Knapp eine Stunde bleiben die anderen, ehe sie nach Hause gehen und Harry und ich das erste Mal alleine sind. Ich weiß nicht warum, aber mein Herz klopft nervös und meine Hände zittern, als ich hinter Zayn und Michelle die Wohnungstür schließe und zurück ins Wohnzimmer laufe.
Harry ist jedoch nicht mehr dort, weshalb ich irritiert die Brauen zusammenziehe. »Harry?«, rufe ich durch den Flur. »Ich bin im Badezimmer«, antwortet er mir, weshalb ich den benannten Raum ansteuere. Da die Tür offen steht, trete ich ein. Das Shirt hat er bereits auf den Boden geworfen, als er sich die Zähne putzt und dabei nicht ein einziges Mal den Blick von seinem Spiegelbild löst. Obwohl mir sofort wieder die Verletzungen auffallen, will ich lächeln, doch das Glitzern in seinen Augen versetzt mir einen Stich. »Baby ...«, murmle ich und tapse zu ihm hinüber. Ich will ihn von hinten umarmen, aber ich will ihm auch nicht wehtun. Sanft streichle ich mit meinen Fingerspitzen über seine Hüfte und küsse einen Fleck Haut auf seinem Schulterblatt, der unversehrt ist. Sein Körper bebt, doch mir ist nicht ganz klar, ob Schmerz oder Tränen die Ursache sind. In diesem Moment weiß ich nicht, wie ich ihn irgendwie trösten könnte.
Als er die Zahnpasta ausgespuckt und sich den Mund ausgespült hat, räuspert er sich. »Carter hat mir ein Video gezeigt.«
»Was für ein Video?«
»Von dem er im Wald gesprochen hat. Ihr habt euch geküsst und ...«
Oh Gott, bitte nicht. Das darf nicht wahr sein. Bittend sehe ich ihn durch den Spiegel an, während ich meine Handflächen aneinander lege. »Harry, ich schwöre dir, ich habe nicht mit ihm geschlafen. Geküsst ... Fuck, ja. Das war Teil von Zayns Plan. Aber es gab keinen Sex. Bitte glaub mir das.« Harry greift zum Handtuch, um sich das Gesicht abzutrocknen, dann dreht er sich um, krallt sich aber an dem hinter ihm stehenden Waschbecken fest. »Ich glaube dir, ich wollte es dir trotzdem sagen. Das Video war fake. Ihr habt zwar heftig rumgemacht und Carter ist dir an die Klamotten gegangen, aber danach ... Es waren zwei Typen, die Sex hatten und einer davon war Carter. Aber von der zweiten Person wurde das Gesicht nicht mehr gefilmt, nur noch der nackte Körper. Die Proportionen passten zu dir, aber ich kenne dich in und auswendig, besonders an den Muttermalen hat man es gemerkt. Ich weiß, dass du das nicht warst.« Erleichtert und mit geschlossenen Lidern stoße ich die Luft aus. Gott sei Dank!
»Es tut trotzdem weh, dass du ihn geküsst hast.« Mein Herz stolpert. Sofort reiße ich die Augen wieder auf, als seine erstickte Stimme in meine Ohren dringt. Die Träne, die über seine Wange rollt, sehe ich noch, dann wendet er sich aber ab und knöpft die Jeans auf. »Harry, ich ...«, fange ich an, während ich einen Schritt auf ihn zu gehe. Ich strecke den Arm aus, doch traue mich in diesem Augenblick nicht, ihn zu berühren. »Es tut mir leid. Ich ... Wir waren verzweifelt. Wir hatten keine Ahnung, was sich da drinnen abspielt und bevor wir einfach blindlings das Gebäude stürmen, brauchten wir einen Plan, um zu schauen, wie es dort aussieht und wie viele Personen sich dort aufhalten. Die einzige Idee, die wir hatten, war eben, dass Carter und ic...«
»Stopp. Hör auf, ich will das nicht hören. Zayn hat mir schon alles erzählt. Ein zweites Mal muss ich mir das nicht geben.«
»Zayn hat es dir erzählt? Wann?«
»Letzte Nacht, nachdem Liam mich befreit hat und mich zu eurem Standpunkt geschickt hat. Zayn hat mir dann erzählt, was Sache ist, während Michelle noch unterwegs war, um Waffen, Benzin und so zu besorgen.« Letzte Nacht? Dann hatte Carter uns angelogen. Er wollte uns nur in die Enge treiben, obwohl Harry es geschafft hatte zu fliehen. Ich seufze, während ich ihm dabei zusehe, wie er sich auch die Unterwäsche von den Beinen streift. »Bist du sauer auf mich?«
»Nein«, ist seine schlichte Antwort, ehe er zur Dusche tappt, um sie einzuschalten. Er hält kurz die Hand unter den Wasserstrahl, dann stellt er sich darunter, während ich ratlos im Badezimmer stehe und auf seinen verwundeten Rücken schaue. Obwohl ich zu Hause bin, obwohl Harry bei mir ist und obwohl er sagt, dass er nicht sauer auf mich ist, spüre ich eine Leere in mir. Ich sehne mich nach seiner Nähe, nach seiner Wärme, nach seiner Zuneigung und nach seiner Liebe, auch wenn ich weiß, dass er es gerade sicherlich mehr benötigt als ich. Er hat mich vorhin doch geküsst, umarmt und angelächelt. Warum ist er jetzt so abweisend?
Ich schlucke und nähere mich der Dusche. »Darf ich ... darf ich zu dir kommen?«, frage ich gerade so laut, dass er es versteht. Ich weiß nicht, ob ich es damit verschlimmere, aber ich will ihn jetzt nicht alleine lassen. Harry antwortet mir nicht, lediglich ein knappes Achselzucken ist seine Reaktion. Immerhin ist das kein nein. Kurz zögere ich, aber dann gebe ich mir einen Ruck und schlüpfe aus meinen Klamotten, um mich ebenfalls unter den sanften Strahl der Regendusche zu schieben. Die Temperatur ist heißer als gewöhnlich, doch Harrys Oberkörper zittert. Der Anblick tut mir in der Seele weh und wenn ich könnte, würde ich all den Schmerz für ihn übernehmen.
Sein rasselnder Atem sorgt für einen tiefen Stich in meinem Herzen, weshalb ich sachte meine Hand hebe, um mit meinen Fingern über seinen Oberarm zu streicheln. Kurz habe ich Angst, dass er zurückweicht, oder mich bittet, dass ich ihn nicht anfasse. Dem ist zum Glück nicht so, sodass ein Stückchen Erleichterung durch meine Venen fließt. »Ist das okay? Oder möchtest du nicht, dass ich dich berühre?«, frage ich dennoch flüsternd, weil ich auf keinen Fall etwas tun möchte, was Harry nicht will. Wieder zuckt er mit den Achseln. »Wenn du das noch willst.«
Irritiert blinzle ich, bevor ich mich seitlich stelle, sodass ich wenigstens sein Profil mustern kann. Er hat die Augen zusammengekniffen, mit den Zähnen beißt er sich auf die Unterlippe. »Wie kommst du darauf, dass ich das nicht wollen würde?« Ein gequältes Schnauben verlässt seinen Mund, ehe er den Kopf schüttelt. »Sieh mich doch an. Ich bin gerade alles andere als schön anzusehen.« Ein heftiger Stich schießt durch meinen Körper. Er weist mich nicht ab, weil er sauer oder enttäuscht von mir ist, sondern weil er sich schämt. Oh, Baby, was hat Carter dir nur angetan, dass du gerade so sehr zweifelst? Ich seufze und beuge dann meinen Kopf so, dass ich ihm einen hauchzarten Kuss auf die Schulter geben kann. »Ich liebe dich, Harry. Daran wird sich auch nichts ändern, okay?«
Ich glaube, dass sich sein Mundwinkel für den Bruchteil einer Sekunde hebt, dann atmet er aber hörbar aus und lehnt seine Stirn an die kühlen Fliesen. »Tut mir leid«, nuschelt er. »Bitte entschuldige dich nicht dafür. Ich möchte einfach nur, dass du weißt, dass ich dich liebe. Selbst wenn ein paar Narben zurückbleiben, okay?« Harry holt tief Luft, bevor er seinen Kopf zu mir dreht. Beinahe zurückhaltend huschen seine Augen über mein Gesicht, bleiben an der Wange hängen, an der Carters Messer mir ein unerwünschtes Souvenir hinterlassen hat. Er schluckt, als er seine Hand hebt und mit seinem Daumen zärtlich über die verletzte Haut fährt. »War das Carter?« Ja, leider war er das. Kaum zu glauben, dass das erst gestern war. Es kommt mir so viel länger vor. Nickend schmiege ich mich etwas mehr in seine Berührung, doch Harry verzieht darauf das Gesicht. »Tut mir leid.«
»Harry ... es war Carter, nicht du. Du kannst doch gar nichts dafür.«
»Aber ohne mich wäre das nicht passiert und außerdem...« Ich unterbreche ihn, indem ich einen Zeigefinger auf seine Lippen lege. »Bitte sag das nicht. Es ist, wie es ist, wir können es nicht rückgängig machen. Du weißt, ich liebe meinen Körper, aber es gibt eine Sache, die ich noch mehr liebe. Und zwar dich. Für dich hätte ich noch tausend Narben mehr auf mich genommen. Bitte lass uns das jetzt hinter uns lassen und nach vorne blicken.«
Einen Moment blinzelt Harry perplex, aber dann entweicht ihm tatsächlich ein leichtes Lächeln. Er seufzt und löst sich von den Fliesen, um sich gänzlich zu mir zu drehen. Meine Hand rutscht dabei hinunter zu seinem Hals, der zum Glück keinerlei Verletzungen aufweist. Seine Augen sind gerötet, als er sich mir nähert und einen sanften Kuss auf die Lippen haucht. »Ich liebe dich auch«, wispert er danach, was mein Herz zum Wummern bringt. Ein angenehmes Kribbeln rauscht durch mein Blut und meine Mundwinkel wandern automatisch nach oben. »Darf ich dich umarmen?«
»Ja, natürlich. Warum solltest du es nicht dürfen?«
»Du hast überall blaue Flecken und offene Wunden, Harry. Ich will dir nicht wehtun.«
»Für dich nehme ich jeden Schmerz auf mich. Außerdem hast du mich vorhin im Wald auch umarmt.« Oh. Oh, das stimmt. Ich will mich vergewissern, dass es nicht zu schlimm war, doch im gleichen Moment hat er schon seine Arme um mich geschlungen, um mich fest an sich zu drücken. Glücklich kuschle ich mich an ihn, lege meine Hände aber nur locker auf seine Haut, während wir uns weiter vom zarten Schauer der Dusche berieseln lassen.
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Ach, man ... Der arme Harry :(
Ihr Lieben, Z3 ist bereits zu Ende getippt und ich habe heute mit den Vorbereitungen für Du für meine Seele begonnen. Habt ihr es schon in eurer Bibliothek? Ich bin selbst schon ganz gespannt, wie es wird :D
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Zatago III - [Larry-AU]
Fiksi PenggemarTeil III von Zatago Verzweiflung. Laut dem amerikanischen Webster-Wörterbuch ist das der Zustand völliger Hoffnungslosigkeit. Doch wer denkt schon an die Bedeutung, wenn das Leben stattdessen Geld, Freiheit, Luxus und Liebe schenkt? Richtig - nieman...