Kapitel 69: Von Lilien und Lavendel

1.3K 95 8
                                    


„Die Tränke werden abgefüllt und nach vorne gebracht, bis zur nächsten Stunde möchte ich eine Rolle Pergament mit Eigenschaften über den Trank, wofür er genutzt wird und warum er so schwer ist zu brauen.", er setzte sich auf seinen Platz am Schreibtisch und machte sich einige Notizen.
Die Schüler brachten nacheinander ihre Tränke nach vorne, verabschiedeten sich sogar von ihm, was ihn sehr erstaunte.
Zu seinem noch größeren Erstaunen verlief jede Stunde so, egal welche Klassen und Jahrgänge er hatte, am Ende des Tages traf er McGonagall wieder in der Großen Halle, die ihn bereits interessiert musterte.
„Professor Snape scheint heute viele Schüler erstaunt zu haben", sie linste über seine Brille, Severus wusste nicht ob sie es mit Absicht tat, aber sie erinnerte ihn mehr und mehr an Albus.
„Das war der erste Tag...", meinte er abwinkend.
Sie rutschte ein wenig näher zu ihm, „du bist nicht mehr wie früher. Die Menschen respektieren dich auch, wenn du nicht den Bösen spielst.", ihr Blick war vielsagend, er verinnerlichte ihre Worte, nickte nachdenklich, aß langsam und schweigsam sein Abendessen.
Als bereits alle Schüler die Halle verlassen und auch die Professoren schon lange ihre Räume aufgesucht hatten ging er langsam in die Kerker, öffnete die Tür seines Raumes, lief ins Badezimmer, duschte sich kurz, zog sich den Pyjama an und ging dann ins Schlafzimmer.

Er hatte den ganzen Tag wenig an Hermine denken müssen, ein Glück, aber jetzt, als alles ruhig und er alleine war, kamen die Gedanken umso heftiger. Er legte sich in sein Bett, da war dieser unglaublich durchdringende Duft von Lavendel, er konnte kaum glauben, dass ihr Duft so sehr an seiner Bettwäsche hing, das konnte nicht sein.
Er reinigte sein Bett magisch, wollte diesen Duft einfach löschen und am besten vergessen, aber es klappte einfach nicht, egal wie oft er die Laken und Kissen reinigte.
Er stand auf, warf die Decke auf den Boden, genau wie die Kissen und fand schließlich den Auslöser: unter jedem Kissen lag ein Stängel Lavendel, völlig intakt und wohlduftend.
Sie muss sie dahin gelegt haben, dachte er, nahm die Stängel mit zitternden Fingern vom Bett und roch daran, schloss die Augen.
Ein wehmütiges Lächeln flog über sein Gesicht, sein Magen zog sich zusammen, er konnte sie nicht in seinem Schlafzimmer lassen, es erinnerte ihn sowieso schon alles an Hermine.
Er ging ins Wohnzimmer an seine große Bücherwand, zog das Buch über die Animagus-Verwandlung heraus und verstaute die beiden Lavendelstängel in der Buchmitte, schob es dann wieder zurück an seinen Platz.
Er lief in sein Labor, holte sich einen Schlaftrank und einen Trank für traumloses Schlafen, ging wieder ins Schlafzimmer, entkorkte sie, schluckte den Inhalt und legte sich ins Bett.

*
Die Tage und Wochen vergingen, Severus hörte nichts von Hermine, es war, als wäre sie vom Erdboden verschluckt, aber er wollte sie auch nicht suchen. Sie wusste immer, was sie tat, auch wenn es für ihn eine wirklich traurige Entscheidung war. Er akzeptierte sie und würde vermutlich warten, bis sie sich melden würde.
Nach einigen Wochen fing McGonagall an nach bestimmten Utensilien zu fragen und je mehr Utensilien und auch Zutaten Minerva von Severus haben wollte, umso stärker setzte sich ein bestimmtes Bild zusammen.

Severus hielt die letzte Zutat bereit, wenn er recht mit seiner Vermutung hatte, dann würde sie genau nach dieser Zutat fragen.
Es klopfte wie bestellt an seiner Tür, „Herein", sagte er langgezogen und skeptisch.
Minerva erschien in der Tür, lächelte ihn an, wie immer, wenn sie etwas wollte.
„Severus, dürfte ich dich noch um etwas bitten?", fragte sie höflich.
Er hielt ihr die Zutat hin, „Totenkopfschwärmerkokon?", er musterte sie eindringlich.
„Als könntest du Gedanken lesen", gab McGonagall mit einem undefinierbaren Blick zurück.
„Ich zähle eins und eins zusammen", er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück, „Wem hilfst du ein Animagus zu werden?", er zog die Augen zu Schlitzen.
„Ich würde niemandem helfen ein unregistrierter Animagus zu werden Severus!", protestierte sie so überzeugend, dass er es fast glaubte, fast.
„Und wofür nutzt du meine ganzen Zutaten?", er konnte sich nicht vorstellen, dass es nicht für einen Animagus-Trank wäre.
McGonagall seufzte, „also schön... ich wollte es eigentlich nicht an die große Glocke hängen...ich habe eine alte Freundin, sie hat es im Leben nicht so gut getroffen wie mich... sie fragt mich ab und zu nach einigen Zutaten, die sie für Heiltränke bestimmter Erkrankungen benötigt und da sie nicht so viel Geld hat dachte ich, ich könnte einfach ein Paar Zutaten von Hogwarts abzwacken...", sie zuckte mit den Schultern, ihr Blick wirkte geknickt, es tat Severus beinahe schon leid sie gefragt zu haben.
„Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht...", sagte er leise, „Leider fehlen mir jetzt sehr viele teure Zutaten..", verkündete er.
„Geh in die Winkelgasse und besorg dir alle Zutaten, die du für deine Arbeit benötigst. Die Rechnung geht auf mich.", bot sie ihm zur Versöhnung an.
Severus Augen leuchteten leicht auf, „das Angebot lasse ich mir garantiert nicht entgehen.", er sprang vom Stuhl auf, warf sich seinen Umhang über, schob die Schulleitung aus seinen Räumen, die nun selbst ihren Weg durch den Kerker suchte und schnell auf eine der Treppen nach oben verschwand.

Er ging bis zu Appariergrenze, apparierte dann in die Winkelgasse und steuerte geradewegs zu der Apotheke, in der er immer alles besorgte.
Die Liste, die er dem Apotheker gab, war lang und nicht ganz günstig.
„Das kann ein wenig dauern, bis ich alles aufgetrieben habe Professor Snape... vielleicht können Sie so lange zu Flourish&Blotts, ich glaube sie haben gerade eine neue Auflage von Zaubertränke für Fortgeschrittene reinbekommen...", der alte Mann lächelte vorsichtig.
„Das ist eine gute Idee Mr Mullpepper", er nickte dem Apotheker zu, verließ dann den Laden und ging mit langen Schritten durch die Gasse mit den vielen bunten verschiedenen Zauberern und Hexen, viele drehten sich erstaunt um, andere nickten ihm freundlich zu und wieder andere flüsterten miteinander.
Severus war es gewohnt, das Gesprächsthema der Zauberer in seiner Umgebung zu sein, es prallte an seiner Schale ab, er musterte sie, diejenigen die sich ertappt fühlten wandten schnell den Blick ab und liefen davon.
Er betrat Flourish&Blotts, steuerte die Ecke mit den Zaubertrankbüchern an.
Mr Mullpepper hat nicht gelogen, dachte er schmunzelnd, die Neuauflage zog sein Interesse auf sich und nachdem er einige Seiten durchgeblättert hat, entschied er sich das Buch zu kaufen.
Als er an der Kasse stand fiel sein Blick auf ein komplett schwarzes Buch mit silberner Schrift auf dem Hardcover, ‚Von Lilien und Lavendel', am unteren Rand stand der Name des Autors ‚Jean Doe', er sah skeptisch auf das Buch, dann auf den bauchigen Mann hinter dem Tresen.
„Sie dürfen gerne reinschauen... es sind wunderschöne Zeichnungen", bot er an, während er das Zaubertränkebuch abkassierte.

Severus nahm sich ein Exemplar, der Einband fühlte sich wunderbar weich unter den Fingern an und das Silber der Schrift glitzerte, als er das Buch im Licht drehte.
Er schlug es auf, besah sich die Bilder in ihm, sie waren wirklich wunderschön.
„Seit wann führen Sie Kunstbücher?", fragte Severus den Mann, blätterte weiter.
„Das ist das erste Buch, welches wir aufgenommen haben, der Verleger war so überzeugt davon... wir haben in kürzester Zeit so viele verkauft... man hätte meinen können Gilderoy Lockhart hat ein neues Buch herausgebracht", er lachte leicht.
Severus verdrehte die Augen, Gilderoy Lockhart war nichts weiter als ein aufgeblasener Schwindler, jemand der sich mit den Geschichten anderer Menschen rühmte und sie um ihre Erinnerungen brachte, er schlug die Seite weiter, sah wieder auf das Buch und stoppte, schluckte, konnte seinen Augen kaum trauen.

Der Duft von Lavendel  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt