Wie man sich Freunde sucht

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Ein dunkler Schleier legte sich auf meine Augen. Kurz bekam ich es mit der Angst zu tun, könnte ich doch vielleicht blind werden, wenn ich was falsch gemacht hatte. So kniff ich meine Lider fest zusammen und stütze mich am Waschbecken ab, während meine Haut um meine Augen zu brennen begann. Ich musste mich stark zurückhalten, nicht alles wieder rückgängig zu machen, doch da war es wieder vorbei. Eine heiße Träne lief mir über die Wangen und landete am feuchten Steinboden.

Schnell riss ich die Lider auf und starrte mich an. Meine langen dunklen Wimpern, die dünnen schwarzen Augenbrauen, dann die tiefschwarzen Augen.

Erschrocken taumelte ich zurück. Musste aufpassen, nicht zu stolpern, als ich noch einmal einen Blick in den Spiegel wagte.

Ich griff mir an die Brust, spürte das Herz laut schlagen und ging wieder näher ans Glas heran. Ich sah Vater wirklich ähnlich. Schon fast zu ähnlich.

Von jeder Seite wurde ich blöd angeschaut. Jeder der mich kannte - und das taten überraschend viele - glotze mir ins Gesicht. Auf dem Flur im 1.Stockwerk sah ich sogar, wie zwei Gryffindor-Drittklässler ihre Köpfe zusammensteckten und zu mir zeigten. Sah ich wirklich so verändert aus? Fiel es so stark auf?

Mit erhobenem Kopf und gestrafften Schultern marschierte ich zu meinem Platz am langen Esstisch. Erst als ich den stechenden Blick von Professor Dumbledore auf mir spürte, wagte ich einen Blick zum Lehrertisch.

Der Schulleiter saß vor einem Spiegelei und baute Augenkontakt mit mir auf. Kurz hatte ich angst, er könnte vielleicht Legilimentik benutzen, in meine Gedanken schauen, aber das würde er sich bestimmt nicht erlauben. Eine seiner weißen Augenbrauen hob sich leicht, sein Blick blieb aber immer noch gleich freundlich wie immer.

Bestimmt würde er Emm einen Brief per Eule schicken. Hinter dieser freundlichen Fassade verbarg sich bestimmt dieses Monster, welches mit schuld daran war, dass ich jetzt nicht bei meinen Eltern war ... irgendwie.

Schnell wandte ich mich ab und nahm Platz. Meine Klassenkollegen waren alle noch nicht da.

Noch bevor Hermine im Schlepptau mit Ronald und Harry hereinspaziert kam, war ich schon in Hogwarts Schulbibliothek. Ich borgte mir ein Buch über Zauber, die das Aussehen veränderten aus und kassierte dafür einen fragenden Blick von Mrs. Pince.

Langsam fragte ich mich echt, ob sich das alles wirklich auszahlte? Sollte ich nicht doch lieber meine Augen weiter im hellen Grün funkeln lassen?
Kopfschütteln lief ich zum Unterricht. So leicht würde ich nicht aufgeben.

Dass mich Hermines Blicke störten, war schon schlimm genug, dass sie mich aber extra nach dem Unterricht aufhielt, regte mich so stark auf, dass ich schon in Gedanken dabei war, ‚Schlammblut' zu zischen. Obwohl ich mich immer noch hütete, länger darüber nachzudenken, ob sie nun eines war, oder nicht. Vieles sprach leider - zum Glück, oder was auch immer - dafür.

„Was ist mit deinen Augen passiert, Alecto?" Schnell schaute ich mich um, hoffte, Hermine würde den Wink verstehen und nach draußen gehen. Tat sie nicht.
„Ich mag sie so", seufzte ich und starrte hinter sie.

