Kapitel 81: Unmögliches möglich machen

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Die Sonne zog schnell über die Wipfel der bunten Bäume und weckte Hermine, sie hatte als Adler auf dem Baum gesessen, die flauschigen Federn hatten sie gut gewärmt.
Sie hörte ein Rascheln im Zelt, etwas regte sich, zuerst sie sah nur einen schwarzen Haarschopf, der erstaunlich langsam aus dem Zelt drang.
Hermine dachte, dass er wohl immer noch Schmerzen hatte, aber einfach zu stolz war einen Trank zu nehmen. Er richtete sich langsam auf, das Gesicht immer noch sehr blass, mit dunklen Schatten unter den Augen. Er wirkte insgesamt eher kränklich, was natürlich an dem Gift lag, was seinen Körper durchzogen hatte.

Er sah sich um, dieser Ort war von einer besonderen Magie umgeben, das spürte er.
Die Bäume waren mit gelb-orangenen Blättern bestückt, der See vor ihm war klar und hellblau, das Ufer von Kies gesäumt, aber es sah so aus, als würde es im Wasser in Sand umschwenken.
An was für einen Ort hatte ihn diese kleine Hexe gebracht? War er noch in England?
Severus konnte es sich beinahe nicht vorstellen.
Seine Augen flogen über die Umgebung, fanden schließlich den schwarzen Adler, der auf dem Ast saß und ihn beobachtete.
„Morgen", raunte er dunkel zu ihr und nickte.
Sie gab einen kleinen Laut zurück, es hörte sich immer noch ein wenig beleidigt an, was er ihr nicht verübeln konnte.
Er war gestern nicht Herr seiner Emotionen gewesen.
„Können wir reden?", fragte er den Vogel, er kam sich ein wenig dumm dabei vor und noch dümmer, als sie ihn einfach ignorierte und eine andere Richtung sah.
„Das heißt wohl nein...", flüsterte er dunkel.

Eine helle Lichtgestalt lief durch die Bäume zu ihnen, Hermine erkannte schneller Severus, dass es ein Patronus war, ein Wolf, um genau zu sein.
Sie flog vom Baum, manifestierte sich kurz bevor sie den Boden berührte wieder zu Hermine und wartete bis der Wolf zu ihnen gerannt kam, Severus war still und heimlich begeistert von ihren Verwandlungskünsten, hielt sich aber zurück.
„Das ist Remus' Patronus", stellte Severus dunkel fest, musterte ihn.
„Er lebt", flüsterte Hermine erleichtert, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Hermine", sie hörte seine Stimme, er hörte sich gut an, offenbar war alles gut gegangen, „egal wo du bist, ich hoffe es geht dir gut. Harry, Ron und du ihr habt es geschafft. Voldemort ist tot, alle anderen Todesser wurden nach Askaban abgeführt. Tonks und Fred leben... genau wie alle anderen.", sie hörte das Glück in seiner Stimme, „Ich hoffe du hast geschafft Severus zu retten... Hogwarts feiert ihn bereits als Held... komm zurück, wenn deine Zeit da ist.", damit endete die Nachricht und der Patronus löste sich auf.
Sie war unsagbar glücklich über Remus Worte, sie hatte nicht nur Severus gerettet, sondern auch Fred, Tonks und Remus. Sie konnte die Tränen der Erleichterung nicht länger zurückhalten und ließ ihren Emotionen freien Lauf.
Severus starrte zu Hermine, er war überfordert und nicht besonders gut im Trösten.
„Miss Granger... es ist doch alles geschafft... Sie müssen nicht weinen", versuchte er sie ungeschickt vom Weinen abzuhalten.
„Halten Sie einfach die Klappe", schluchzte sie, ließ ihn stehen und lief in den Wald, sie musste für sich sein.
Ihr Severus hätte sie in die Arme genommen, hätte sie getröstet, sie gehalten und geküsst. Aber für jetzt musste sie mit ihren Gefühlen allein klarkommen, von ihm konnte sie nicht viel erwarten.

Severus sah ihr perplex nach, er verstand so langsam gar nichts mehr. Remus kryptische Nachricht, Grangers Reaktion, was ging hier vor sich?
Er wollte ihr nicht hinterherlaufen, er hatte im Moment sowieso nicht genug Kraft dafür und er vermutete, dass sie einfach ein wenig Zeit für sich brauchte.
Severus ging langsam zu einem Baumstumpf, setzte sich unter leichten Schmerzen auf den Stumpf, ließ den Blick über den See gleiten.
Es war wirklich wunderschön hier, ruhig und friedlich, fern von nervenden Schülern, grausamen Todessern und dem bevorstehenden Tod. Es gefiel ihm hier deutlich besser.
Er konnte sich sogar vorstellen, hier für immer zu bleiben und nie mehr nach Hogwarts zurück zu kehren.

Als die Sonne in ihrer vollen Pracht am Himmel stand kam Hermine langsam zurück, ihre Augen waren rot und leicht geschwollen, sie sah auf den Boden vor ihr, vermied es Severus anzusehen, er seinerseits musterte sie.
Sie sah irgendwie anders aus, erwachsener als in der Hütte.
Sie putzte sich die Nase kurz bevor sie am Zelt ankam, sah ihn dann vorsichtig an, ihr Blick wirkte betrübt, „haben Sie noch Schmerzen?", fragte sie leise.
„Das soll nicht Ihre Sorge sein", gab er schnippisch zurück, was ihm direkt danach schon leidtat.
„Ist es aber", sagte sie ebenso schnippisch.
„Ich habe Sie nicht darum gebeten.", er zog die Augen zu Schlitzen zusammen.
„Wären Sie lieber in dem einsamen Bootshaus elendig verreckt? So ganz allein? Mit den ganzen traurigen Erinnerungen aus Ihrem Leben? Ein letztes Mal in die grünen Augen von Lily gesehen zu haben?", sie sah ihn verächtlich an.
„Sie haben keine Ahnung von meinem Leben."
„Ich weiß mehr als Sie denken!", sagte sie leise.
„Das glaube ich kaum.", er lächelte wieder süffisant, seine Oberlippe kräuselte sich.
„Glauben Sie was Sie wollen. Ich kenne die Wahrheit...", sie schüttelte wieder den Kopf.
„Woher wollen Sie das alles wissen?", fragte er skeptisch, er konnte ihr einfach nicht glauben.
„Sie haben es mir erzählt... oder viel mehr... Sie werden es mir erzählen.", gab sie ehrlich zu, sie wusste, dass sowohl Severus als auch Professor Snape Ehrlichkeit schätzten.
„Ich werde es Ihnen erzählen...", er schüttelte den Kopf, „Ihre Erzählungen klingen so abenteuerlich wie die Märchen von Beedle dem Barden."
„Weniger ein Märchen, als eine Zeitreise", sagte sie leise, wandte sich dann ab und ging langsam zum See, hockte sich hin und hielt die Hand in das warme Wasser.
Sie erinnerte sich an die Stunden mit ihrem Severus im See, Wehmut kam auf, sie musste ein Jahr auf ihn verzichten, hatte quasi sieben Monate Zeit Professor Snape zu Severus zu formen und das alleine nur mit Freundlichkeit, Fürsorge, Akzeptanz und Vertrauen.
Das wird eine harte Reise..., sie schüttelte den Kopf, verfluchte sich innerlich für ihren Plan, der so unüberlegt und hektisch erstellt worden war, dass sie 90% davon nicht bedacht hatte.

Severus dachte über ihre Worte nach, eine Zeitreise, sie konnte keine Zeitreise gemacht haben, außer sie hätte den Zeitumkehrer benutzt, warf seine innere Stimme ein, er schluckte.
Das Risiko wäre viel zu groß gewesen, zumal sie sich dann langsam wieder zu ihrem Ausgangspunkt hätte begeben müssen.
Er stand auf, ging ihr nach, er musste einfach die Wahrheit wissen, „Wie weit sind Sie in die Vergangenheit gereist?"
Sie sagte nichts, er würde ihr vermutlich sowieso nicht glauben.
„Miss Granger", er beugte sich zu ihr und keuchte, Hermine drehte sich panisch um, sprang auf und stützte ihn, brachte ihn vorsichtig zurück zum Zelt.
„Ruhen Sie sich aus.", forderte sie sanft, zog Schmerz und Aufpäppeltrank aus der Tasche und drückte sie ihm in die Hand.
„Wie weit?", fragte er rau, schluckte die helfende Medizin.
Sie musterte ihn, senkte dann den Blick, „ein Jahr", ihre Stimme war leise.
„Das ist nicht möglich", sagte er schnell, schüttelte aufgebracht den Kopf.
„Ich lüge nicht", sie zog den kaputten Zeitumkehrer unter ihrem Oberteil hervor und hielt ihm die Überreste hin, „in einem Jahr werden Sie mich gerettet haben... dabei werden Sie verletzt. An diesem Morgen werde ich die Entscheidung treffen ein Jahr zurück zu reisen, um Sie zu retten."
„Warum?", war alles was er fragen konnte.
„Kommt Zeit, kommt Rat... Sie werden es bald wissen.", sie lächelte schief, verließ dann wieder das Zelt, „Ruhen Sie sich aus", wiederholte sie nochmal, setzte sich dann an das Seeufer und hing ihren Gedanken nach.
Severus wurde von Müdigkeit empfangen, er musste zugeben, dass Schlafen die beste Medizin war und gab sich ihr hin.

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