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Carla.

Mir ist schlecht. Ich bin nervös und weiß nicht, wie ich die Frage in Worte verpacken soll. Eigentlich ist es gar nicht mal so schwer. Vor allem wäre es nicht das erste Mal, dass ich sowas frage.

Aber dieses Mal wäre es ein anderes Land und sonst waren wir immer in Deutschland unterwegs. Trotzdem habe ich bedenken, was meine Eltern dazu sagen werden. Schließlich sind wir nicht all zu lange zusammen und waren schon zwei Mal im Urlaub. Falls man das Urlaub nennen kann.

Und okay, wir standen bis vor zwei Tagen vor dem Ende unserer Beziehung, aber ich bin mehr als erleichtert, dass Dardan und ich uns gerafft haben. Dass wir uns getroffen und darüber gesprochen haben.

Aus dem Flur vernehme ich, wie meine Eltern nach Hause gekommen sind und sich dabei unterhalten. Sofort springe ich aus meinem Bett und renne in den Flur. Dabei rutsche ich wegen den Socken auf dem Laminat fast aus.

„Halloo", begrüße ich die beiden und grinse sie breit an. „Was geht ab?"

Mein Vater schaut mich fragend und mit zusammen gezogenen Augenbrauen an. Wahrscheinlich stempelt er mich gerade als verrückt ab. Aber das macht mir nichts aus. Nicht bei meiner Familie. „Was stimmt nicht mit dir?", fragt mein Vater eher sich als mich kopfschüttelnd und läuft dann an mir vorbei.

Meine Mutter dagegen sieht mich musternd an. Sie versucht herauszufinden, was ich von ihr möchte.

„Ich habe eine Frage", sage ich und lächle sie dabei schüchtern an. Mama nickt einfach nur damit ich fortfahren soll. „Dardan-"

„Wie geht es ihm eigentlich?", unterbricht sie mich sofort und geht an mir vorbei. Ist das ihr ernst? „Wann kommt er mal wieder zu uns?"

Ich seufze überfordert auf und folge ihr in die Küche. Manchmal glaube ich, dass unsere Mütter ebenso in unsere Beziehung involviert sind. „Kann ich erst meine Frage stellen?"

„Wenn es sein muss", tut sie auf genervt, doch ich höre ihr Grinsen heraus. „Also was ist mit Dardan? Warst du wegen ihm so schlecht drauf?"

Überrascht schaue ich meine Mutter an. Sie hatte es bemerkt? Aber gut, wie denn auch nicht? Jeder hat meine schlechte Laune bemerkt. Und manchmal sogar zu spüren bekommen.

„Jetzt schau mich nicht so überrascht an. Ich bin deine Mutter, ich merke es, wenn es meinen Kindern nicht gut geht", sagt sie dann als sie meinen Blick sieht. „Also erzähl jetzt."

„Äh", gebe ich zurück und muss mich erstmal wieder sammeln. „Dardan hat mich gefragt, ob ich mit auf seine Kosovo Tour will."

„Und was willst du jetzt von mir?", fragt sie mich und sieht mich kurz an. „Du bist 22 und alt genug. Wenn du unsere Einverständnis willst, dann kommst du ein paar Jahre zu spät bei uns an." Überrascht gucke ich meine Mutter an, welche mich anlächelt. „Also mich musst du nicht mehr überzeugen, aber dein Vater eher schon. Er lässt dich ungern an einen Mann gehen, weil du und Rosa sein ein und alles seid."

Ich liebe meine Eltern. Und noch mehr liebe ich es, wie viel wir meinem Vater bedeuten. Natürlich kommt das nicht oft so rüber. Er und ich verbringen auch zu wenig Zeit, nicht wie damals als ich noch jünger war. Aber ich liebe meinen Vater. Und natürlich meine Mutter.

„Ich rede mit ihm", gebe ich zurück, drücke meiner Mutter einen Kuss auf die Wange und laufe in das Wohnzimmer. „Papa?"

Dieser liegt auf der Couch und schläft schon fast ein. Doch bei meiner Stimme zuckt er leicht zusammen und blickt zu mir. „Was ist, Carla?"