„Warum?", verstand Hermine nicht und bohrte noch weiter nach, was mich instinktiv die Augen verdrehen ließ. Sie war manchmal echt okay - wenn es um Bücher ging - aber dass sie so eine verdammte Besserwisserin sein musste, war echt nicht zum Aushalten. „Ich mochte deine grünen Augen. Die waren echt hübsch. Hast du sie mit einem Zauber gefärbt, oder eine Muggel-Kontaktlinse benutzt? Ich hoffe doch, Letzteres. Ersteres kann wirklich gefährlich werden."

Die Wut züngelte in mir auf, ich war heute aber auch echt empfindlich. Was erlaubte sich diese Gryffindor eigentlich? Mir irgendwelche Vorschriften zu machen und mir dann auch noch zu unterstellen, ich würde Muggeldinge benutzen, ging echt zu weit!

Trotzdem musste ich mich jetzt irgendwie wieder beruhigen und ihr freundlich antworten, denn anders wäre sie mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nachher nicht mehr bereit, mich irgendwie mit Harry Potter bekannt zu machen.

„Ich", langsam atmete ich aus, „habe sie mit einem Zauber gefärbt, weil ich mich so wohler fühle."

Hermine stellte diese Antwort scheinbar bis auf Weiteres zufrieden, denn sie nickte langsam und ging dann schlurfend hinaus. Stumm liefen wir nebeneinander her und schauten uns gegenseitig auf die Schuhe. Ich wusste genau, dass das Mädchen jetzt viel lieber bei Harry und Ron gewesen wäre, doch sie sagte nichts, und ich tat es ganz bestimmt auch nicht.

Den restlichen Tag versuchte mich Hermine höflich abzuwimmeln. Ich konnte es ihr nicht wirklich übel nehmen, eigentlich war es ja meine Schuld.

So schlurfte ich wie Tage zuvor versucht-unsichtbar hinter Hermine, Harry und Ronald her und schaute schnell in ein Buch, wenn einer der Drei zu mir hinüber lugte. Was die von mir denken mussten ...

Nachdem mir alles am Abend des fünften Tages zu blöd wurde - bisher hatte ich jedoch zumindest mit Hermine über Lockhart geredet, der wirklich süß war, aber etwas ... nun ja, dämlich rüber kam - legte ich mich mit meinem Skizzenbuch auf das Bett und begann mir darüber Gedanken zu machen, wie man Freundschaft mit drei ziemlich verrückten Gryffindors schließen konnte.

Nach ein paar Minuten an die Decke schauen, wurde mir aber gleich klar, dass ich verdammt schlecht darin war. Alles was mit „reden, um sich näher kennenzulernen" und „lieb lächeln" zu tun hatte, kam schon einmal nicht infrage.

Auch wenn ich es wollen würde, ich würde es nicht schaffen. Mir verrutschte immer wieder mein Lächeln, mir fielen so gut wie nie nette Worte ein und zusätzlich kratzte der Stolz des Reinbluts in mir, wenn ich mich auf Augenhöhe mit den Dreien begab.

Seufzend klappte ich den immer noch leeren Block zu und richtete meinen Polster unter mir zurecht. Also musste ich doch zu Plan B greifen, seufzte ich innerlich.

Aber ob es viel besser klappen würde, sie auf mich aufmerksam zu machen, indem ich auf überlegen und total begabt machte? Waren die Gryffindors eine Art Mensch, die darauf anspringen würde?

Fieberhaft überlegend lag ich im Bett und schlief so lange nicht ein, dass ich sogar noch Hermine ins Zimmer hineinschlüpfen hörte und noch später leise „Nox" flüstern vernahm. Ihr ruhiger Atem gemischt mit Lavenders leicht fiependem und Parvatis leisem Schnarchen, wiegte mich langsam in eine ruhige Watteschicht, die Geborgenheit und Wärme ausstrahlte.

Irgendwie fühlte ich mich in diesem Moment wie zuhause. Irgendwie erkannte ich in dem Moment, dass ich genau so wie es jetzt gerade war ziemlich glücklich war. Dass ich lange nicht mehr geweint hatte, dass ich Plan B aufgreifen werden würde.

Die Tochter des dunklen Lords (Harry Potter Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt