Kapitel 124: Keine andere Wahl

1.2K 81 6
                                    


„Ich weiß... ich weiß... entschuldige.", sie lief nachdenklich durch ihr altes Zimmer, Ginnys Bett war leer, sie vermisste sie wirklich, aber sie musste sich jetzt auf das Wesentliche konzentrieren, „du darfst nicht zu überstürzt sein und nicht zu deutlich... der erste Schritt muss von mir kommen."
„Hermine!", Severus war ebenfalls aufgestanden, fasste sie an den Schultern und suchte ihren Blick, „Es.Ist.Kein.Schauspiel! Hör auf damit... du machst dich selbst nur verrückt. Du kannst dich auf mich verlassen, ich hab es schon mal geschafft, dass du dich in mich verliebst...", er schmunzelte nach der kleinen Moralpredigt, zog sie dann zu sich und umarmte sie.
Hermine musste auf sein Versprechen vertrauen, sie hasste das Ungewisse und nicht die Kontrolle über die Situation zu haben, denn wenn sie eines wusste dann, dass sie sich am allermeisten auf sich selbst verlassen konnte.

Die Tage, die spät hell wurden und früh wieder dunkel, verbrachten Hermine und Severus entweder in dem gemütlichen kleinen Kaminzimmer in der untersten Etage des Hauses der Blacks, lasen, hörten Musik auf dem alten Grammophon, übten Zauber und kleine Tränke oder streiften durch den verwucherten Garten, der noch einiges an Grün zu bieten hatte.
Sie flog oft als Adler über die Stadt und die kleinen Wäldchen in den verschiedenen Gebieten. Auch Remus kam noch ein paar Mal, brachte sie auf den neusten Stand, versuchte Hermine zu beruhigen.
„Harry und Ron sind mittendrin in der Aurorenausbildung.. du bist wirklich oft allein Hermine...ich kann das langsam nicht mehr mit ansehen. Tonks will dich schon bei uns aufnehmen..", meinte Remus, strich sich nachdenklich über den Oberlippenbart.
„Remus, du musst nur noch ein paar Tage dadurch.. es ist doch schon Ende November. Du gehst mit mir in den Park und dann bist du raus.", meinte Hermine.
„Ich glaube nicht, dass alles so bleibt Hermine... es sind zu viele Sachen, die jetzt schon anders sind. George und Fred... dass Ginny und Harry ausgezogen sind, Tonks und ich.", er schüttelte den Kopf.
„Es scheint, als wäre ich die einzige Konstante...", warf Severus dazwischen, „und ich werde bleiben, alles wird gut.", er richtete seinen Blick auf Hermine, sein Blick sprach Bände.

Er würde es nicht zulassen, dass irgendetwas anders werden würde, zumindest nicht zwischen ihm und ihr und nicht in einem Ausmaß, dass sie sich am Ende der Reise komplett fremd wären.
„Bist du dir denn sicher, dass du es wirklich genau so machen musst? Ich meine, woher wissen wir, dass du deine Erinnerungen, die du jetzt von ihm hast, verlierst?", Remus war aufgestanden und lief nun nachdenklich durch die Küche.
„Ich weiß es nicht Remus, aber die Gefahr, dass ich irgendetwas vergesse ist einfach zu hoch.. und wie sollen wir am Ende erklären, dass wir zusammen sind, wenn es in den Monaten vorher nicht irgendeine kleine Annäherung gab? Nachher macht Ron mir wirklich einen Heiratsantrag oder will mit mir zusammenziehen... das Drama möchte ich nicht erleben.", sie seufzte auf, das Drama was sie zusammen mit Ron hatten und der Schlange vor der Haustür war genug.
„Ja ist ja gut...schon gut.. wir machen es so.", Remus hob die Hände, er wollte nicht diskutieren, er verstand ihre Sorge, er hätte vermutlich dieselben Gedanken gehabt.
„Wenn das alles vorbei ist, dann hast du was gut bei mir", versprach Hermine, sah ihn dankbar an.
„Davon bin ich ausgegangen", meinte Remus, gab ihr einen vielsagenden Blick.
Severus schnaubte, musste sich ein Lachen verkneifen, stand auf, verließ den Raum und kam schnell mit einer randvoll gefüllten Box zurück, drückte sie Remus in die Hand.

Er sah den Schwarzhaarigen fragend an, öffnete dann die Box, „Wolfsbann?", Severus nickte, „Danke!"
„Wir haben die Zeit sinnvoll genutzt...", Severus schmunzelte, sah zu Hermine.
„Vielleicht ist diese... Beziehung zwischen euch doch gar nicht so schlecht.", sagte Remus.
„Erstmal ist ein keine... Beziehung.... sondern eine Beziehung", Hermine erklärte ihm die Betonung, „und zweitens: natürlich ist sie nicht schlecht."
„So war das eigentlich nicht gemeint", entschuldigte sich Remus.
„Ich hab dich verstanden und weiß was du meinst...", versicherte Severus.
„Ich muss langsam wieder los. Tonks und Teddy warten... sie wird schon langsam ein wenig skeptisch."
„So oft wie du hier bist... ich erkläre ihr alles, wenn es soweit ist.", Hermine stand auf, begleitete ihn noch zur Tür, Severus folgte langsam.

Als sie die Tür wieder geschlossen hatte drehte sie sich langsam zu Severus um, er legte den Kopf schief, winkte sie zu sich und nahm sie in die Arme.
„Ich bin froh, wenn es jetzt endlich anfängt und wir das alles irgendwann abschließen können.", sagte sie schwach, sie hatte keine Kraft mehr sich Gedanken zu machen, keine Kraft zu warten. Sie hätte die nächsten fünf Monate am liebsten einfach vorgespult.

Die beiden zogen sich wieder ins Kaminzimmer zurück und verbrachten die nächsten Tage in einer Art Schwebezustand.
Die Ruhe vor dem Sturm, sie lebten, füreinander, miteinander vergaßen alles um sie herum.
Der Tag der Tage rückte näher und mit einem Mal stand er vor der Tür
Hermine wollte Severus fast gar nicht gehen lassen, aber ihr blieb keine andere Wahl.
„Ich halte dich auf dem Laufenden... an den wichtigen Tagen wie Weihnachten und Neujahr werde ich nicht bei dir sein.", erinnerte sie Severus.
„Du bist doch bei mir", sie streichelte seine Wange.
„In einem gewissen Maße auf jeden Fall... das wird mir fehlen.", er strich durch ihre Haare.
„Was denn?"
„Dieser lockere offene Umgang, dass ich durch deine Haare streichen kann wann ich will, dich umarmen und küssen... einfach dieses Miteinander.", erklärte er.
„Das kommt doch", sie lachte ein wenig, „nur Geduld..."
Er beugte sich zu ihr, gab ihr ein Küsschen auf die Wange, „es fällt mir aber so furchtbar schwer stark zu bleiben bei dir."
„Da musst du jetzt durch", Hermine drückte ihm kurz die Lippen auf den Mund, dann schob sie ihn langsam in Richtung Tür, „jetzt geh schon..."
„Ich komme zu dir, wenn ich kann.", versprach er.
„Konzentrier dich lieber auf das was wir gefühlte tausend Mal besprochen haben!", sie lachte, umarmte ihn dann ein letztes Mal, ließ ihn dann gehen, er drehte sich zu ihr, lächelte und verschwand dann von der obersten Stufe des Grimmauld Place. Sie seufzte, schloss die Tür und war allein.
Jetzt hieß es abwarten und Tee trinken, wenn die Neugier sich gar nicht mehr zurückschrauben ließ könnte sie immer noch als Animagus durch die Welt streifen und sich selbst davon überzeugen, dass alles nach Plan verlief.
Und wenn es nicht so läuft? Du kannst nicht einfach vom Baum springen und eingreifen... nein, es ist besser wenn du nichts dergleichen machst. Lass Severus und Remus das regeln. Eine andere Wahl hast du nicht, erinnerte ihre innere Stimme sie.

*
Die ersten Tage allein verliefen ruhig, sie las in Zaubertränkebüchern, die sie von Severus bekommen hatte. Remus hatte ihr nach dem Tag im Park und dem abschließenden Besuch in Hogwarts einen kurzen Brief geschrieben, „Der Adler ist gelandet."
Hermine hatte herzlich lachen müssen, der Grundstein war gelegt, jetzt lag es an Severus, aber da machte sie sich eigentlich wenig sorgen.
Er hatte sich so sehr verändert, dass er beinahe eine unwiderstehliche Art für sie an sich hatte, ja er würde es schaffen; das sagte sie sich immer und immer wieder.
Sie las gerade die Zubereitung eines äußerst schwierigen Tranks und wurde durch die zugeknallte Tür aufgeschreckt.

„Severus Snape ist nicht freundlich? Ein gemeiner unfairer Mann, der jedem nur etwas vorspielt... wie charmant.", sein Blick funkelte, er musterte sie wütend, sie saß unschuldig auf dem Sessel mit einem dicken Buch in der Hand.
„Ich war verwirrt und überfordert... es tut mir leid", sie legte das Buch beiseite und stand auf, ging zu ihm, „du darfst es mir nicht übel nehmen...", sie musterte seine Motorradkluft, der Tag am See hatte wunderschön gestartet, sie hatte sich frei gefühlt. Sie hatte an ihm geschlafen, das erste Mal und es war ein unvergessliches Erlebnis.
Seine Ruhe, seine Wärme, sein Duft, der Schutz, den er ausstrahlte. Das hatte ihr wirklich gut getan.
„Das würde ich aber gerne.", er funkelte immer noch.
„Ich kann es dir nicht verübeln, ich bitte dich nur mir diese unbedachten Worte zu verzeihen. Ich hab mich selbst wirklich mehr als schlecht gefühlt, das kannst du mir glauben.", sie senkte den Blick, seine Hände schoben sich in ihre Blickfeld, nahmen ihre Hände und drückten sie.
„Du hast mir auch schon vieles verziehen.", er nickte, streichelte über ihre Wange.

Der Duft von Lavendel  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt