Kapitel 24

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Luca schmiegte sich eng an Viktor. Eigentlich viel zu eng für einen Walzer, aber das war dem Jugendlichen egal. Er wollte den Adligen spüren, während der ihn über ihre eigene kleine Tanzfläche führte.

»Du weißt schon, dass man Walzer eigentlich anders tanzt?«, hauchte Viktor ihm nach einer Weile ins Ohr.

»Na klar, aber wen interessiert das? Wir sind hier alleine und mir gefällt es, so mit dir zu tanzen. Dir nicht?«

»Doch, natürlich. Das wäre drinnen unter den Augen von Lady Bramlett und den ganzen Anderen gar nicht möglich. Aber das weißt du ja.«

»Warum eigentlich nicht?«, fragte Luca leise, »Eigentlich sollte doch auch die Oberschicht und der Adel heutzutage so weit sein, Homosexuelle in ihren Reihen akzeptieren zu können.«

Viktor räusperte sich und überlegte einen Augenblick, wie er es dem Jungen am besten erklären konnte, entschied sich dann für den einfachen und direkten Weg. »Ich denke, das würde wahrscheinlich in den meisten Fällen auch so sein. Allerdings lasse ich nicht gerne allzu tiefe Einblicke in mein Privatleben zu, denn das gehört mir und niemandem sonst. Dazu kommt natürlich, dass ich Geschäftsmann und auch Musiker bin und nicht möchte, dass man über mich und meinen Partner tratscht. Und das, glaub mir, würden sie – die sogenannte feine Gesellschaft. Offenheit und Toleranz hin oder her. Es wäre ein gefundenes Fressen und ich bin nicht scharf auf einen Spießrutenlauf.«

»Hmm, okay, das kann ich schon verstehen. Aber willst du deinen Partner immer vor der Öffentlichkeit verstecken?«

»Darüber habe ich mir, ehrlich gesagt, noch nie groß Gedanken gemacht und ich möchte das im Moment auch nicht tun. Ich würde einfach gerne diesen Abend genießen, mit dir, ohne mir den Kopf über solch unangenehme Dinge zerbrechen zu müssen. Oder ist es für dich gerade wichtig?« Der Atem des Unsterblichen kitzelte an Lucas Hals und dieser konnte nicht anders, als zu kichern.

Doch dann riss er sich zusammen und erwiderte: »Nein. Es waren nur Gedanken, die mir durch mein wieder halbwegs nüchternes Hirn gingen. Du hast recht. Ich hab schon genug von diesem Abend versaut. Lass uns den Rest genießen.«

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Währenddessen ließ sich Willow von Sebastian ins Haus geleiten und eine kribbelige Unruhe erfasste sie, als sie die bereits tanzenden Paare sah. Sie hätte nicht gedacht, dass es auf High Society-Partys wirklich so zuging. Es fehlten nur noch die rauschenden Gewänder und sie würde sich fühlen wie zu Zeiten Königin Viktorias. Die junge Frau lächelte, als der hochgewachsene Butler sie durch den Salon führte, in dem es ziemlich voll war, durch die Eingangshalle und sich ihr anschließend in einem zweiten großen Raum, in dem man die Möbel ebenfalls etwas an die Seite gerückt hatte, zuwandte. Ein feiner Lufthauch drang aus dem Garten in das Zimmer, in dem das Licht gedimmt war, und es duftete nach den blühenden Gewächsen und unterschwellig auch etwas nach Wasser. Es gab bestimmt einen Teich draußen, dessen Geruch der zarte Abendwind nun ins Haus trug.

»Darf ich bitten, Miss Bennett?«, fragte Sebastian erneut und lächelte, als er ihr die Hand hinhielt und sich leicht verbeugte.

Willow, die dankbar für die nur schwache Beleuchtung war, nickte, ergriff die dargebotenen Finger und ließ es zu, dass der Mann seine Hand auf ihren Rücken legte, bevor sie sich zum Klang der mitreißenden und eleganten Ballroommusik zu bewegen begannen.

»Also, Sebastian ... es tut mir leid, ist es eigentlich okay, wenn ich Sie beim Vornamen nenne? Irgendwie tun das alle und ... ich fürchte, Ihr Nachname ist mir entfallen.«

Der Butler lächelte. »Das ist vollkommen in Ordnung, niemand nennt mich Mr. Romanescu, müssen Sie wissen.«

»Romanescu ... bedeutet das nicht 'Sohn des Roman'? Ich glaube, da mal etwas gelesen zu haben.«

VAMPIRES Book of Eternity I. - White BirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt