00 'Vorspiel

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Blaine'
Es ist laut. Der Geruch von kaltem Rauch, altem Schweiß und frischer Kotze steigt mir in die Nase. Dieser abartige Gestank ist viel zu vertraut, doch ich sauge ihn genüsslich ein.
Nur so kann ich mir sicher sein, dass ich noch am Leben und nicht ganz am Abgrund der Verkommenheit angelangt bin.

Die Vibration des Basses zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Für viele ist diese Art von Lärm wohl ohrenbetäubend, doch ich lasse sie auf mich wirken. Entspannt lehne ich mich gegen das kalte Leder der Couch, auf der ich sitze. Meinen Blick lasse ich langsam durch die tanzende Meute schweifen, doch nichts in der Masse spricht mich wirklich an. Enttäuscht ziehe ich an meiner Zigarette und widme mich überbrückend meinem Gesprächspartner.

»Kann man euch was Gutes tun, Jungs?«
Stört uns plötzlich eine Blondine mit viel zu dünnen Beinen. Kurz mustere ich sie von oben bis unten, setze mein allerliebstes Lächeln auf und antworte:
»Ja, du kannst deinen knochigen Hintern mal zur Seite schieben und 'nen Abgang machen.«

Empört stößt sie die Luft aus, folgt dann jedoch meiner Bitte. Es kann so unkompliziert sein, wenn man zuckersüß ist.

Während sich das Blondchen beleidigt aus dem Staub macht, fällt mir auf, dass mein Gesprächspartner gebannt in eine Richtung schaut. Ich folge seinem Blick und lande bei einer jungen Frau mit braunen langen Haaren, die lockig an ihrem Rücken entlang wippen.
Lasziv lässt sie ihr Becken kreisen, was ihren Arsch in der Lederleggings noch mehr zur Geltung bringt. Grinsend drücke ich meine Zigarette im Aschenbecher aus.

»Geiles Teil oder?«
Mein Gegenüber zieht beide Augenbrauen nach oben, was ich nur mit einem Nicken bestätige. Ein verdammt geiles Teil sogar.

Kurzerhand leere ich mein Whiskyglas, um mich anschließend auf den Weg zur Bar zu machen. Mit einem breiten Grinsen zwinkert mir der Zurückbleibende zu, ehe er sich den nächsten Drink bestellt.

Mein Blick fällt wieder auf mein eigentliches Ziel, welches sich nun angeregt mit einer anderen Brünetten unterhält. Ebenfalls sehr ansprechend, aber nicht mein Typ.
Sie fasst mich ins Auge, als ich mich wenige Meter von den Beiden entfernt, an der Bar niederlasse.

Nachdem sie meinen Blick bemerkt, spricht sie kurz zu der schönen Langhaarigen.
Während ich beide interessiert beobachte, sieht dann auch die Kleine mit dem geilen Hintern zu mir rüber. Lächelnd streicht sie sich eine Strähne hinters Ohr und tanzt lasziv weiter, ohne die Augen von mir abzuwenden.
Ich hab' sie am Haken.

Als ich mich aufrichte, spricht sie zu der Anderen, wendet sich mit einem letzten Lächeln ab und verschwindet Richtung Ausgang. Ich folge ihr bis vor die Tür, packe sie am Handgelenk und reiße sie zu mir herum.
»Schön hier bleiben«, sage ich amüsiert und drücke sie dabei unsanft gegen das Mauerwerk des Clubs.

Ihre Augen blitzen auf, dann entgegnet sie mit einem Schmunzeln:
»Hab' dich gar nicht so brachial eingeschätzt. Ich dachte, du wärst wenigstens etwas wortgewandter.«
»Und ich hätte nicht gedacht, dass du Interesse an Smalltalk hast. Sahst eigentlich ziemlich unkompliziert aus.«

Sie fängt an zulachen und schüttelt den Kopf, als hätte ich etwas unglaublich Absurdes gesagt.
»Ihr Typen glaubt echt, dass ihr verdammte Götter seid oder? Ein Mädchen dreckig anstarren, hart anpacken und dann ab in die Kiste. Aber so läuft das nicht.«
Nicht leicht rumzukriegen. In der Regel gefällt mir das, aber im Moment habe ich absolut kein Interesse an einer komplizierten Nummer.

»Da verpasst du was, Kleine. Vielleicht findest du ja jemanden, der sich dazu erbarmt, eine Stunde lang Smalltalk mit dir zuführen, bevor er dich flachlegt und sich anschließend wortlos wieder verpisst. Letzten Endes bleibst du doch nur ein billiges Flittchen.«
Mit diesen Worten löse ich mich von ihr und öffne die schwere Metalltür durch die wir vor wenigen Minuten gekommen sind.

»Du solltest dir besser die Zähne putzen. Da kleben noch Reste von deinem letzten One-Night-Stand.«
Kontert sie meine kleine Ansprache, indem sie gleichzeitig beherzt den Mittelfinger hochhält und mir zuzwinkert. Dass sie nun schon die Zweite ist, die mir heute Abend zuzwinkert, macht mich wütend. Ich hasse es.

Genervt betrete ich den Club und lasse das kleine Miststück hinter mir. Jedenfalls vorerst. Man sieht sich mindestens zweimal im Leben.

Jeanne'
Ich zünde mir eine Zigarette an und lasse mir die Begegnung mit dem dunkelhaarigen Vollidioten nochmal durch den Kopf gehen.
Eigentlich war er verdammt heiß. Nur leider segelt sein kleines Schiff auf einem so geringem Meeresspiegel, dass ich es mit meinem Intellekt wie ein Tsunami überrollen würde.
Schlussendlich habe ich mich mal wieder nur auf diese kleine Auseinandersetzung eingelassen, weil mich eine unglaubliche Schwäche für blonde und dunkelhaarige, schwer zu handhabende Arschlöcher plagt. Es ist immer das Selbe.

Die Augen geschlossen, aber etwas entspannter atme ich den Rauch aus und lasse die Zigarette auf den Boden fallen. Dann mache ich mich auf den Weg zurück in den Club, um meine Freundin zu holen. Eigentlich wollten wir ja sowieso nach Hause fahren und den Abend beenden. Diesmal jedoch beide allein und unversehrt.

...

In meiner kleinen Wohnung angekommen, lasse ich mich ins Bett fallen. Als ich den Fernseher anschalte, berichtet die Nachrichtensprecherin von erneuten Einbrüchen.

Raubüberfälle mit anschließendem Totschlag sind aktuell Dauerthema in der deutschen Medienbranche und wenn ich ehrlich bin, nervt mich diese ganze Panikmacherei. Mit jedem Tag werden mehr Leute getötet, doch die Ursache dahinter wird nicht kommuniziert.

Mittlerweile muss man ja schon Angst haben, wenn jemand hinter einem läuft.
Könnte ja schließlich ein potenzieller Totschläger sein. Und während alle Angst um ihr Leben haben, steigt die Unzufriedenheit der Bevölkerung ins Unermessliche. 

Genervt stoße ich die Luft aus und drücke den kleinen roten Knopf auf der Fernbedienung.
Immer wieder rolle ich mich von links nach rechts, jedoch ohne den erhofften Erfolg des schläfrig Werdens.

Vielleicht hätte ich dem Idioten doch eine kleine Chance geben sollen. Nur so für zwei Stunden. Seine stechend blauen Augen wären es sicher wert gewesen.

INSANITY - Dark MindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt