Heute ist wieder einmal ein schöner neuer Tag. Es hat sich in den vergangenen 20 Jahren zum Guten gewendet: Plastik gibt es jetzt nicht mehr und die kleinen Kinder wissen nur noch aus alten Geschichten was das ist - Plastik. Im Supermarkt gibt es keine eingeschweißten Lebensmittel und Plastiktüten mehr. Obst und Gemüse ist lose in Kisten gelagert. Man kann sie sich selbst in Stoffbeuteln abpacken. Für Mehl, Zucker, Käse usw. bringt man sich wiederverwendbare Behältnisse mit. Reinigungs- und Waschmittel kann man in Glasflaschen kaufen.
Ich bezahle mit meiner neuen Kreditkarte - ein auf Pappe genähtes Tuch, auf dem meine Kontodaten stehen. Es gibt auch keine Autos mehr, sondern nur noch Fahrräder und Bahnen. Unser Papier ist jetzt auch nur noch altes, wiederverwendetes Papier. Unsere Essensreste bekommen die Tiere. Was sie nicht fressen dürfen, wandert auf den Komposthaufen. Die Meere nicht mehr verschmutzt und Wälder werden jetzt größtenteils nicht mehr abgeholzt. Die Wissenschaftler haben vor fünf Jahren herausgefunden, wie man der Natur keinen Raum mehr nimmt und trotzdem Häuser baut. Heute gilt der Baumpilz als Bauanleitung dieser Wohnungen. Es wird also in die Höhe gebaut und nicht mehr in die Breite. Die Wohnungen hängen, schweben oder was auch immer, denn da ist die Bevölkerung sich nicht einig, welches Wort sie nehmen sollen. Für die Pandas, Orang-Utans, Hector-Delfine, Nashörner, Elefanten und alle anderen Tiere der roten Liste sieht es inzwischen auch viel besser aus.
Oh, da fällt mir gerade auf, dass ich mich noch gar nicht vorgestellt habe. Ich bin Leila und bin jetzt eine Tierpflegerin in Zoos und helfe bei der Rettung, Züchtung und Auswilderung von bedrohten Tierarten. Ich arbeite aber auch an Universitäten und halte Vorträge darüber, wie wir die Tiere und die Natur schützen können und irgendwann vielleicht sogar auf die Industrien verzichten können. Vor zwanzig Jahren saß ich noch in der achten Klasse und habe immer versucht, die bestmöglichen Lösungen zu suchen, habe dann aber nie erzählt, was meine Ideen waren, weil ich zu schüchtern war. Aber das jetzt mal beiseite. Ich will euch nämlich einmal in meinen heutigen Alltag entführen.
Wir, das heißt ich, meine Familie und unsere Katze, unser Hund und unsere Hasen leben in einem sogenannten Baumpilzhaus im Erdgeschoss, damit die Tiere auch einmal draußen sein können. Es ist jetzt sieben Uhr und um acht Uhr muss ich schon im Zoo sein und mich auf den Weg zu unseren Jungtieren bei den Orang-Utans begeben.
Im Zoo angekommen treffe ich erst einmal auf meine Kollegin Sabrina und frage wie die Nachtschicht war, denn auf unsere kleinen Nachzügler muss Tag und Nacht aufgepasst werden. Meist nehmen wir sie zu uns mit nach Hause und setzen sie in ein Zimmer, in dem alles für die kleinen Affen eingerichtet ist. Inzwischen bin ich bei meinem Lieblings-Baby Ajani angekommen, sie ist gerade drei Monate alt und klammert sich an allen Decken und Spielzeugen fest, die sie finden kann. Ihr Lieblingsort ist aber unschlagbar die Hängematte. Sie ist der süßeste Orang-Utan, den ich je kennengelernt habe. Sie bekommt morgens, mittags und abends das Fläschchen, weil ihre Mutter sie abgestoßen hat. Dazu bekommt sie noch ein bisschen Gemüse. Ich muss heute aber auch noch zu den Katas und zu den Schimpansen. Also los! Bei den Katas muss ich einmal das Gehege reinigen und ein paar kleine Knobeleien mit Leckereien vorbereiten. Bei den Schimpansen muss ich einmal die Schaufütterung für eine Kollegin, die krank ist, übernehmen. Das hört sich nicht viel an, ist aber eine ganze Menge an Arbeit, weil alle Tiere noch eine Kuscheleinheit wollen.
Danach gehe ich für die nächste Woche einkaufen und besorge Obst, Gemüse, Brot, Käse und Blumen. Geschirrspülmittel brauche ich auch. Das gibt es in großen Glaskanistern, von denen man sich selbst etwas in kleine Glasfläschchen abfüllen kann. Ich habe Montag und Dienstag in zwei Universitäten noch ein paar Vorträge, deshalb beeile ich mich lieber jetzt, damit ich am Wochenende entspannen kann. Zu Hause angekommen, fertige ich meine Präsentation an. Ca. eine Stunde danach habe ich sie fertig und spaziere mit meinem Hund Lilian am nahegelegenen Fluss entlang. Dann gebe ich noch schnell den Tieren Futter und fange mit dem Kochen des Abendbrotes an. Heute gibt es Bauerntopf und Wasser. Limonade, Brause, Fanta, Sprite und alle anderen Zuckergetränke gibt es nur zu speziellen Anlässen, wie einem Kindergeburtstag. Selten genehmige ich mir auch mal eine Cola. Wenn mein Tag anstrengend war oder ich noch arbeiten muss darf es auch ein Kaffee sein. Das kommt aber zum Glück nur selten vor. Schließlich räume ich noch ein bisschen auf und dann ist der Tag auch schon vorbei.
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Ein Alltag in der Zukunft
Short StoryLeila nimmt dich mit in einen Tag, indem Plastik nicht mehr bekannt ist und es allen, vor allem den Tieren sehr, sehr gut geht. #75 zukunft 28.08.2021