„Ich wollte mit dir reden", lächle ich ihn an und setze mich vor ihm auf die Couch. „Und zwar geht es um Dardan."

Mein Vater brummt genervt auf, aber setzt sich dann richtig hin. „Dann erzähl mal. Was liegt dir auf dem Herzen, Schatz?"

Dann fange ich an zu erzählen, dass Dardan mich wegen der Tour angesprochen und gefragt hat, ob ich mit möchte. Ich erzähle ihn auch, dass ich unbedingt mit will, um ihn bei seinem Beruf, seiner Leidenschaft zu unterstützen. Ihn wieder live auf den Konzerten zu sehen.

Nach meiner Erzählung lächelt mein Vater mich an und drückt mir nur einen Kuss auf den Kopf, ehe er aufsteht und wegläuft.

„Hallo?", rufe ich ihm nach. „Willst du mir keine Antwort geben?"

„Warum?"

Ich stehe auf und laufe ihn nach. „Ich würde gerne wissen, was du davon hältst?"

Mein Vater bleibt vor der Tür des Badezimmers stehen und schaut zu mir. „Carla,  Principessa. Bist du acht oder zweiundzwanzig Jahre alt?" Wieso wiederholt er die Worte meiner Mama? „Wenn du unbedingt gehen möchtest, dann begleite ihn. Keiner hält dich davon ab, deinem Liebsten zu folgen."

„Hä?", gebe ich zurück und sehe ihm zu, wie er im Bad verschwindet. „Heißt das jetzt, ich darf mit zur Tour?"

„Ja Carla", rufen beide gleichzeitig und lassen mich grinsen.

Dio mio, danke schön!", kreische ich auf und renne in mein Zimmer, um Dardan von den Neuigkeiten zu erzählen.

Sofort schnappe ich mir mein Handy und wähle seine Nummer. Ein paar Mal klingelt es, bis er abhebt.

„Ja, ylli im?", höre ich seine raue Stimme und lächle noch mehr auf. Seine Stimme ist einfach so verdammt schön. Was hätte ich gemacht, wenn ich sie nie wieder gehört hätte? Immerhin ist ein Song von ihm nicht das selbe, wie sie live zu hören.

„Wann beginnt die Tour?", frage ich ihn einfach und lege mich auf mein Bett.

„Am 20.07 wieso?", will er verwirrt wissen. „Vale, rede nicht in Rätseln und sag was Sache ist."

„Wann soll ich mit?", hake ich weiter nach und weiß, dass ich ihn dadurch weiter nerven werde.

„Mit mir zusammen? Hä, bist du blöd?", gibt er zurück. „Denkst du, ich lasse dich alleine fliegen?"

Ich zucke mit den Schultern und lache leise vor mich hin. „In Ordnung. Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass es klappt. Mit der Tour."

„Ehrlich jetzt?", fragt er laut und wirkt dabei glücklich. „Fuck, ja man. Ich freue mich so. Du weißt gar nicht, wie krass ich mich darauf freue." Grinsend starre ich an die Decke und stelle mir vor, wie Dardan sich freut. „Dann kann ich dir endlich meine Heimat zeigen. Wow."

„Okay", lache ich und lege nich auf den Bauch. „Wir sprechen uns ja? Ich muss jetzt weiter-"

„Lernen?", stöhnt er genervt auf. „Wenn du dich entscheiden müsstes, rein hypothetisch, würdest du das lernen bevorzugen oder mich?"

„Lernen", antworte ich ihm grinsend.

„Warte, was? Wieso?"

„Damit ich dich kaufen kann, damit du dann endlich aufhörst, meine Sachen zu bezahlen", lache ich.

Der Albaner schnalzt mit der Zunge. „Selbst dann kaufe ich dir alles, baby." Er stoppt kurz, ehe er weiterspricht. „Auch deine Flugtickets. Bye."

Und somit legt er auf.

𝖸𝖫𝖫𝖨 𝖨𝖬. | 𝘿𝘼𝙍𝘿𝘼𝙉.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt