lieben...", er musterte sie, besah sich dann wieder die Vogel-Zeichnung.
„Ja... ich glaube, so kann man es sagen..", sie nickte.
Mr Neuster nahm die Bilder von Severus und besah sie sich, legte sie dann wieder auf den Tisch und sah zu Hermine.
„Ich.. es ist nicht so, wie Sie denken.", stotterte sie.
„Ich denke, dass Sie Professor Snape mögen und er Sie. Das ist nichts Schlimmes. Die Frage ist nur, ob Sie möchten, dass diese Bilder ebenfalls veröffentlicht werden?"
„Sie wollen meine Bilder veröffentlichen? Welche davon?", fragte sie erstaunt und aufgeregt.
„Am liebsten alle", er schob die Zeichnungen zusammen, verstaute sie wieder in der Mappe, „Sie könnten sich einen Namen in der Kunstbranche machen, Sie würden viel Geld verdienen, Sie wären nicht nur in der Zauberwelt berühmt.."
Sie dachte nach, war es das, was sie wollte? Ruhm? Aufmerksamkeit?
„Ist es möglich diese Bilder unter einem Pseudonym zu veröffentlichen?", wollte sie nachdenklich wissen.
„Das kann man machen... aber dann wüsste niemand, dass Sie hinter diesem Talent stecken.", meinte Mr Neuster skeptisch.
„Das möchte ich auch gar nicht. Ich will nicht noch mehr Aufmerksamkeit, ich möchte ein ruhiges Leben führen...", sagte sie.
„Sie wollen nicht im Ministerium arbeiten.. und auch nicht Ihren Abschluss nachholen...", fasste er zusammen, musterte sie wieder.
„Der Abschluss... das ist ein wenig schwer... nein.. ich glaube ich werde meinen Abschluss in Hogwarts nicht machen.", sagte sie nervös, sie glaubte er könnte sich vermutlich schon denken, warum es nicht ganz einfach war, wollte aber nicht weiter darauf eingehen.
„Ich kann Sie an eine Universität in London bringen mit dem möglichen Schwerpunkt Kunst... wenn Sie das möchten. Meine Kontakte reichen weit in beide Welten... Sie müssen nur ein Wort sagen.", bot er ihr freundlich an.

„Warum machen Sie das alles?", sie schüttelte den Kopf, „Sie bieten mir eine Chance nach der anderen... warum? Und wo ist der Haken?"
Er lachte leicht, faltete die Hände auf dem Tisch zusammen, legte den Kopf schief, „Ich gebe Ihnen diese Chancen weil es viele Menschen gibt, die an Sie glauben. Sie haben Talent und Talent fördere ich gerne. Es gibt keinen Haken... wir machen das, was Sie möchten. Wenn Sie ein Pseudonym benutzen möchten, dann dürfen Sie das tun. Wenn Sie Kunst studieren möchten, dann unterstütze ich Sie."
„Es wird doch bestimmt irgendwelche Regeln geben, oder nicht?", sie sah ihn offen an.
„Die einzige Regeln bestehen darin, dass Sie ehrlich zu mir sind und Sie Ihre Bilder quasi nur für diesen Verlag malen. Sie haben keinerlei Zwang eine bestimmte Zahl von Bildern abzugeben. Das stört nur die Kreativität... Sie dürfen sich die Bilder aussuchen, die Sie in den Büchern sehen wollen.", er holte einen Vertrag aus seiner Schublade auf dem alles stand, was er ihr gerade gesagt hatte.
„Sie können ihn gerne durchlesen, zuhause und mir dann vorbei bringen, wann Sie möchten.", er schob ihr den Zettel zu, Hermine las ihn schnell, sie brauchte es eigentlich nicht mit nachhause zu nehmen, er schien es wirklich ernst zu meinen, kein Haken, kein Druck.

„Was ist, wenn ich diesen Vertrag, aus was für Gründen auch immer, auflösen möchte?", wollte sie wissen.
„Dann werden Sie daraus entlassen. Das ist kein Knebelvertrag. Glauben Sie mir, wir haben viele Künstler unter Vertrag, die dieselbe Angst hatten. Es gibt keine zeitliche Begrenzung, wir wollen Ihnen nicht schaden. Und ich gebe Ihnen den Vorschuss des Vertrauens, dass Sie uns genauso wenig schaden möchten.", er stand auf, stellte sich wieder an das Fenster und sah über London.
Hermine sah nochmal auf den Vertrag, der Betrag, den sie durch die Veröffentlichung ihrer Bilder verdienen würde, war beinahe utopisch, so viel Geld für Bilder, sie schüttelte den Kopf, nahm sich dann einen Stift und unterschrieb den Vertrag.
„Ich hoffe wirklich, dass Sie den Blick für die Schönheit nicht verlieren... manchmal findet man die meiste Inspiration dort, wo man angefangen hat.", er drehte sich zu ihr herum, lächelte sie an, ging zu ihr, hielt ihr die Hand hin um den Vertrag mit einem Handschlag zu besiegeln.
Hermine stand auf, griff seine Hand und schüttelte sie.
„Was ist Ihre Antwort zu dem Kunststudium?"
„Ich würde es gerne machen", sie nickte, lächelte.
„Ich kümmere mich um alles."
„Jean Doe", sagte sie plötzlich, er sah sie abwartend an, „Das soll mein Pseudonym sein, ich hoffe es gibt noch niemanden mit diesem Namen...."
„Nicht, dass ich wüsste. Ich werde mich schlau machen.", gab er ernst zurück, schrieb sich den Namen auf.
„Und auf den Seiten, rechts und links neben den Seitenzahlen sollen kleine Lavendel-Stängel sein.", sie lächelte wehmütig.
Er nickte, schrieb sich auch dieses Detail auf, Hermine verabschiedete sich von ihm und verließ dann gut gelaunt sein Büro, stieg in den Aufzug, fuhr nach unten, winkte der Empfangsdame zu und trat dann auf die Straße vor dem großen Gebäude.

Sie nahm einen tiefen Atemzug, kreischte vor Freude und strich sich die Haare nach hinten.
Das muss ich sofort jemandem erzählen!, dachte sie, wem denn? Du hast niemanden. Harry und Ginny sind im Fuchsbau, genau wie George. Und Ron? Wohl eher nicht. Du hast nicht einmal mehr Severus... und nach Hogwarts kannst du folglich auch nicht gehen... du bist allein., stoppte ihre innere Stimme sie.
Die Freude war fort, die Stimme hatte recht.
Sie war allein, sie würde neue Freunde finden, wenn sie studieren würde. Aber selbst da konnte sie niemandem etwas von ihrem Erfolg erzählen.
Denn erstens würden die Bücher unter Jean Doe veröffentlich werden und zweitens hatte sie noch vor wenigen Minuten gebeten, den Ruhm und die Aufmerksamkeit von sich fernzuhalten.
Betrübt von ihren eigenen Gedanken lief sie geknickt zu der abgelegenen Seitenstraße und apparierte zurück zu dem Vorort von London, ging ins Haus.
Sie lief durch die Wohnung, ging in den Garten und atmete tief ein und aus. Tränen stiegen ihr in die Augen, sie sah in den Himmel, folgte dem Flug eines Vogelschwarms und lachte leicht.
Eigentlich hätte sie nicht glücklicher sein können, doch, du könntest glücklicher sein, warf die Kopfstimme ein.
Sie setzte sich auf den Schaukelstuhl auf der Terrasse, zog ihren Zauberstab aus der Tasche und zauberte die kleinen Vögel. Sie lächelte, folgte ihnen mit dem Blick. Sie flogen und tanzten beinahe durch die Luft, fiepten und piepten aufgeregt durch die Gegend. Dann setzten sie sich auf den Boden und fingen an ein fröhliches Lied zu singen. Sie schloss die Augen, lehnte sich zurück, genoss die Sonne auf ihrem Gesicht und die Melodie der Vögel.
Ein dunkler Schatten erregte ihre Aufmerksamkeit, sie öffnete die Augen und suchte den Himmel ab, keine Wolke war zu sehen, aber ein aufgeregtes Krächzen neben ihrer Rechten schreckte sie auf.
Eine weitere Eule brachte einen weiteren Brief, was mehr aussah wie ein kleines Päckchen, sie flatterte wild mit den Flügeln.

„Ist ja gut! Beruhige dich, du kriegst etwas", Hermine sprang beinahe schon auf, lief ins Haus, stellte eine Schüssel mit Wasser und ein wenig Eulenfutter auf die Terrasse und nahm der Eule den Umschlag ab, „du meine Güte, da musstest du aber schwer tragen..", die Eule schnatterte aufgebracht, als würde sie sich darüber aufregen, dass sie genau das machen musste.
Hermine setzte sich wieder auf den Schaukelstuhl, öffnete das Paket, es trug das Siegel von Hogwarts. Sie war ein wenig nervös, zog dann das heraus, was ihr geschickt wurde.
„Ein... Buch...?", sie sah zur Eule, diese putzte sich das Gefieder, sah kurz zu ihr, schnatterte dann wieder und putzte weiter.

Der Duft von Lavendel  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt