Kapitel 15.

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Ich stand müde vor dem Spiegel.
Ernsthaft! So konnte ich nicht aus dem Haus gehen! Ich hatte mich schon ausgiebig geduscht, meine Zähne geputzt, Haare frisiert und einfach alles, was so dazu gehörte. Ich hatte sogar extra noch mal mein Gesicht gewaschen! Und trotzdem sah ich noch so aus. Meine Augen schmückten tiefe Augenringe, meine Haare ließen sich verdammt noch mal einfach nicht bendigen! Und meine Augen glänzten nicht so, wie sonst immer. Außerdem waren meine Lippen rissig und kein bisschen weinrot wie es eigentlich normalerweise der Fall bei mir war! Oh Gott! Definitiv, ich würde heute nicht raus gehen! Keine Zehn Pferde würden mich heute hinaus bringen!
Da hatte ich allerdings nicht mit Mum gerechnet.
Um kurz nach acht riss sie die Badezimmer Tür auf und sah mich prüfend an.
"Beeil dich doch ein bisschen! In zehn Minuten müssen wir fahren!"
Ja, ihr habt richtig gehört, WIR. Weil meine ach so lieben Eltern keine einzige Tat verpassen wollen, was ich so den ganzen Tag machte.
Hoffentlich konnte ich sie im Laufe des Tages irgendwie abschütteln.
Em würde heute nicht kommen um mich zu unterstützen. Da ihre Eltern beide aus der Kirche ausgetreten waren, weil sie meinten, es wäre nur eine Abzocke, hatte sie auch nicht wirklich einen besonders persönlichen Draht zu Gott und der Kirche.
"Jaha Mum! Stress nicht! Ich komm ja schon.", maulte ich sie an und schickte sie weider aus dem Badezimmer.
Endlich, wieder ruhe!
Erschöpft blickte ich in mein Spiegelbild.
Die neuen Klamotten die ich an hatte änderten auch nicht wirklich viel daran, dass ich scheiße aussah.
Aber warum müssen die Kirchenleute bloß so Früh aufstehen?! Das ich dann nicht wundervoll und aufgeweckt wirkte, war dann nicht meine Schuld!
Andererseits, ich hätte mich ja auch nicht melden müssen..
Aber hier geht es ums Prinzib!
Aus, Ende und Mist! Ich sollte vielleicht weiter tun.
Eigentlich wollte ich vor dem Fahren noch mal Italienisch durch gehen, weil wir morgen Schularbeit schreiben. Und nein, ich hatte verdammt noch mal nicht gelernt! Irgendwie ist es mir heute erst eingefallen. Na ja, zumindest ist es nicht Mathe, dass einzige Fach, dass ich hasse UND schlechte Noten schreiben!
Oh Mann, wie sollte ich das morgen bloß schaffen? Na ja, ich hatte ja noch Glück das ich einigermaßen gut in Italienisch bin. Oder so...
Egal erstmal. Jetzt musste ich weiter tun. Sonst würden meine Eltern noch ausflippen.
Ein weiteres poltern an der Badezimmer Tür war zu hören.
"Tess! Wenn du jetzt nicht sofort kommst wird es Konsequenzen geben!", brüllte Mum durch die Tür.
Mann! Konnten Eltern nerven!
"Ja Mum! Ich komm ja schon!", schrie ich zurück und riss die Tür mit Schwung auf.
Vor mir stand eine aufgebrachte Mutter.
"Also echt Tess! Nächstes Mal weck ich dich noch früher!", schimpfte sie.
Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, dass Eltern, wenn sie wütend auf das Kind sind, ihn (oder sie) immer mit dem Vornamen ansprechen? Nicht wie sonst wahrscheinlich mit Mäusschen oder Schätzchen, was manchmal ja auch echt okay ist, doch ab und zu ist das soo mega peinlich und ich würde am liebsten in den Erdboden verschwinden! Blöd nur das sich die Erde dann nie aufreißt und mich verschlinkt.
"Arrg Mum! Ich bin rechtzeitig fertig, nicht?!" Okay, ich hätte die Frage micht stellen sollen.
"Nein Tess! Das bist du nicht! Zehn Minuten zu spät, eigentlich wollten wir schon längst fahren!", hielt sie mir weiter aufgebracht ihre Standpauke.
Ernsthaft, sie nervt! Was sind denn bitte zehn Minuten?!
"Wow! Zehn Minuten! Gleich so viel!", rief ich theatralisch aus. Mir reichte es! Obwohl ich immer den kurzeren Faden bei meinen Eltern zog, was echt deprimierend so nebenbei war, mir reichts! Warum mussten Eltern auch bloß immer so kleinlich sein?!
Mittlerweile befanden wir uns in der Garage und Dad hatte unser Gespräch interessant gelauscht.
"Tess! Habe nicht überall das letzte Wort!", ermahnte er mich streng. Oh Mann jetzt hatte Mum auch noch Verstärkung bekommen! Konnte Dad nicht einmal seinen Mund halten?! Oder zu mir halten?! Ist das denn zu viel verlangt?!
Knurrend stieg ich in das Auto.
Ich entschied mich, erstmal, Betonung auf ERSTMAL, den Mund zu halten. Es brachte sowie so nichts.
Nach einigen Minuten Fahrzeut schenkte mir Paps einen Blick durch den Rückspiegel. Er sah nicht wütend aus, aber auch nicht happy.
"Na? Freust du dich schon?", fragte er.
Hm, na ja, eigentlich nicht so. Aber das konnte ich ihm nicht sagen, dann wär der nächste Streit schon vorprogrammiert.
"Ja", sagte ich deshalb.
Mum lächelte mich erfreut an. War ja klar das sie sich freute.
Den Rest der Fahrt über schwiegen wir.
Wind zersauste mein Haar und machte meine Lippen noch rissiger. Ich zog meine Jacke noch fester um mich und schlenderte dann zu dem Stand, der draußen vor der Kirche stand.
Eigentlich war es hier ja ganz schön. Die weiße Kirche mit dem spitzen Dach war auf einem Hügel gebaut mit einem großen Garten mit Bäumen, Büschen und hier und dort Grabsteinern. Man hatte einen super Ausblick auf die kleine Stadt, wo wir wohnten. Es war irgendwie perfekt hier oben. Ich möchte Berge, mit viel Wiese hoch oben, wo keine Leute sind. Im Winter viel Schnee, im Frühling saftige Wiesen und Sträucher. Ich hatte gerade eben für mich entschieden, später mal auf einer Alm zu wohnen.
Vor dem Stand mit Kaffee und Kuchen blieb ich stehen. Außer diesem Stand gab es noch einen zweiten weiter drüben. In jedem Stand waren zwei Personen.
Im Stand stand schon ein junge Frau, vielleicht mitte zwanzig. Sie hatte dicke, schwarze Handschuhe und eine Wollmütze auf, sowie schwarze, kuschelige Pumbs. Ihre blonden langen lockigen Haare fielen ihr hübsch um die Schultern. Alles an ihr war zierlich, ob Nase oder die Figur. Alles im alles sah sie einfach nur fantastisch und süß aus.
Sie hielt mir lächelnd die Hand hin.
"Hey! Ich bin Katherina, du kannst mich aber gern auch Katy oder Kat nennen.", stellte sie sich freundlich vor.
Ich nahm ihre wartende Hand entgegen und schüttelte sie kräftig.
"Hi. Mein Name ist Tess."
"Oh, schöner Name! Wie Testiny?", fragte sie mich.
Ich stellte mich neben ihr hinter den Stand und sotierte die einzelnen Waren durch. Alles sollte so schön wie möglich aussehen.
"Nee. Einfach nur Tess.", antwortete ich ihr, während ich meine Augen noch immer auf die leckeren Kuchen und Torten gerichtet hielt.
Meine Eltern standen unschlüssig vor uns und sahen sich jede Sekunde in alle Richtungen um. Ha! Ihnen wird es wahrscheinlich jetzt schon fad. Aber ich habe sie nicht gezwungen mit zu kommen. Also mussten sie da jetzt durch! Selber Schuld!
In zehn Minuten fängt der Kirchenmarkt an. Eigentlich sollte ich mich beim Messner Herr Smith melden, dass ich da bin, aber irgendwie bin ich gerade zu faul dazu. Soll er doch her kommen, wenn er was will!
"Juhuu! Die ersten Gäste!", riss mich Katy aus meinen Gedanken.
Ich folgte ihren Blick auf den Eingangsbogen des Kirchensgartens. Er war mit roten Rosen geschmückt und weiß angestrichen. Um ihn herum standen unzählige Büsche, Pflanzen und sogar zwei laub Bäume die sich um ihn beugten.
Mit den bunten Farben die die Blätter nun angenommen haben, sah das ganze noch wundervoller aus.
"Oh jaa!", stimmte ich mit ein.
Meine Eltern sahen auch sehr erfreut darüber aus und steuerten zu ihnen, wahrscheinlich zum reden. Na endlich sind die weg!
Im Laufe des Tages kamen immer weitere Besucher und Kat und ich quatschten fast gar nichts miteinander, bis kurz vor unserer Mitagspause, die um halb eins anfing.
Gerade waren fast keine Leute an unserem Stand oder in der Nähe.
"Hey du. Also, ich möchte dir da so ein Geheimnis verraten. Das du aber auf keinen Fall jemanden erzählen darfst!", fing Katy plötzlich zum reden an.
"Was, wieso?", fragte ich sie perplex. ich mein, sagte man Geheimnisse denn nicht besten Freundinnen?
"Ähm, sorry wenn das jetzt blöd kommt, aber quatscht man über solche Dinge denn nicht mit Freunden?", halte ich nach.
Katherina sah mich schmollend an.
"Klar, schon, doch ich möchte es auch einer anderen Person sagen und ich glaube, das du kein Plappermaul oder so was bist. Biiitte!", drängte sie mich.
"Ähm, klar okey. Ich hatte ja auch nur gemeint.", stammelte ich vor mich hin.
Ich würde ja nicht gleich jedem meine Geheimniss erzählen.
Trotzdem freute es mich, dass sie mir gleich so vertraute und zugegeben, hatte sie nun meine Neugier geweckt.
"Aber wenn du nicht willst.... Ich muss es dir ja nicht erzählen.
Oh da kommt der nächste Kunde!", lenkte sie gleich ein anderes Thema ein.
Waas?!
"Ne, ne! Jetzt bist du selber Schuld! Wenn du schon mal was andeutest, kommst du an mir nicht mehr vorbei!", meinte ich. Gut, vielleicht ein wenig aufbrausend.
Aber ich wollte es jetzt wissen!
"Okay, okay.", lachte sie. Ich weiß nicht warum aber ich stimmte einfach mit ein.
Sie bediente noch schnell einen Kunden und beugte sich dann näher zu mir rüber.
"Sag es keinen! Versprochen?", ließ sie mich weiter zappln.
Ich nickte nur eifrig.
"Gut! Also, na ja da ist so ein Typ, in den ich, glaube ich halt, ein wenig verknallt bin.", flüsterde sie.
Ernsthaft?! Das war ihr Geheimniss?!
Boah ey!
"Das ist doch kein Geheimnis!", erwiderte ich, leicht genervt.
Kat seufzte leise.
"Ja, das war ja auch noch nicht alles...
Das Problem, er ist fünf oder sechs Jahre Jünger wie ich.", gestand sie.
Zugegeben, sie tat mir echt leid mit ihrem traurigen Blick. Ich wusste, wie es war, unsterblichen in wen verliebt zu sein.
Nicht, dass es schon mal so war! Oder zumindest nicht oft!
"Oh", brachte ich nur hervor.
Was sollte ich auch antworten?
Doch eine Frage, egal wie mega traurig sie aussah oder war, brannte mir noch auf der Zunge.
"Und, wie heißt er, der Typ mein ich."
Ein langes Schweigen brach aus, bevor sie ihren Mund öffnete, und ein Wort sagte, dass mich zu tiefst schockirte!

My best friends brotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt