Als ich sie das erste Mal sah stand sie unter dem grellen, gelben Licht einer Bar. Sie schrie in ihr Telefon, die dunkel gefärbten Strähnen fielen ihr dabei wild ins Gesicht. Ihr Bild hatte sich in mein Gedächtnis gebrannt. Es war das Unperfekte, welches mich sie nicht vergessen ließ. Ihre Haut war zu blass, ihr Haar zu gefärbt und ihre Kleidung zu maskulin. Sie hatte die Schönheit, die von der Gesellschaft niemals anerkannt werden würde.
Als ich sie das zweite Mal sah schrie sie nicht mehr. Sie weinte bloß stille Tränen in den nächtlichen Regen unter der grellen, gelben Neonleuchte.
Es war seltsam von einer Fremden so fasziniert zu sein. Ich wusste das es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick nicht gab und doch bekam ich das Mädchen seit der ersten Begegnung nicht mehr aus meinen Kopf.Das dritte Mal stand sie unter dem grellen, gelben Licht. Ihre Haare hatten nun nicht mehr die Farbe von dunklen Wäldern sondern von hellem Flieder.
Sie schrie weder, noch weinte sie. Sie hörte bloß Musik durch ihre Kopfhörer.
Es war jede Woche dunkler geworden und doch leuchtete sie am hellsten unter all den dunklen Gestalten dieser Stadt.Das vierte Mal versetze meinem Herz einen Stich. Das Mädchen unter der grellen, gelben Neonleuchte war nicht allein.
Sie war ein schönes Mädchen mit einem schönen Freund an ihrer Seite.
Doch trotzdem wirkte ihr Lachen aufgesetzt und kalt, während er ihre Hand hielt.Es hätte nie ein fünftes Mal geben sollen.
Sie hätte dort nicht alleine stehen sollen. Alleine, unter dem grellen Licht während ihr stumme Tränen über die Wangen liefen.
Sie sah zu mir, genau in meine Augen.Das sechste Mal unter dem neonfarbenen Licht war das letzte Mal, dass sie dort stand.
Ich hatte sie nicht angesprochen, hätte es mich niemals getraut. Ich war bloß ein unscheinbares Mädchen und sie das hell leuchtendste der ganzen Stadt.Beim sechsten Mal sprach sie mich an.
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Am Ende sind wir alle bloß Geschichten
General FictionEine Ansammlung an kurzen Geschichten