I. Kapitel

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Gähnend schloss ich die Autotür und lehnte meinen Kopf gegen die Kopflehne. Tief atmete ich die stickige Autoluft ein und genoss für einen kurzen Moment die Stille. "Den ganzen Tag im Büro rum hocken ist so langweilig.", dachte ich mir, wobei ich Kopfschmerzen bekam.
Ich massierte meine Schläfen und steckte den Autoschlüssel in das Zündschloss. Der Motor gab ein Brummen von sich, ehe er wieder abstarb. "Toll.", sagte ich murrend. Nach weiteren Versuchen sprang er endlich an und ich fuhr vom großen Bürogebäude weg. Viele Autos befanden sich auf den Straßen, aber das ist ja kein Wunder in einer Großstadt. Der Himmel nahm weiche Pastelltöne an und die Bäume stachen mit ihrem bunten Laub aus der grauen Gegend heraus.
Ein lautes Hupen riss mich aus meinen Gedanken. Der Verkehr staute sich und die Menschen hupten als würden sie ein Konzert veranstalten.
Genervt rollte ich meine Augen und ließ mich in meinen Sitz sinken. Mit zwei Fingern tippte ich ungeduldig auf dem Lenkrad, schließlich machte ich das Radio an. "Ein Unfall ereignete sich vor wenigen Minuten auf der Hauptstraße. Beamte sind vor Ort und führen kurzzeitig eine Umleitung ein.", erklang die Sprecherstimme aus dem Radio. "Es gibt schon so lange Autos und trotzdem ist der Mensch zu blöd zum fahren.", dachte ich mir.
Nach einigen Liedern und weiteren Meldungen tat sich endlich was auf der Straße. "Endlich!" Ich atmete tief aus und fuhr weiter, doch es ging nur langsam voran. Ich sah auf meine Armbanduhr. "20 Uhr. Ich bin schon seit zwei Stunden im Stau." An einer roten Ampel ging ich nochmal meinen Tag durch. "Um 8 Uhr hab ich angefangen zu arbeiten, im Büro gab es nur das selbe wie jeden Tag zu tun und bin immer noch auf dem Weg nach Hause. Hmmm...Im Vergleich zu gestern liege ich gut in der Zeit." Gestern war es viel schlimmer gewesen: Erst um 22 Uhr kam ich zuhause an und war noch einkaufen. Ich erschrak, da schon wieder ein Auto hupte. Ich blickte auf die Ampel, die bereits grün war. Ich sah in den Rückspiegel einen angepissten Autofahrer herumfluchen und fuhr schnell weiter. Schließlich erreichte ich meine Wohnung. Vor dem großen Haus hörte ich wieder das benachbarte Ehepaar streiten und laute Musik ertönte von der Wohnung, die über meiner lag. "Sogar zuhause hab ich keine Ruhe." Mit grimmiger Miene sperrte ich die Haustür auf und trat in das Treppenhaus. Der Geruch von Rauch und verbranntem Essen stieg mir in die Nase und ich keuchte. Ich stieg die Treppen hinauf. Dabei fiel mein Blick auf den Boden. Die Treppen waren schlecht verputzt und man konnte die Farbe des Bodens nicht mehr zuordnen. "Hatten wir nicht mal eine Putzfrau?" Ich zuckte mit den Schultern und ging weiter, bis ich mein Stockwerk erreichte. Von da aus war der Lärm meiner Nachbarn unerträglicher geworden. Irgendwo hörte ich noch ein kleines Baby schreien und in einer anderen Wohnung bellte unaufhörlich ein Hund. Seufzend schlurfte ich zu meiner Wohnungstür und sperrte sie auf. Meine Wohnung roch nach Zimt und Lavendel, was mich sofort etwas beruhigte. Ich trat hinein und schloss hinter mir die Tür. Ich warf meine Tasche auf den Boden und trottete in mein Zimmer. Die Wände meines Zimmers sind cremefarbig und bestückt mit Bildern.  In jeder Ecke steht eine Pflanze und ich habe  riesigen kuscheligen Teppich. Gegenüber des Eingangs befindet sich ein Balkon, wo meine Leseecke ist. Ich ging zu meinen Schrank und zog mir eine Leggins an und einen weichen Pulli. Ich machte mir einen Dutt der ziemlich komisch aussah und ging ich die Küche. Ich machte mir einen Salbeitee mit Honig  und holte den Auflauf von gestern aus dem Kühlschrank. Nachdem ich diesen aufgewärmt hatte ließ ich mich an einen Stuhl nieder und aß genüsslich  die Reste. Von der Wohnung aus konnte ich immer noch den Lärm auf den Straßen wahrnehmen und meine Nachbarn waren immer noch nicht verstummt. Also schnappte ich den Fernsehschalter und machte den Fernseher an. Ich klickte die Kanäle durch  und blieb an einer Doku hängen. "Wieso bei einer Doku?", fragte ich mich. Aber ich blieb bei der Doku, weil es da um Natur ging. Die Doku zeigte  schöne Landschaften, riesige Wälder und das Meer. Plötzlich  schoss mir ein Gedanke in den Kopf. "Was wenn ich mir freinehme und Urlaub mache?" Ich malte mir schon aus, was ich alles tun könnte: Wandern, ans Meer gehen, in die Berge, aufs Land, oder trampen.  "Trampen ist eine gute Idee.", dachte ich mir zufrieden.  "Ich könnte vom Alltag wegkommen und muss mich nicht um die Drecksarbeit im Büro kümmern." Ich aß schnell fertig, machte den Fernseher aus und rief meinen Chef an. "Ich wollte mir freinehmen.", sagte ich entschlossen.     
"Freinehmen?", fragte mein Chef verständnislos.  "Ja, so für eine Woche." Mein Chef begann zu schreien: "In welcher Welt leben Sie? Hier gibt es viel Arbeit zu tun, da können Sie nicht einfach sagen das sie Urlaub wollen!" "Aber verstehen Sie doch..."
"Nein ich verstehe es nicht! Da können wir Sie gleich dauerhaft  ersetzten! Wiederhören!" Mein Chef legte auf. Ich brummte genervt. Scheinbar  habe ich gerade meinen Job verloren. "Aber dann hab ich ja genug Zeit zum trampen! Dieser Job war eh scheiße."  Ich telefonierte mit meinen Eltern, die weit weg wohnten, und erzählte ihnen was passiert war und was ich vor hatte. Natürlich akzeptierten sie meine Entscheidung nicht und meinten, ich sollte mir einen neuen Job suchen.
Nach dem Telefonat  durchsuchte ich meine Kisten  im Abstellraum. Ich fand eine Karte, ein Zelt, einen Wanderrucksack, eine Taschenlampe, einen Schlafsack und eine Karte.
Ich plante die Route und packte die nötigsten Sachen ein. "Ich werde hier anfangen, aus der Stadt raus gehen, und dann weiter südlich." Ich sah noch eine Krimikomödie an und machte mich bettfertig. Mit schweren Augenlidern schlief ich ein, im Hintergrund immer noch meine Nachbarn zu hören.

Manes - Die andere WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt