Kapitel 82: Verteidigung

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Eine weitere Weile verging, Hermine saß fast schon regungslos an dem See, die Farbe des Wassers zog sie in einen Bann, nach einer gefühlten Ewigkeit stand sie auf, befreite sich schnell von ihrer Kleidung und lief langsam ins Wasser.
Sie lächelte leicht, als sie merkte wie warm es war. Als sie bis zur Hälfte im Wasser stand nahm sie einen tiefen Atemzug und tauchte unter, sie schwamm mit kräftigen Zügen bis zur Mitte des Sees, tauchte auf und füllte ihre Lungen mit frischer Luft, strich die nassen Haare zurück.
Es war so ruhig und friedlich im Wasser, Hermine ließ sich los, ihr Körper trieb entspannt an der Wasseroberfläche, der Gehörgang unter Wasser, sie starrte nach oben in den Himmel, fühlte das Wasser zwischen ihren Fingern und die weiterziehende Sonne auf ihrer Haut.
Aus dem Augenwinkel sah sie eine Bewegung am Zelt, Severus versuchte so elegant wie möglich aus dem Unterschlupf zu laufen, Hermine sah auf. Er hielt abrupt inne als er sie im See treiben sah, musterte die Kleidung am Ufer.
„Geht es Ihnen besser?", fragte sie laut, schwamm langsam zum Ufer.
„Es geht...", er nickte, sie machte sich wirklich Sorgen, er wusste nur noch nicht genau, warum, „Kriege ich meinen Zauberstab wieder?", fragte er versucht freundlich.
Sie seufzte leise, lief aus dem Wasser als sie weit genug ans Ufer geschwommen war.
„Miss Granger", sagte er aufgebracht, drehte sich dann zur Seite, um sie nicht völlig nackt zu sehen.
„Als hätten Sie noch nie eine Frau nackt gesehen", sie schüttelte den Kopf, musste fast schon schmunzeln.
„Keine Schülerin", giftete er zurück, drehte sich noch weiter um.
„Ich weiß", sie zauberte sich ein Handtuch und wickelte es sich um den Körper, „Sie können sich wieder umdrehen..."

„Immer diese Sachen, die Sie wissen wollen", er schüttelte immer noch erbost den Kopf, drehte sich nur langsam und musterte vorsichtig ihren Körper.
„Sie müssen mir etwas versprechen", sagte Hermine, wrang ihre Haare aus.
„Ich verspreche nie etwas", gab er kalt zurück.
„Können Sie aufhören so zu sein? Der Krieg ist vorbei, Sie müssen mir nichts vorspielen...", forderte sie genervt.
„Ich spiele Ihnen nichts vor. Glauben Sie es macht mir Spaß von einer Gryffindor gefangen gehalten zu werden?", er baute sich vor ihr auf.
„Gefangen", sie lachte laut, „Sie sind einer der mächtigsten Zauberer, die ich kenne und ausgerechnet ich halte Sie gefangen... bei allem Respekt, Sir... das wird Ihnen niemand glauben.", sie schüttelte lachend den Kopf.
Er zog die Augen zu Schlitzen und sah sie böse an, „Sie enthalten mir meinen Zauberstab vor"
„Ich habe Ihren Zauberstab nicht... ich hatte ihn nie. Er liegt im Zelt.", sie zuckte mit den Schultern, Severus Blick war skeptisch, er drehte sich so schnell es ihm möglich war um und stürmte zurück, durchsuchte das Zelt und fand ihn tatsächlich nach recht kurzer Zeit.
„Niemand darf Sie sehen. Die Welt denkt Sie wären tot, nur Remus weiß oder vermutet, dass Sie leben. Sie können jetzt noch nicht zurück.", bat sie ihn ernst, musterte sein Gesicht als er mit seinem Zauberstab in der Hand zurückkam, sie hatte sich in der Zwischenzeit die Kleidung wieder an den Körper gezaubert.
„Und wie lange sollen wir Ihrer Meinung nach hier bleiben?", fragte er genervt.
„Sie dürfen erst Ende November zurück nach London.", sagte sie leise.
„Wie bitte? Ich soll noch mehr als sechs Monate hier verbringen? Womöglich noch mit Ihnen?!", er schüttelte den Kopf, schnaubte und tigerte mit schmerzerfüllter Miene umher.
„Ob ich hier bleiben soll entscheiden Sie... wenn Sie allein sein wollen, dann werde ich gehen. Aber Sie dürfen nicht auf der Bildfläche erscheinen. Sie würden alles verändern.", Tränen schoben sich in ihre Augen, sie hatte Angst, dass es niemals zu dieser Verbindung mit ihm kommen würde, wenn er jetzt Hals über Kopf in die Welt der Zauberer zurückkehrte.
Er knurrte und nuschelte, strich sich über die Augen, er wirkte sehr angespannt, viel mehr zum Zerreißen gespannt, ballte seine Hände zu Fäusten.
„Ich zeige Ihnen alles, wenn Sie wieder ganz gesund sind. Ich verspreche es!", sie hoffte ihn so davon zu überzeugen nicht alles über den Haufen zu werfen.

Er stoppte, drehte sich zu ihr, sah sie fast schon angewidert an, „Ich kann auf Ihre Versprechen verzichten, auf Ihre Erklärungen. Sie haben unwiderrufbar in den Lauf der Dinge eingegriffen, offenbar ohne sich vorher damit auseinander gesetzt zu haben.", er sprach dunkel und langsam, sie spürte die Wut und den Hass in seiner Stimme, „Sie zwingen mich sechs Monate an einem gottverlassenen Ort zu verweilen und als wäre das nicht schon schlimm genug, nein, ich muss Ihre Gesellschaft zusätzlich ertragen. Ihre ganze... Präsenz... Ihre Stimme, Ihre nervigen, besserwisserischen Forderungen. Ich hatte gehofft ich würde Sie nie wieder sehen in meinem Leben. Und dann tauchen Sie plötzlich dort auf, vor der Hütte, mit irgendeinem Gegengift aus der Zukunft, retten mir das Leben und bringen mich an diesen Ort. Soll ich Ihnen etwas sagen, Miss Granger?", sein Blick bohrte sich in ihren, sie sah ihn traurig an, „Ich wäre lieber gestorben, als das hier...", er gestikulierte wild.

Es war für Hermine wie ein Schlag in den Magen, was war nur mit ihm los, dass er so hasserfüllt war? Und wie konnte er sich in den nächsten sechs Monaten so verändern, dass sich Hermine auf ihn eingelassen hatte. Sie hatte das Gefühl vor einer unschaffbaren Aufgabe zu stehen, beinahe unmöglicher als das Auffinden und Zerstören der Horkruxe.
Sie sah ihn traurig und vor allem enttäuscht an, senkte dann den Blick und ging ohne ein weiteres Wort zu sagen in das Zelt, sie konnte einfach nicht glauben, was er da sagte.
Er wäre lieber gestorben als mit ihr an einem Ort zu sein?
War er einfach nur sauer, dass sie recht hatte oder hatte er in der Situation immer so gedacht?
Sie legte sich auf die Seite, sie hatte keine Lust mehr durch die Natur zu laufen, auf einem Baum zu sitzen. Jetzt war sie dran im Zelt zu sein, offenbar hatte er ja genug Kraft gesammelt, dann könnte er auch draußen sitzen.
Sie hörte ihn eine ganze Zeit lang nicht, hatte schon fast geglaubt er wäre disappariert, hörte dann aber schnelle Schritte auf dem Kies.
Den Schritten zu urteilen, lief er umher, was für Severus immer bedeutete, dass er unruhig war und nachdachte.

Er war unruhig und wie unruhig, er hatte vorhin seine Fasson verloren, hatte sie angebrüllte und beleidigt. Er konnte nicht damit umgehen in ihrer Schuld zu stehen, sie hatte ihn gerettet, er hatte ihr sein Leben zu verdanken noch dazu überforderte sie ihn immer weiter mit ihren Zukunftserzählungen.
Severus... was hast du da wieder gemacht? Das Mädchen hat ihr eigenes Leben riskiert, um dich vor dem Tod zu retten... sie ist ein Jahr zurückgereist, damit sie dich retten kann... sie kann genauso wenig zurück wie du, erinnerte ihn seine innere Stimme.
Er seufzte laut, drehte sich dem See entgegen und strich sich über die Augen. Er musste wirklich aufhören, sich von der Wut und dem Hass zu leiten, sie hatte recht, der Krieg war vorbei, auch wenn er es nicht wirklich glauben konnte.
Es fühlte sich so unwirklich an, aber das Schlimmste war getan, die größte und schrecklichste Aufgabe seines Lebens. Er konnte die Fesseln der Schuld lösen und abwerfen- eigentlich, aber er war so verbissen und daran gewöhnt, dass dieses neue freie Leben beinahe unvorstellbar für ihn war und diese Unsicherheit versuchte er mit Aggressivität zu überdecken.
Denn Angriff war immer schon die beste Verteidigung.

Du gehst jetzt rein und entschuldigst dich, wenn sie recht hat mit dem, was sie sagt, dann wird sie deine Launen sowieso kennen, forderte die Kopfstimme, ließ ihm keine Wahl.
Er schnaubte laut auf, er hasste es sich zu entschuldigen, aber es musste sein; er musste jetzt anfangen über seinen Schatten zu springen, um sich weiter zu entwickeln, vielleicht sogar zu dem zu entwickeln, weshalb die junge Hexe in dem Zelt ihr eigenes Leben in Gefahr gebracht hatte, um ihm zu helfen.
Langsam ging er zum Zelt, beugte sich leicht zum Eingang und schob den Stoff zur Seite, sie lag auf der Seite, den Blick zur Zeltwand gerichtet, ihre Körperhaltung wirkte eingefallen, das Gesicht traurig, sie sah stur auf das Zelt und wartete.
„Miss Granger", er räusperte sich, „es tut mir leid, dass ich Ihnen diese Worte an den Kopf geworfen habe."
„Sie meinen die Wahrheit?", fragte sie leise, sie hatte keine Kraft und keine Lust sich wieder mit ihm zu streiten, aber trotzdem brannte ihr diese Frage auf der Seele.
„Das war nicht die Wahrheit...", gab er zerknirscht zu, „ich bin Ihnen wirklich zu Dank verschuldet."
„Und das hassen Sie.", stellte sie fest.
Woher wusste sie das?
„...ich bin kein Freund davon in Jemandes Schuld zu stehen.", sagte er einfach und das war noch milde ausgedrückt, das wusste auch Hermine.
„Ich werde Sie um nichts bitten, Sie brauchen sich keine Sorgen machen", sagte sie fast schon emotionslos.
„Das meine ich doch gar nicht-", weiter kam er nicht, denn Hermine unterbrach, „ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich ein wenig in Ruhe lassen würde. Ich bin müde."

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