Kapitel 16

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Hasst mich nicht!






Sie war müde. Müde und erschöpft. Vom Streiten. Vom Versöhnen und wieder streiten. Vor allem vom Weinen und aus reiner Verzweiflung. Man konnte es nicht einmal richtig Streiten nennen. Sie hatte gewusst wie das hier enden würde, als sie gestern Abend angefangen hatte mit den Worten „Wir müssen reden." Und er hatte es auch geahnt. Von Anfang an. Darüber waren sie sich heute Morgen einig gewesen. Keiner von ihnen hatte geschlafen. Es war bizarr gewesen. Als würde man auf den Tod warten, weil man wusste das er kam. So kam sie sich heute bei Sonnenaufgang vor, als sie ihm geholfen hatte seine Sachen in der Wohnung zusammenzusuchen. Und sie hatte es ausgesprochen und er hatte dieses Gefühl nur bestätigt. Er sah fertig aus und sie noch mehr. Sie hatte sich nicht einmal jetzt umgezogen, um mit ihm runter zu gehen. Sie trug immer noch die Leggins und den viel zu großen ausgewaschenen Pullover. Ihre Haare waren zu einem hohen unordentlichen Dutt zusammengebunden. Mathis würde ihn zu seiner Wohnung fahren und damit hatte sich die Sache erledigt. Es war vorbei.

Vorbei bevor es eigentlich richtig angefangen hatte. Sie hatten immer wieder das für und wider durchgekaut. Sie kannten beide die Knackpunkte, aber keiner von ihnen wollte das hören. Doch Tatsachen ließen sich nicht weg reden. Und so ging es definitiv nicht weiter. Sie würde verrückt werden, wenn es so mit der Presse weiterging. Wenn sie ihrer Arbeit nicht ungestört nachkommen konnte. Und er brauchte jemanden der Rücksicht auf das nahm was er liebte und sie konnte das nicht. Nicht auf Dauer. Nicht ohne sich unglücklich zu machen. Sie verschränkte die Hände vor der Brust, als Phillip Mathis die letzte Tasche reichte und dann ruhig meinte, er würde gleichkommen. Mathis packte die letzte Tasche in den Kofferraum und stieg dann ein, während ein zweiter Wagen einfuhr, sicher für Malfoys, aber das war Astoria momentan egal. „Hier." sagte Phil ruhig und reichte ihr ihren zweiten Wohnungsschlüssel. „Danke." murmelte sie leise und sah ihn nicht an. Seine Augen waren wie ihre immer noch gerötet. Das hier war nicht leicht. Für keinen von ihnen. Sie mochte Phillip. Sehr sogar und dass er sie abgöttisch liebte, brauchte ihr niemand zu erzählen.

„Ich lass deinen Schlüssel in der Wohnung, wenn ich mein Zeug geholt habe." erklärte sie und fixierte ihre Schuhe. „Ich fliege morgen und bin dann drei Tage in den Vereinigten Staaten wegen einer neuen Bleibe." Sie nickte stumm. Sie würde jemanden schicken. Sie selbst würde seine Wohnung nicht betreten. Sie würde es nicht ertragen können. „Wir werden Freunde bleiben." sagte er überzeugend und sie stimmte ihm zu. Es würde nicht so sein. Zumindest nicht die nächsten Monate. Dazu lag zu viel zwischen ihnen. Waren sie sich einfach zu nah. Er atmete schwer aus und wollte sich abwenden, als er auf sie zutrat und unentschlossen wirkte. „Sag mir das das hier ein riesen Fehler ist und ich bleiben soll." Ihr trieb es bei den Worten die nächsten Tränen in die Augen und sie musste Aufsehen, als er sanft ihr Gesicht in seine Hände nahm und dabei mit den Daumen die ersten Tränen wegwischte. Seine Stimme war nicht mehr als ein wispern „Sag das alles andere egal ist und wir das irgendwie hinkriegen." Sie weinte weiter. Es würde nicht funktionieren.

„Du hast einen Traum und ich auch. Wollen wir das wirklich aufgeben? Einer von uns?" fragte sie gegen und als er den Mund aufmachen wollte, blickte sie ihn direkt an. „Wir würden es bereuen, wenn wir jetzt unsere Wege nicht gehen. Vielleicht nicht morgen oder in einem Jahr. Aber irgendwann. Und dann würden wir uns gegenseitig Vorwürfe machen und uns hassen und..." Sie brach ab und schluchzte auf, während Phillip sie fest seine Brust zog. Er war nicht Draco. Aber er liebte sie. Er war das Beste was einer Frau passieren konnte und irgendwann würde er jemanden sehr glücklich machen. Doch das war nicht sie. Sie spürte wie er ihr Haupt küsste und sie löste sich schwer von ihm.

Er wischte ihr erneut einige Tränen weg und sie hob ihre Hand, um selbst ihre nassen Wangen zu trocknen. Irgendwann wäre es auseinandergebrochen. Vielleicht nicht in einem Monat oder einem Jahr. Vielleicht erst in fünf Jahren. Aber irgendwann. Diese Beziehung wäre nicht so stark gewesen, um diesen Druck standzuhalten. „Jeder wird seinen Weg gehen und muss jetzt auf sich schauen." sagte sie leise und er nickte „Ja das müssen wir." Leider. Er schien mit sich zu kämpfen „Ich habe nur das Gefühl... wir hätten glücklich sein können, wenn alles anders wäre." Ihre Lippe zitierte „Ja, vielleicht. Aber es ist nicht anders, Phil." Er wollte den Mund aufmachen, doch sie unterbrach ihn. „Mir geht es gut." brachte sie gequält hervor. Es war gelogen und das wussten sie beide. Er legte mit Bedacht eine Hand an ihrer Wange und er schien sie auf den Mund küssen zu wollen, bevor er sie auf die Stirn küsste und dieser Abschiedskuss eine halbe Ewigkeit zu dauern schien.

Als er sich von ihr löste, hörten sie beide die Tür und es war ihnen scheißegal. Er strich ihr sanft eine lose Strähne hinters Ohr und lächelte gequält. Seine Augen waren schon wieder feucht. „Du wirst irgendwann jemanden sehr glücklich machen, Tori. Weißt du das?" „Du auch, Philip." presste sie schwer hervor und er strich ihr erneut über die Wange. Seine Stimme zitterte, als er sagte „Pass auf dich auf, ja? Lass dich nicht unterkriegen." Sie nickte kaum sichtbar und er schien mit sich zu kämpfen, bevor er sich entschieden umwandte und auf den wartenden Wagen zuging. Astoria zitterte und umklammerte sich selbst. Sie unterdrückte ein Aufschluchzen und grub ihre Finger fester in ihre Oberarme, als sie sich immer noch selbst umklammerte. Sie wandte sich noch ab, bevor der Wagen losfuhr und ignorierte sowohl Malfoy Senior, als auch Junior, als sie in den Aufzug einstieg und nach oben fuhr.

Als sie in ihre Wohnung trat, schloss sie die Tür und lehnte sich zitternd dagegen, bevor sie zu weinen anfing und auf die Knie rutschte. Zu Ende. Schon wieder eine Beziehung gegen die Wand gefahren. Vielleicht sollte sie alleine bleiben. Sie hob den Kopf, als eine Hand ihr sanft über den Rücken strich und sie erkannte Sarah die bedrückt lächelte, bevor Astoria wieder aufschluchzte. Die Blondine ließ sich selbst auf die Knie sinken und drückte Astoria fester, die sich sofort an ihre Freundin klammerte. Sie war nicht alleine. Sie hatte Freunde und Sarah war eine davon. Eine der wenigen mit der sie offen reden konnte. Sie würde das hier überstehen, so wie sie alles in ihrem Leben bis jetzt überstanden hatte. Auch das hier würde vorbeigehen, auch wenn es momentan nicht danach aussah.

Sie will nicht liebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt