Kapitel 107: Geduld

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„Sie weichen mir aus... das ist nur eine Ablenkung, oder?", er legte eine Hand in ihren Nacken, suchte wieder ihren Blick.
„Oh.. glauben Sie mir... Sie werden sich noch wünschen, dass ich Ihnen ausweiche...", Hermine schürzte die Lippen und lachte dann.
Sie stand langsam auf, zog ihn mit sich hoch, „Kommen Sie, Sie sollten sich hinlegen.", sie stützte ihn, ein Arm war um ihre Schultern gelegt, mit schnellen Schritten brachte sie ihn ins Schlafzimmer, ließ ihn sich hinsetzen, drückte ihn dann ins Bett und deckte ihn wieder zu.
„Ruhen Sie sich aus", sie lächelte ihn an, strich seine Haare nachhinten, er nahm ihre Hand und hielt sie fest, streichelte sanft darüber.
„Bleiben Sie hier?"
„Immer", sie löste sich, verdunkelte das Fenster, wollte das Schlafzimmer verlassen, als er sie nochmal ansprach.
„Würden Sie hier bleiben? Ich meine... hier...", er zeigte auf das Bett.
„Sir..."
„Ich glaube ich... schlafe besser, wenn Sie bei mir sind.", gab er verlegen zu.
„Ich weiß", sie legte den Kopf schief, ging dann wieder zum Bett und legte sich auf seine andere Seite. Er legte einen Arm um sie, Hermine den ihren um seinen Oberbauch.
Sei streichelten sich gegenseitig, zogen sich weiter in den Schlaf, beide waren sehr glücklich und gespannt auf das, was die Zukunft ihnen bringen würde, obwohl Hermine ja bereits wusste, was auf sie zukommen würde.

Severus war der Erste, der aus dem Schlaf entlassen wurde. Er fühlte sich von Stunde zu Stunde besser, die Kraft kam nur langsam in seine Glieder zurück und der Husten war auch noch da.
Vielleicht fühlte er sich auch nur so gut, weil neben ihm diese bemerkenswerte junge Frau lag.
Wie gern hätte er die angedeuteten Küsse vollzogen, ihre Lippen gekostet, ihren Hals mit Küssen bedeckt, stopp! Sie liegt immer noch neben dir und jetzt eine Erektion zu bekommen... das wäre wirklich unvorteilhaft... sie will warten bis du gesund bist, du glaubst doch nicht, dass sie auf einer andere Etage anfangen wird... nein... du hörst jetzt auf daran zu denken, Geduld ist eine Tugend, mahnte seine Stimme.
Tugend, welche Tugend könnte ein Mensch wie er noch haben?
Er war ein ehemaliger Todesser, trugen solche Menschen noch Tugenden in sich?
Hatten sie einen Platz zwischen all der Dunkelheit?
Wenn du es nicht für dich machst, dann für sie, erinnerte die Stimme ihn.
Ja, für Hermine würde er warten. Sie war wie eine himmlische Gestalt aus purem Licht, ein Engel und sie verdiente Geduld.
Geduld.
Er kannte die himmlischen Tugenden aus Büchern, Demut, Mildtätigkeit, Keuschheit, Geduld, Mäßigung, Wohlwollen und Fleiß und auch wenn sie kannte, er lebte in den letzten Jahren eher nach den Untugenden: Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid, Faulheit.

Wann war er jemals wohlwollend gewesen?
Keusch hatte er genauso wenig gelebt, auch wenn er nicht viele Liebesgefährtinnen hatte, er hatte oft genug sehr unkeusche Gedanken gehegt und war ihnen mehr als einmal nachgegangen.
Und auch wenn er bei ihr genauso wenig keusche Gedanken hatte, es fühlte sich anders an. Als wäre es etwas Gutes sie zu begehren und ihr nah sein zu wollen, ein völlig neues Gefühl.
Er nahm sich nicht was er wollte, er wollte, dass sie ihn genauso wollte und wenn er dafür ein wenig Geduld an den Tag legen musste, dann würde er dem nachgeben.
Er strich über ihren Kopf, ihre wunderbar weichen Locken, die sie so oft zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Er löste das Haargummi, strich durch ihre befreiten Locken, der Lavendelduft verteilte sich so sehr viel besser um ihn und er nahm tiefe Atemzüge, was Hermine schließlich auch weckte.
Sie reckte sich, wunderte sich über die offenen Haare und sah ihn an, er gab ihr das Haargummi, „es gefällt mir besser, wenn Sie Ihre Haare offen tragen."
„Ich werde es beherzigen.", sie lachte leicht, rollte sich auf den Rücken und sah nach oben.
„Was machen wir jetzt?", wollte er wissen, drehte den Kopf zu ihr und musterte ihr Gesicht.
„Es regnet immer noch, Sie sind noch krank...", sie zuckte mit den Schultern.
„Es geht mir schon wieder besser", protestierte er.
„Wirklich?", sie sah ihn entzückt an, ihre Augen glitzerten, er nickte nur und schmunzelte.
„Dann können Sie mich massieren!", sie legte sich auf den Bauch und wartete, er sah sie fragend an, „Ich weiß, dass Sie einmalig massieren können! Sie brauchen gar nicht so fragend gucken."

