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ANNA (vier Wochen nach Silvester)

Neue Wohnung

Ich lag im Bett und träumte. Samu nahm mich zärtlich in den Arm und wir küssten uns leidenschaftlich. "Rakastan sinua", hauchte er und streichelte über meinen Rücken. Langsam schob er seine Hand unter mein Shirt. "Samu", wimmerte ich. In dem Moment klingelte es. Einmal, zweimal. Verdammt...ich quälte mich aus dem Bett und öffnete die Tür. Ria stand draußen, eine Flasche Sekt, Blumen und eine Brötchentüte in der Hand. "Happy Birthday, Anna, alles Liebe zum Geburtstag. Schluss mit der Trauer, heute wird gefeiert. "Sie zog mich in eine Umarmung, drückte mich fest an sich und drückte mir einen dicken Kuss auf die Wange. Entgeistert schaute ich sie an. Ich hatte meinen eigenen Geburtstag vollkommen vergessen. Stimmt. Heute war der 1. Februar. Mein 39. Geburtstag. Shit, so alt. "Ich glaube, ich geh erstmal duschen", sagte ich verschlafen. "Und ich bereite in der Zwischenzeit das Frühstück vor", trällerte Ria fröhlich und lief schnurstracks in meine Küche. Ich ging ins Badezimmer, zog mir mein Schlafshirt aus und stellte mich unter die warme Dusche. So allmählich erwachten meine Lebensgeister wieder. Ich merkte, dass ich mich etwas besser fühlte, als die letzten Wochen und freute mich ehrlich, dass Ria gekommen war und an mich gedacht hatte. Noch schöner wäre es, wenn Samu meinen Geburtstag mit mir feiern könnte. Wehmütig starrte ich mit leerem Blick an die Fliesen und merkte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Schnell schob ich die traurigen Gedanken beiseite und griff nach dem Duschgel. In der Küche hörte ich Ria eifrig mit dem Geschirr klappern und merkte, dass ich wirklich großen Hunger hatte. Ich hatte kaum etwas gegessen in der letzten Zeit. Mein Kummer war einfach zu groß und die meiste Zeit hatte ich auch geschlafen, um den Schmerz nicht ertragen zu müssen. Ich sah an mir herunter und erschrak ein wenig vor mir selbst. Mein Körper war regelrecht ausgemergelt und ich konnte jede einzelne Rippe sehen.

Schnell stieg ich unter der Dusche hervor und wickelte mir ein Handtuch um. Ich schlüpfte ins Schlafzimmer, öffnete das Fentster, um frische Luft hereinzulassen und rubbelte mich trocken. Beim Anziehen merkte ich, dass mir sogar meine engste Jeans ein wenig zu weit geworden war. Ich suchte den Gürtel, griff nach einem weiteren Oberteil, damit man nicht sah, wie dünn ich geworden war und ging schließlich in die Küche, wo ein liebevoll gedeckter Geburtstagstisch auf mich wartete. Sogar eine große Kerze hatte meine Freundin für mich angezündet. Sie drückte mich nochmal fest und goß mir eine große Tasse Kaffee ein. "Setz dich, Anna. Wir frühstücken jetzt schön gemütlich und später habe ich noch eine Überraschung für dich, aber mehr verrate ich noch nicht." Argwöhnisch schaute ich sie an, aber sie behielt ihr Pokerface und blieb eisern. Als wir wenigstens etwas gegessen hatten, holte Ria die Sektgläser hervor und schenkte uns beiden ein Glas ein. "Nochmal alles Liebe, mein Schatz", sagte sie und stieß ihr Glas klirrend an meines. "Danke, Ria, für alles." Der prickelnde Sekt tat richtig gut nach der letzten Zeit und ich spürte, wie meine Lebensgeister zurückkehrten. Ich hatte richtig Lust, endlich mal wieder etwas zu unternehmen und raus zu gehen.

Nach dem Frühstück ging ich nochmal ins Bad, föhnte meine Haare, putzte mir die Zähne und kam gutgelaunt wieder in die Küche. Ria hatte bereits alles wieder weg geräumt. "Du bist echt ein Schatz, danke." Ich drückte sie nochmal und gab ihr einen dicken Schmatzer auf die Wange.

Lachend schob sie mich von sich weg und sah mich an. "Es ist Zeit für dein richtiges Geschenk, meine Liebe", sagte sie. "Ich möchte, dass du einfach machst, was ich dir sage und keine Fragen stellst, ok? Sonst ist die ganze Überraschung hin." Sie sah mich so bittend an, dass ich schließlich zustimmte. "Ok, dann schieß mal los. Was soll ich tun?" "Ich möchte, dass du dir deine kleine Reisetasche nimmst und ein paar Sachen für eine Nacht einpackst. Klamotten, Zahnbürste", sie lachte", Schlüppi nicht vergessen." Ich zog die Augenbraue hoch. "Bitte Anna, du hast es versprochen", ermahnte sie mich. "Na gut." Ich ging ins Schlafzimmer, holte die Reisetasche hervor und packte ein paar Klamotten für eine Nacht ein. Dann ging ich ins Bad, holte meine Zahnbürste und alle übrigen Sachen. Auch mein Schminktäschchen packte ich ein. Man weiß ja nie. Schließlich stand ich vor ihr, meine Tasche in der Hand. "Und was jetzt?" Erwartungsvoll blickte ich sie an.

RIA

Ich war total erleichtert, dass Anna so gut mitmachte und keine Fragen stellte, was ihre "Überraschung" zum Geburtstag anging. Schon seit Tagen war ich nervös, ob alles klappen würde, aber ich konnte einfach nicht länger ertragen, wie sie sich herumquälte und die Sehnsucht nach Samu sie weiter zermürbte. Ich stand in ständigem Kontakt mit Riku und was er mir schrieb, war nicht schön. Samu schien immer weiter abzustürzen. Er trank zuviel Alkohol, nahm Tabletten, um abends in den Schlaf zu finden und überstand kaum eine Probe, ohne öfter seinen Einsatz oder seinen Text zu vergessen. Er konnte dem Schmerz über den Verlust des Babys und der Trennung von Anna einfach nicht standhalten. Anna hatte fast ganz aufgehört zu essen und hatte extrem abgenommen. Sie bemühte sich, es unter ihren weiten Klamotten zu verstecken, aber ich kannte sie schließlich lang genug. Ausserdem war sie völlig entkräftet und wackelig auf den Beinen. Sie dachte, ich merke es nicht, aber da irrte sie sich. Nur gut, dass sie heute wenigstens ordentlich gefrühstückt hatte, damit sie ein wenig Kraft für diesen Tag und den Abend tanken konnte. Riku und ich konnten nicht länger mit ansehen, wie unsere besten Freunde sich unter dieser Situation weiter selbst zerstörten und hatten beschlossen, etwas zu unternehmen. 

...save me once again... (Anna & Samu Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt