Mein Blick galt ständig der Uhr. Innerlich feierte ich schon Party und war ganz in meiner Aufgabe vertieft, sodass ich nicht mitbekam, dass Frau Springer und meine Betreuerin den Raum betraten.
,,Hey Hanna!" Vor Schreck viel ich fast vom Stuhl. Das hast du wieder richtig gut hinbekommen! Direkt mal wieder blamiert! Langsam stand ich von meinem Stuhl auf und deckte meine begonnene Arbeit ab.
Ich drehte mich zu meiner Lehrerin. Wow! Sie sieht echt gut aus! Eine dunkelblaue Jeans -die nebenbei perfekt zu ihren Augen passte(!)- und ein offener, schwarzer Mantel, unter dem sich ein gelbfarbenes Shirt offenbarte. Einfach der Wahnsinn! Mit ausgestreckter Hand ging ich ihr entgegen. Mein Gehirn fuhr offensichtlich Achterbahn, ansonsten hätte ich wohl mitbekommen, dass Frau Springer im Begriff war, mich zu umarmen. Jetzt hing ich da. Mein rechter Arm steckte zwischen unseren Körpern fest und mein linker hing nutzlos in der Gegen herum. Außerdem hätte ich auf der Stelle umkippen können bei so vielen Gedanken und ihrem wundervollen Geruch. Ungewollt legte ich mein Kinn auf ihrer Schulter ab, merkte das jedoch und korrigierte diesen Annäherungsversuch meiner Seits sofort wieder.
Es war mir aber leider nicht vergönnt, diesen Augenblick einfach zu genießen und für immer abzuspeichern. Viel zu schnell endete diese Umarmung und ich hätte heulen können. Können wir das wiederholen? Kurz stockte ich. Hatte ich das gerade laut ausgesprochen, oder warum schauen die beiden mich jetzt so komisch an?
„Soll ich Ihnen die Firma ein wenig zeigen?" Mein Versuch, die Situation zu lockern, scheiterte keines Wegs. Da meine Lehrerin einfach unbeirrt nickte, ging ich davon aus, nichts ausgesprochen zu haben, was die Umarmung anging. Puh, noch mal Glück gehabt!
„...und das wars eigentlich auch schon. Haben Sie noch Fragen?" Seitwann bin ich eigentlich so seriös? In Gedanken sah ich mich; Ende 20, mit engem, schwarzen Rock, Jackett und einer weißen Bluse. Meine Haare hatte ich gelockt und offen. Steht mir! Bei dem Gedanken schmunzelte ich etwas in mich hinein.
„Du machst ja einen ganz glücklichen Eindruck. Geht es dir denn auch wirklich gut hier?" Behutsam legte sie ihre Hand auf meine Schulter. Sofort fing diese an zu kribbeln. Es kostete mich sehr viel Kraft, nicht meine Hand auf Ihre zu legen. Ich fühlte mich wie in einer Trance. Meine Worte nahm ich nur gedämpft war. Es war einer dieser Momente, in denen sich das Liebespaar aus einem Film küsste. Aber ich werde sie wohl nie küssen.
„Das klingt doch alles ganz vernünftig. Könntest du dir das als Beruf für dich vorstellen?" Langsam nickte ich. ,,Ich glaube, dass ich dann aber eher in der Laborabteilung besser aufgehoben bin. Zumindest in dem Labor, dass ich Ihnen eben gezeigt habe. Alles andere war nicht unbedingt meins." Meine Antwort lies sie lächeln. Und Zack! Weg war ich. Nicht ganz weg, aber mein Verstand hatte wohl spontan Kurzurlaub gemacht.
Frau Springer nickte bestimmt und schaute sich um. Schindet sie damit etwa Zeit? Ich fänd's nicht schlimm, aber warum versucht sie es? Müsste ich das nicht eigentlich tun?
„Äääähh...was...also... Haben Sie schon was von den anderen gehört? Wie es denen so geht?" Innerliche applaudierte ich mir schon wieder selber. Große Klasse! Welch eine Ironie! ,,Ne, von den anderen habe ich nichts gehört. Du bist ja auch die erste, bei der ich einen Besuch mache." In mir stieg das tiefe Verlangen auf, mir an die Stirn zu klatschen. Logisch! Ich kann ja nur in der ersten Woche besucht werden. In der zweiten Woche bin ich ja im Außendienst.
„Fahren sie denn gleich noch zu Katie und, oder Marie? Die sind ja im Nebenort."-„Ne ne. Die macht Herr Müller nächste Woche." Ich nickte abermals. Zwischen uns entstand peinliche Stille, die gleichzeitig sehr angenehm war. Meine Augen klebten an ihren.
Wie kann man nur so hübsch sein? Diese Augen und....alles eben! Doch lange konnte ich die Schönheit vor mir nicht betrachten. Meine Vernunft kam wieder und ließ mich einen Schmerz spüren. Dieser Schmerz fühlte sich an, als würde man mir ständig kleine Nadeln ins Herz rammen. Und doch schauten wir uns weiterhin an.
Wieder sprach der Teufel in mir. Vergiss sie! Sie hasst dich wahrscheinlich. Du bist nur eine Schülerin von vielen! Sie ist nur nett, weil sie Pädagogin ist! Kurz schluckte ich die Tränen runter. Wir standen hier jetzt bestimmt seit drei Minuten und starrten uns nur an. Aber es war ein angenehmes Starren.
Manchmal glaube ich, dass sie wirklich etwas von meiner Liebe zu ihr merkt. Ich mache es wahrscheinlich auch ziemlich offensichtlich. Ich meine, noch nie habe ich mich so beteiligt, was die Schule angeht.
Ich hätte hier noch Stundenlang genau so stehen können. Ihre Augen zogen mich in eine Art Bann. Aber kein schlechter. Man will da eher nicht wieder aus. Man kommt auch nicht einfach wieder raus. Friendzone eben...
Ihre Augen lösten sich von meinen. Nein! Es fiel mir schwer, nicht zu schluchzen. Ich will diesen magischen Moment zurück! Mein Herz zog sich zusammen, als ich ihr den Weg zum Parkplatz zeigte oder besser; zeigen musste.
Zitternd stand ich wenige Meter von ihrem Auto entfernt. Die Temperaturen waren durchaus normal, aber mir war extrem kalt. Mein Blick hing an ihrem Gesicht. Ich verfolgte und beobachtete jede noch so kleine Bewegung. Sie bewegt sich so leicht. So...perfekt!
Mit einem Bein schon im Auto winkte sie mir zu. „Tschüss! Wir sehen uns in der Schule!" Ich öffnete meinen Mund, bekam jedoch keinen Ton heraus, weshalb ich ihn wieder schloss und einfach nur nickte. Ich schluckte. Sie stieg ein und parkte aus. Bevor sie los fuhr, lächelte sie mir noch einmal zu.
Meine Reaktionsgeschwindigkeit hatte sich um zirka 90% verlängert. Denn erst als Frau Springer den Parkplatz verlassen hatte, lächelte ich ebenfalls. „Wir sehen uns in der Schule Schönheit." flüsterte ich. Geknickt drehte ich um und ging zurück an die Arbeit.
In dem Raum saßen noch drei Männer außer mir. Der eine, den alle aufgrund seines Nachnamens nur Vogel nannten, schaute mich an. „Sag mal... Wie alt ist deine Lehrerin?" Sag's jetzt nicht! Die denken doch, dass du verrückt bist oder so! Ich zuckte also mit den Schultern. „Anfang, Mitte 40, glaub ich." Das ‚glaub ich' betonte ich extra. Vielleicht auch ein wenig zu doll.
,,Sie hat sich aber echt gut gehalten!" Während von den anderen zwei Männer nur Gelächter und ein vorwurfsvolles „Vogel!" kam, ließ ich den Besuch Revue passieren. Ich verkniff mir ein „Ja, sie ist wirklich heiß!" und machte mich wieder an die Arbeit.
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Terrible Love
Teen FictionIn dieser Geschichte schreibe ich über die vierzehnjährige Hanna Müller, die mich verkörpert. Hanna passiert in einem ihrer wichtigsten Schuljahre, das was mir gerade passiert. Die Namen aller handelnden Personen wurden durch Decknamen ersetzt. Ich...