Er setzte sich stöhnend auf, schob die Decken von sich und sah sie an, „darf ich.. mich hinter Sie setzen?", fragte er vorsichtig.
„Wie wollen Sie mich sonst massieren?", gab sie die Frage lachend zurück.
Er hockte sich über sie, saß halb auf ihren hinteren Oberschenkeln, rechts und links von ihr auf den Knien, „über der Kleidung?"
„Ja, über der Kleidung", lachte sie wieder, schüttelte den Kopf.
Er seufzte leicht, legte dann seine Hände an ihre Schultern und massierte das wenig verspannte Fleisch. Hermine stöhnte leise, sie genoss seine Massagen und war froh, dass sie sie wieder erleben durfte.
„Ihre Hände sind Gold wert", sagte sie mit einer fast schon verführerischen Stimme, alles an ihr war gelockert und gelöst, auch die Zunge.
„Sie hatten offenbar schon das Vergnügen", sagte er wissend, schmunzelte leicht, „ich frage mich ob es nur eine Massage war", auch er war sehr viel gelöster, ein allgemeiner erotischer Hauch hatte sich wieder um sie gelegt.
„Sie werden es ja sehen", gab sie zurück, stöhnte leicht auf, als er eine der wenigen Verspannungen traf und die Muskeln lockerte.
„Keine Chance, dass Sie es mir vorher verraten?", schnurrte er dunkel, beugte sich ein wenig zu ihr.
Sie schüttelte den Kopf, presste die Lippen zusammen.
„Nein?"
„Nein!"
Er war an ihren unteren Rücken angelangt, strich an ihrem Hosenbund entlang, drückte in das Fleisch links und rechts ihrer Wirbelsäule, was Hermine wieder stöhnen ließ, eine Gänsehaut rollte von unten nach oben über ihren Körper, sie vergrub das Gesicht in den Kissen und hoffte er würde es gut sein lassen.
Aber nein, er ließ es nicht gut sein, was hatte sie auch erwartet?

Er schob langsam ihr T-Shirt von ihrem Rücken, schob es weiter und weiter bis zu ihrem BH, Hermine drehte den Kopf wieder zur Seite, atmete heftig ein und aus, ihr Brustkorb drückte in schneller Folge in die Matratze, das Blut pochte in ihren Ohren.
Seine Finger strichen über ihre Haut, strichen über ihre Wirbelsäule zu ihren Seiten, er beugte sich noch ein wenig weiter zu ihr herunter, war ganz nah an ihrem Ohr, sie sah im Augenwinkel schon seine schwarzen Haare.
„Ich bin dran!", sagte sie laut, stützte sich auf ihren Unterarmen ab, sprang ohne, dass er ein Wort erwidern konnte auf, schlüpfte unter seinen Beinen hervor, hockte sich hinter ihn und wollte ihn auf das Bett drücken.
Ihr ganzer Oberkörper lag auf seinem Rücken, er sah leicht zu ihr, ihre Hände lagen bereits an seinen Schulter, wollte ihn runter drücken, aber er bewegte sich nicht.
„Ich bin dran... mit der Massage", sagte sie leise.
Er legte seine Hände an sein Schlafshirt, zog es sich schnell über den Kopf und legte sich langsam hin.

Hermine seufzte innerlich, warum musste er es ihr so schwer machen?
Sie setzte sich kurz über seinen Po, legte die Hände an seine Schultern und schloss die Augen, er fühlte sich ohne Kleidung so viel besser an, Hermine reiß dich zusammen, du musst jetzt stark bleiben!, forderte ihre innere Stimme, sie nickte wieder, fing dann an ihn zu massieren.
Er schloss entspannt die Augen und genoss die intensiven Handgriffe, sie gab sich wirklich Mühe, das musste er ihr lassen.
Nach einiger Zeit bemerkte Hermine, dass er ruhige, tiefe Atemzüge nahm, sie beugte sich ein wenig über ihn, um in sein Gesicht zu sehen, die Augen waren geschlossen, die Züge entspannt; er war eingeschlafen.
Hermine ließ sich langsam von ihm sinken, lag tatsächlich halb auf ihm, das Gesicht auf seinem Rücken, die Nase nah an seiner Haut, sie strich sanft darüber. Das, was sie schon vor Tagen am Strand machen wollte konnte sie endlich tun. Sie nahm tiefe Atemzüge, seine Haut roch einzigartig, sie liebte diesen Geruch, dieses Gefühl unter ihrer Haut. Sie legte vorsichtig ihre Lippen an seinen Rücken, nutzte die Tatsache, dass er friedlich schlief aus, küsste ihn, klammerte sich ein wenig mehr an ihn und schmuste ihr Gesicht an seine Haut und schloss wieder die Augen.

Die Nacht schliefen sie durch, niemand von ihnen wurde vor dem Morgengrauen wach. Severus bewegte sich leicht, er hustete, es war nicht mehr annähernd so schlimm wie am Tag vorher, offenbar hatte Yai doch eine Ahnung was sie da an Kräutern zusammenstellte und die Suppe tat ihr Übriges.
Er bemerkte den warmen Körper auf sich, war sie auf ihm eingeschlafen?
Wann war er eingeschlafen?
Vermutlich als sie ihn massiert hatte. Er drehte sich leicht, sie lag halb auf ihm, die Locken lagen wild in ihrem Gesicht und auf ihm, er versuchte sich langsam unter ihr zu drehen, legte den einen Arm wieder um sie, streichelte über ihren Nacken.

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