Kapitel 71: Bitte

1.4K 88 12
                                    


„Ich trenne privat grundsätzlich von geschäftlichem. Ich rede zu Ihnen als Privatmann, als Geschäftsmann würde ich Ihnen derartige Komplimente nicht machen", er lachte wieder, „das würde in der Tat nur zu Problemen führen."
Hermine lachte nervös, sie war auf der einen Seite ein wenig beruhigt, auf der anderen trotzdem sehr aufgeregt.
Er war noch einige Jahre älter als Severus, hatte vermutlich auch noch mehr Erfahrung in allerlei Bereichen, aber dieser Altersunterschied war doch ein wenig zu groß.
„Nehmen Sie mir das jetzt bitte nicht böse, Thomas... ich finde Sie sind ein wirklich attraktiver Mann, sehr freundlich und zuvorkommend, intelligent...", fing sie an.
„Aber", führte er fort und lachte.
„Aber ein wenig zu... reif?", sie sah ihn entschuldigend an.
Er lachte laut, was Kingsley und McGonagall aufblicken ließ, „Ich bin nicht so alt, wie Sie glauben", er strich sich den Anzug ein wenig zurecht, „aber ich akzeptiere Ihre Entscheidung. Falls Sie sich irgendwann mal umentscheiden, Sie wissen ja wo Sie mich finden können. Bis dahin bleiben wir einfach Geschäftspartner.", er legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter, hielt inne, sah sie wieder so musternd an. Ließ das Glas neben sich schweben und ergriff ihr Handgelenk, versuchte etwas zu erfühlen.

„Was ist?", fragte Hermine unsicher.
Seine Augen weiteten sich, er sah sich kurz um, zog sie dann hinter sich her und ging in eine abgelegene Ecke, in der sie niemand sah.
„Sagen Sie mir nicht, dass Sie vorhaben ein Animagus zu werden.", er tastete wieder an ihrem Handgelenk, seine Hand war warm und weich, man merkte, dass er eher wenig mit den Händen arbeitete.
„Wie kommen Sie denn darauf?", fragte sie abstreitend, legte ihre Hand auf seine und versuchte sie herunter zu schieben.
„Ich spüre den zweiten Herzschlag, ich habe schon viele Zauberer gesehen, die sich dieser Gefahr ausgesetzt haben... machen Sie das nicht. Bitte.", sein Blick war besorgt.
„Es ist meine Entscheidung!", sagte sie bestimmt.
„Sie treffen in letzter Zeit viele merkwürdige Entscheidungen, Kingsley wird Ihnen diese Idee austreiben.", er wollte an ihr vorbei, er konnte nicht zulassen, dass sie sich dieser Gefahr aussetzte.
Er wusste was passieren würde, wenn nur der kleinste Fehler während dieser Vorbereitungszeit passierte.
„Nein Thomas, bitte", sie packte sein Handgelenk und zog ihn zu sich herum, sah ihn flehend an.
„Hermine, glauben Sie mir, das kann wirklich schlimme Folgen haben.", er löste sich von ihr, wollte sich gerade umdrehen, als Hermine in einer Kurzschlussreaktion sich an seinen Anzug krallte, ihn zu sich drehte und ihre Lippen auf seine drückte. Er riss die Augen auf, legte seine Hände an ihre Schultern und drückte sich von sich weg.
Sie sah ihn panisch an, war immer noch an ihn gekrallt, sie verharrten beide in dieser Position, sahen sich gefühlte Stunden in die Augen.

„Hermine? Kingsley und ich würden auch gehen... die anderen haben sich schon verabschiedet.", informierte McGonagall sie, Hermine schüttelte langsam den Kopf, „bitte", flehte sie leise, er seufzte.
„Ja, vielen Dank fürs Kommen!", rief Hermine zurück, „Bis bald!"
Als die Tür ins Schloss fiel atmete sie erleichtert aus, ließ ihn los, hielt sich die Hand vor die Stirn und ging langsam ins Schlafzimmer.
Was hatte sie da angestellt? Sie konnte ihn dadurch abhalten ihr Geheimnis zu verraten, aber sie hatte ihn geküsst, auch wenn es kein wirklich richtiger Kuss war.
Er folgte ihr in einigem Abstand, „wollen Sie das in Ihrem Schlafzimmer fortführen?", fragte er leise, stellte sich nah hinter sie.
Sie drehte sich ruckartig um, „es tut mir so leid... ich wusste einfach nicht, wie ich Sie sonst davon abhalten sollte...", gestand sie ihm, sah ihn leidend an.
„Naja, wenigstens sind Sie ehrlich...", er lachte leicht, musterte sie wieder, „Ich kann sein wer Sie möchten..."
Sie sah ihn verwirrt an.

„Sagen Sie mir, wer ich sein soll...", forderte er leise.
Sie verstand nicht, was er meinte, sagte einfach gar nichts.
Er veränderte sein Aussehen, die braunen kurzen Haare mit den graumelierten Seiten verwandelten sich recht schnell in lange schwarze, das Gesicht von Mr Neuster formte sich immer weiter in das von Severus, Hermine kam gar nicht mehr aus dem Staunen raus, mit offenem Mund starrte sie ihn an.
„Sie... sind ein Metamorphmagus?", hauchte sie, schüttelte perplex den Kopf.
Er nickte, lächelte sie mit Severus Gesicht an, Hermine verlor sich in seiner Erscheinung, in den obsidian-schwarzen Augen, den schön geschwungenen Lippen, seiner ganzen Ausstrahlung.
„Hermine", selbst die Stimme war Severus dunkler Bariton.
Sie schloss die Augen und lächelte, er strich sanft über ihre Wange, sie sah ihn an, ging auf ihn zu, vergrub eine Hand in seinen Haaren und drückte ihn zu sich. Er legte seine Lippen auf ihre, küsste sie, sanft und wollend. Hermine erwiderte den Kuss, sie hatte ihn so vermisst, hatte seine Berührungen vermisst.
„Du hast mir so gefehlt", nuschelte sie, löste sich von ihm und umarmte ihn, nahm einen tiefen Atemzug, als ihr etwas auffiel.
Irgendetwas war anders, irgendetwas fehlte.
Der Kräuterduft, warf ihre Stimme ein, sein Duft fehlt..., sie löste sich, Tränen schoben sich in ihre Augen, für einen kurzen Moment war sie so glücklich wie früher, bei ihm, in seinen Armen, an seinen Lippen.
„Auch wenn Sie so aussehen... Sie sind es nicht.", sie streichelte über seine Wange, er formte sich langsam zurück, sah sie mitleidig an.
„Es tut mir leid", kam es leise von ihm.
„Ihnen muss nichts leidtun... es ist meine Schuld.", sie schob sich an ihm vorbei, lief ins Wohnzimmer.

„Sie empfinden sehr viel für ihn... wenn das eine Schuld ist, dann sind wir alle irgendwie schuldig.", er sah sie gütig an, richtete seine Krawatte.
„Vielleicht sollte ich nicht so viel für ihn empfinden... es ist nicht gut, es bringt nichts und führt zu nichts.", sie sah wieder aus dem Fenster, versuchte sich zu beruhigen.
„Gegen Gefühle kann man sich nicht wehren, egal wie stark man ist... das ist einfach nicht möglich und das kann man Ihnen auch nicht zur Last legen."
Hermine drehte sich zu ihm, seufzte auf und strich sich über das Gesicht.
„Ich bin mir sicher, dass sich Ihre Wege irgendwann wieder kreuzen", er lächelte sie an, er strahlte so eine Gewissheit aus, als hätte er die Zukunft bereits gesehen.
„Es tut mir leid, dass ich Sie geküsst habe", meinte sie leise, sah schuldig auf den Boden, er ging zu ihr, strich ihr über die Schulter.
„Mir nicht... es war.. sehr schön", er lachte, kniff ihr sanft in die Wange und suchte ihren Blick, „Ich freue mich für Severus... er hat es verdient glücklich zu sein, nach allem."
Sie dachte über seine Worte nach, sagte nichts, zu groß war die Scham und die wiedergekommene Verwirrung.
„Legen Sie sich ins Bett, lassen Sie Ihren Geist seine eigenen Schlüsse ziehen... und konzentrieren Sie sich auf ihre Animagus-Verwandlung. Ich möchte nicht auf Sie verzichten in Zukunft", er sah sie ernst an, „ich finde den Weg alleine raus. Gute Nacht.", gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange und verließ dann ohne ein weiteres Wort das Loft.

Hermine ging ins Badezimmer, zog sich aus, machte sich frisch, zog sich ihren Pyjama an, band sich die Locken zu einem Zopf und ging nachdenklich wieder zurück in ihr Schlafzimmer. Sie nahm ihren Zauberstab, berührte ihr Herz und sprach deutlich, „Amato, Animo, Animato, Animagus", wie jeden Morgen und Abend.
Mit jedem weiteren Mal, bei dem sie die Formel sprach, spürte sie den Herzschlag fester werden, zwei Herzen in einer Brust, die langsam, aber sicher im Einklang miteinander schlugen.
Es würde nicht mehr lange dauern, bald wäre sie soweit und könnte als Tier durch die Welt streifen, nicht vorzustellen, welche Einblicke ihr diese neue Sicht bieten würde.
Welche Geheimnisse die Natur ihr zu Teil werden lassen würde. Sie freute sich, war aber auch ein wenig nervös, sie hoffte, dass sie alles richtig gebraut und vorbereitet hatte, ansonsten würden wirklich böse Konsequenzen auf sie zukommen.
Aber daran wollte sie nicht denken, sie würde in der kommenden Zeit sowieso noch nervöser werden, deswegen versuchte sie einfach die Gedanken abzuschalten.
Sie verbannte alle Gedanken aus ihrem Kopf, konzentrierte sich auf den Herzschlag, der merklich langsamer wurde und auf eine tiefe Atmung. Auf das Gefühl ihres Brustkorbs und des Zwerchfells, das Füllen der Lunge mit Luft, die völlig Entspannung, die sich langsam auf ihre Körper legte.

Der Schleier der Traumwelt legte sich sanft auf sie, ließ ihre Augen schwer werden, verschweißte sie mit den Lidern, ihre Arme waren schwer wie Blei, lagen rechts und links neben ihrem Körper, der immer weiter in die Schwere glitt.
Alles war ruhig.
Alles war friedlich.

Der Duft von Lavendel  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt