Kapitel 105: Stück für Stück

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„Wie immer", nickte Hermine, „das wird zu einer.. schönen Angewohnheit."
„Ich muss zugeben, dass Sie ein wirklich guter Ess-Partner sind."
„Das gebe ich zurück und Sie kochen wirklich ausgezeichnet", sie seufzte, kuschelte sich weiter an ihn.
Er legte vorsichtig seine Hand an ihren Rücken und streichelte darüber, Hermine schloss die Augen, sie sagte nichts, genoss einfach, dass er langsam die Fesseln der Moral ablegte und seine offenbar aufkommenden Gefühle gedeihen ließ.
Severus ließ seine Hand weiter über ihren Rücken gleiten, kam zu ihrem unteren Rücken und stoppte, auch wenn er ihren Po schon berührt und es sich gut angefühlt hatte, er wollte nicht so schnell so weit gehen, streichelte stattdessen über ihren Rücken, Hermine bewegte sich ein wenig, das T-Shirt rutschte leicht hoch und gab die Haut frei, die seine Finger nun berührten.
Beide wurden von einer Gänsehaut überrollt, Severus schob die Hand langsam weiter unter ihr Shirt, streichelte über den Rücken, über die warme Haut. Hermine sah auf, stützte das Kinn auf einer Hand ab, musterte sein Gesicht.

„Soll ich aufhören?", fragte er besorgt, seine Augen flogen aufgeregt über ihre Züge.
Sie schüttelte den Kopf, „warum gucken Sie dann so gequält? Ist es so schlimm mit mir hier?", er lächelte traurig.
„Sie haben keine Ahnung wie es sich anfühlt", sagte sie kraftlos, ließ den Kopf wieder sinken, schob sich ein wenig höher und schmuste ihr Gesicht in seine Halsbeuge.
„Ich hoffe nicht so schlimm, wie es für mich den Eindruck macht...", sagte er verwirrt.
„Ganz im Gegenteil", flüsterte sie, strich über seine Brust, krallt sich in die Decke, „können Sie mich festhalten?"
Er war immer verwirrter, sie strahlte so verschiedene Emotionen aus, legte aber den Arm ganz um sie und drückte sie, soweit es ihm seine Kraft erlaubte, zu sich, hielt ihren Arm an seiner Brust ebenfalls fest, lehnte seine Wange an ihren Kopf.
Sie freute sich, es war ein ganz sonderbares fantastisches Gefühl, er hielt sie fest, nah bei sich, beide im vollen Bewusstsein, sie bat ihn sie festzuhalten und er kam ihrer Bitte nach, ohne Fragen, ohne Wenn und Aber.

Zu viele Emotionen stauten sich in ihr auf und der Damm der Tränen brach, sie schluchzte leise an seinem Hals, er spürte die heißen Tränen auf sich und sah zu ihr.
„Warum weinen Sie?", er strich über ihren Kopf und die Locken.
Sie schüttelte nur leicht den Kopf, konnte nicht sagen, was sie so emotional machte.
Er zog die Decken unter ihr hervor, es kostete ihn einige Kraft, legte sie über Hermine und drückte sich noch ein Stück weiter zu ihm, umarmte sie noch mehr und versuchte sie zu beruhigen.
Seine Fürsorge, obwohl er sich um sich selbst sorgen sollte, ließen sie noch heftiger weinen.
„Es ist doch alles gut... ich werde wieder gesund. Versprochen.", sagte er leise, lehnte seine Wange wieder auf ihren Kopf, streichelte über ihren Rücken, schob das T-Shirt unbeabsichtigt immer höher, „Bitte hören Sie auf zu weinen... ich kann das nicht ertragen.", sagte er leise, seine Stimme hörte sich wirklich gequält an.

Sie sah langsam auf, die Augen rot und geschwollen, dicke Tränen quollen aus ihnen heraus, liefen schnell über ihre Wangen.
Er legte den Kopf schief und seufzte, strich ihr die Tränenspur von der Haut, sah über ihr Gesicht. Hermine schluchzte noch ein paar Mal, sie verlor sich in den schwarzen Augen, die sie so fürsorglich und liebevoll ansahen, dass es ihr beinahe wieder das Herz zerriss.
Er hob den Kopf an und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn, lächelte leicht, versuchte ihr die Sorgen zu nehmen, von denen er nicht die geringste Ahnung hatte, warum sie sie überhaupt fühlte.
Sie löste ihre verkrampfte Hand von seiner Brust, strich vorsichtig über seine Wange, sie schob sich noch ein Stück höher, war seinem Gesicht wieder ganz nah, sie löste den Blick von seinen Augen und blieb an seinen Lippen hängen, sie waren leicht geöffnet, seine Brust hob und senkte sich schnell, ihr klopfte das Herz ebenfalls bis zum Hals, Stück für Stück näherte sie sich ihm immer weiter, der Griff um ihren Rücken wurde von ihm noch gefestigt.
Sie war Millimeter von seinen Lippen entfernt, er schien ebenfalls keine Anstalten zu machen den kommenden Kuss abzuwenden, als es an der Tür klopfte.

Hermine zuckte zusammen, verfluchte denjenigen, der diesen Moment jetzt zerstörte, es klopfte nochmal, Hermine kämpfte sich über die Decken, stieg über ihn und rannte zur Tür und riss sie auf.
„Pan?", sie sah ihn erstaunt an, er trug einen großen Topf, lächelte sie freundlich an.
„Yais Suppe ist fertig...", sagte er glücklich, drückte ihr den Topf in die Hand, verneigte sich und verschwand wieder.
„Danke!", rief Hermine ihm noch hinterher, schob dann die Tür mit dem Ellenbogen zu und stellte den Topf auf die Arbeitsfläche der kleinen Küche.
„Wollen Sie etwas essen?", rief sie von der Küche ins Schlafzimmer, bekam aber keine Antwort, sie lugte durch die Tür und sah einen schlafenden Severus, sein Gesicht war entspannt, er sah immer noch sehr erschöpft aus, aber weitaus weniger krank als heute Morgen.
Sie wollte ihm Ruhe gönnen und ging in den Wohnbereich, er sollte schlafen, ohne von ihr gestört zu werden, Schlaf war die beste Medizin.

Hermine wollte nicht wieder einfach nur rumsitzen, sie verließ den Bungalow, ging ins grüne Dickicht, sah sich um und verwandelte sich in ihren Adler als sie sicher war, dass niemand sie sehen würde. Sie flog mit schnellen Flügelschlägen durch den Dschungel, sah den trüben Himmel, die Regenwolken schienen immer noch kein Ende zu nehmen, sie wollte so gerne die Sonne wieder sehen und ihre Strahlen spüren, sie flog höher und höher, durchquerte die erste Schicht der Wolken und fühlte eine merkwürdige Elektrizität an sich, sie hatte ein wenig Angst, aber die Neugier und der Wunsch etwas anderes als Grau in Grau zu sehen trieb sie weiter nach oben.

Schlag für Schlag ließ sie die Ansammlung der kleinsten Wassertröpfchen hinter sich, sie spürte die Feuchtigkeit auf ihrem Gefieder, schüttelte es aber ab und durchbrach die Decke, als wäre sie nach einem langen Tauchgang aufgetaucht.
Eine völlige Stille legte sich um sie, sie hörte nichts, spürte nur die Freiheit und sah die Sonne, nach so vielen Tagen ohne Sonnenlicht war das eine vollkommene Wohltat. Sie flog schnell durch die reine Luft, flog weiter umher, versuchte irgendetwas durch die dichte Wolkendecke zu erkennen, hier und da blitzte das Grün des Dschungels durch.
Zu diesem Zeitpunkt war es einfach nicht möglich irgendetwas anderes zu erhaschen als die Wolkendecke, zumindest wenn sie weiter über den Wolken im Licht war.
Schweren Herzens tauchte sie wieder durch die elektrisch-aufgeladene Feuchtigkeit, das trostspende Licht war fort, aber sie sah ein wenig mehr von ihrer Umgebung, flog weiter über den Dschungel und erspähte noch einige kleine verlassene Tempel, die von der Natur wiedererobert wurden.

Sie ließ sich auf einen Ast eines hochwachsenden Baumes nieder, ließ den Blick über die Umgebung streifen.
Es war wunderschön hier und sie wünschte, dass Severus ebenso diese Aussicht genießen könnte. Zu fliegen war Hermines Traum, sie hatte sich immer vorgestellt wie es wohl wäre, aber keine Vorstellung glich auch nur im Ansatz der Realität.
Sie hörte das Rauschen des Meeres, obwohl sie ziemlich weit entfernt war, der Wind trug die Geräusche schnell an ihre Ohren, weckte das Fernweh wieder in ihrem Herzen.
Sie flog langsam zurück zum Strand, menschenleer und friedlich. Hermine ließ sich sanft auf den Sand gleiten, lief hüpfend durch das seichte Wasser, welches immer wieder an den Strand gespült wurde. Sie stieß auf eine interessante schöne Muschel, musterte sie mit einem sich schnell-drehenden Kopf, hüpfte umher. Ihre Augen erfassten schnell jedes Detail der geformten Kalk-Aragonit-Verbindung, neugierig versuchte sie etwas in der Muschel zu erkennen, ein Lebewesen, eine Krabbe, aber die Muschel war leer.
Hermine versuchte sie mit ihren Krallen zu greifen, wurde aber von einer Stimme aufgeschreckt.

Sie flatterte aufgeregt umher, erkannte Yai, die an den Strand angeschwemmtes Holz sammelte.
Die alte Frau hob die Hände, um den Vogel zu signalisieren, dass sie ihr nichts tun würde, als könnte ein normaler Vogel verstehen, was sie damit ausdrücken wollte.
Hermine hopste wieder umher, weitete die Schwingen und flatterte leicht, Yai fing an thailändisch mit ihr zu reden, was Hermine natürlich nicht verstand, sie drehte den Kopf schief, was Pans Großmutter auflachen ließ.
Sie zeigte auf die Muschel, Hermine sah von ihr zu der Muschel vor ihren Füße, dann wieder zu der Thailänderin. Sie verschwand kurz im Grün, kam mit einigen langen Grashalmen wieder und näherte sich der Muschel.
Hermine schrie, flog einige Meter nach hinten und sah zu, wie die Frau die Grashalme um die Muschel band, dann ging sie wieder einige Schritte nachhinten. Hermine hopste wieder zu der Muschel, besah sie sich, Yai hatte eine kleine Schlaufe um sie gebunden, ermöglichte ihr sie mit dem Schnabel aufzunehmen. Sie hob den Kopf sah zu Yai, gab einen sanfteren Laut von sich, nahm die Muschel und flog dann schnell mit ihr weiter Richtung Bungalow.
Als sie Schutz im Grün gesucht hatte und sich wieder sicher war, dass niemand sie sah, verwandelte sie sich in ihre menschliche Gestalt zurück, hob die Muschel vom Boden auf und betrat die kleine Hütte.

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