The Christmas Room

26 Türchen

There For You

Jimin lief die Straßen der kleinen, japanischen Stadt entlang, vorbei an einer Bäckerei, einem Friseur und einigen Wohnhäusern. Die weihnachtlichen Dekorationen besah er nur flüchtig. Sein Weg führte den Sechzehnjährigen zu der Tanzschule, in der er vor ein paar Monaten angefangen hatte, Hip-Hop zu lernen. Wegen Hoseok. Der Rothaarige hatte Jimin als einer der Ersten angesprochen, als dieser zu Beginn des Schuljahres im Rahmen eines Austauschprogramms neu in die Klasse gekommen war. Die Beiden hatten sich schnell angefreundet und festgestellt, dass sie Beide für das Tanzen lebten. Da Jimin bis dato allerdings nur Ballett und Contemporary gelernt hatte, schlug Hoseok ihm vor, zu seinem Anfängerkurs im Hip Hop zu kommen. Neues Land, neue Tanzrichtung. So hatte der Rothaarige argumentiert. Jimin war dem Angebot gern nachgekommen, hoffte, dadurch auch außerhalb der Schule Freunde zu finden. Des Weiteren wollte er in dem halben Jahr nicht einrosten. Ihm war klar, dass er nicht direkt an die Zeit vor dem Austausch würde anknüpfen können, wenn er wieder nach Hause kam, die Anderen würden hart gearbeitet haben, aber so konnte er wenigstens etwas für seinen Körper tun.

Wie jedes Jahr würde die Tanzschule am vierten Advent eine Show aufführen. Eltern, Freunde und Verwandte der Mitglieder waren eingeladen, das Jahr ausklingen zu lassen, die Schüler und Trainer hatten Gelegenheit zu zeigen, was sie in dem Jahr erarbeitet hatten. Jeder Kurs bereitete ein bis zwei Choreografien vor, je nach Können und Alter der Tänzer. Auch Jimin war in diesem Jahr Teil der Aufführung. Er freute sich sehr darauf, zeigen zu dürfen, was er in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes gelernt hatte. Noch mehr freute er sich allerdings auf sein Duo mit Hoseok. Dieser hatte ihm vor wenigen Wochen eröffnet, dass er gerne etwas ausprobieren wollte: Classic meets Hip Hop. Jimin war sofort Feuer und Flamme für die Idee gewesen und gemeinsam hatten sich die Jugendlichen daran gemacht, eine Choreografie zu entwerfen. Die Beiden trafen sich mehrmals pro Woche abends im Studio, um zu trainieren. An diesem Tag war Jimin jedoch schon nachmittags auf dem Weg zur Tanzschule, da für den Hip-Hop-Kurs die erste Bühnenprobe stattfinden sollte. Der Blondschopf kannte sich zwar schon ganz gut in der Stadt aus, hatte aber keine Ahnung, wo sich das kleine Theater, das jedes Jahr für die Show gemietet wurde, befand, weshalb er mit Hoseok ausgemacht hatte, dass sie sich an der Tanzschule treffen und dann gemeinsam zu der Location laufen würden.

Als Jimin ankam, konnte er schon Hoseoks rote Haare in der sich anbahnenden Dämmerung leuchten sehen. Er mochte die Haarfarbe seines Freundes, fand, sie würde zu seinem fröhlichen Charakter passen. Es war dem Jungen in den letzten Tagen psychisch nicht besonders gut gegangen, doch der Rothaarige hatte es bis jetzt immer geschafft, ihn mit seiner Energie und guten Laune anzustecken und ihm ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. So auch diesmal. Die Jungs begrüßten sich mit einer kurzen Umarmung und machten sich direkt auf den Weg zum Theater, schließlich wollte sie die Anderen nicht warten lassen. Auf dem Weg redeten sie nicht viel, Jimin war zu sehr in Gedanken, um einem Gespräch zu folgen. Es war ihm nur recht, dass Hoseok scheinbar auch keine großartige Lust auf Konversation hatte. Die Gedanken des Blonden kreisten um das bevorstehende Fest der Liebe. Er hatte schon fast alle Geschenke besorgt, da er Stress beim Shoppen nicht ausstehen konnte. Es war ihm sowieso schwer gefallen, das in seinen Augen Richtige für jeden zu finden. Seiner Gastfamilie hatte er beispielsweise seine Dankbarkeit zeigen wollen. Es berührte ihn sehr, dass sich das Ehepaar um ihn kümmerte, wie um einen eigenen Sohn, obwohl sie keinerlei Erfahrung hatten, da sie selbst keine Kinder bekommen konnten. Auch für Hoseok hatte Jimin etwas finden wollen, das ihm zeigte, wie wichtig er dem Schüler war. Er hatte sich letztendlich für ein Flugticket nach Busan entschieden. Natürlich fiel das Datum zufälligerweise genau auf den Zeitraum, in dem Hoseoks Lieblingsband für ein Konzert in der Stadt war, weshalb der Blonde auch zwei Karten für die Show gekauft hatte. Für seine Eltern war es dem Jungen nichtsdestotrotz am Schwersten gefallen, ein Geschenk zu finden. Er vermisste sie sehr, gerade in der Weihnachtszeit. Für ihn war Weihnachten die Zeit, in der die ganze Familie zusammenkam, um gemeinsam die Feiertage zu verbringen. Dieses Jahr allerdings würde er ohne seine Eltern in einem fremden Land Weihnachten feiern.