Kapitel 92

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Wincent hatte noch immer kein Wort mit mir geredet. Es war mittlerweile mitten in der Nacht, doch an schlafen war irgendwie nicht zu denken. Die Band war schon längst im Bett, während ich immer noch unten saß und nicht wusste, was ich machen sollte. Irgendwann stand Wincent plötzlich in der Tür und sah zerknirscht auf den Boden. „Du Amelie?", flüsterte er. „Es tut mir leid." Ich stand auf und nahm ihn einfach nur in den Arm. „Es ist gerade für uns beide schwer.", flüsterte ich, ohne ihn loszulassen. Wir setzten uns nach einer Weile wieder hin und starrten beide Löcher in die Luft, bis Wincent zögerlich ein Gespräch startete.

W: „Was ist eigentlich genau passiert?"

A: „Naja, nachdem du von der Bühne bist ging alles total schnell. Die Ärzte sprachen von einem Nervenzusammenbruch. Sie lag halt auf einmal in meinen Armen, so richtig erinnern kann ich mich auch nicht."

W: „Okay. Denkst du Isa wird schnell wieder gesund?"

A: „Wincent, ich weiß es doch auch nicht. Ich wünsche es mir auf jeden Fall."

W: „Ich will für sie da sein."
A: „Das kannst du aber gerade nicht wirklich. Du brauchst selber auch Ruhe und außerdem fliegst du übermorgen nach Dubai."
W: „Ich kann doch jetzt nicht einfach in den Urlaub fliegen."
A: „Erstens musst du auch mal an dich denken und zweitens glaube ich nicht, dass du Isa gerade helfen kannst. Hannah fährt mit ihr morgen nach Hause und so wie das klang und aussah wird sie tagelang nur schlafen."

W: „Fuck ey, es war gerade Alles so perfekt."

A: „Wie meinst du das?"

W: „Man, ich liebe sie. Wir haben miteinander geschlafen und ich hatte das Gefühl, sie hätte sich vollständig geöffnet und dann? Dann passiert so ne Scheiße. Das kann doch nicht sein."
A: „Ich weiß, du willst es nicht hören, aber Alles wird gut, okay? Ich bin immer für dich da und Isa wird wieder gesund, aber dafür musst auch du auf dich aufpassen."
W: „Danke Amelie. Ich wüsste nicht, was ich gerade ohne dich machen sollte:"

Die einzige Reaktion, die ich gerade zeigen konnte war ein müdes Lächeln. Wir entschieden uns, einen Moment die Augen zu schließen und legten uns dafür einfach auf die Sofas. Wir brauchten dringend etwas Schlaf, immerhin war es mitten in der Nacht.

Ich hatte meine Augen gefühlt gerade erst geschlossen, als mein Handy klingelte. Sofort war ich wieder hellwach. Es war Hannah, die uns mitteilte, dass sie in fünf Minuten da ist. Wincent und ich sprangen auf und gingen aus dem Bus. Wir stellten uns davor und warteten einfach schweigend. Nach einer gefühlten Ewigkeit bog Hannah um die Ecke und stellte das Auto ab. Sie stieg aus, kam auf uns zu und umarmte zuerst Wincent. „Was machst du nur für ne Scheiße?", flüsterte sie. Wincent sah sie einmal schulterzuckend an und Hannah wendete sich an mich. Wir begrüßten uns und gingen dann wieder in den Bus. „Wir sollten uns alle noch einen Moment hinlegen.", sagte ich leise, da ich merkte, dass sowohl Hannah, als auch Wincent den Schlaf dringend brauchten. Wir gingen nach oben und ich bot Hannah an, dass sie einfach in Isas Bett schlafen konnte. Wir einigten uns darauf in drei Stunden, um neun Uhr, wieder aufzustehen, damit wir pünktlich bei Isa waren.

Ich legte mich ins Bett, doch so wirklich schlafen konnte ich nicht. Immer wieder schossen mir die Bilder von Isa in meinen Armen in den Kopf, oder wie schwach sie da in ihrem Bett lag. Gestern konnte ich noch vermeiden, dass Wincent sie so sehen muss, aber nochmal werde ich ihn davon wohl nicht abhalten können.


„Amelie, wir wollen aufstehen.", hörte ich Wincents Stimme neben mir. Er klang total zerbrechlich und nicht so stark wie sonst. Ich öffnete die Augen und sah ihn an. Gut war was anderes, aber bei der momentanen Situation ist das wohl nicht anders zu erwarten. Ich rappelte mich auf und unten wartete schon die ganze Band auf uns. Auch Hannah war mittlerweile schon wach. Wir versuchten alle irgendwie etwas zu essen, doch so wirklich gelang das Keinem. Die Situation bedrückte uns alle so sehr und jedes Mal, wenn ich Wincents Arme sah, dann wurde ich wieder an alles erinnert.

„Hast du dich eigentlich schon bei deinen Fans gemeldet?", fragte ich irgendwann mit brüchiger Stimme. „Ich hab gestern noch gepostet, dass sie sich keine Sorgen machen sollen. Alles andere muss ich irgendwie heute machen. Denkst du ich darf Isa wenigstens einmal kurz sehen?" „Winni, ich weiß es nicht. Du kannst fragen, aber ich kann es dir nicht versprechen. Du musst dir auf jeden Fall was langärmliges Anziehen, wir müssen diesen ganzen Unfall erstmal von ihr fern halten. Und stell dich bitte drauf ein, dass sie wirklich schwach ist. " Er nickte verständnisvoll und ging nach oben, während Hannah sich schonmal wieder von allen verabschiedete. Ich gab Hannah Isas Handy und dann machten wir uns zu dritt auf dem Weg zum Auto. Die Fahrt war sehr still und irgendwie wusste Niemand so wirklich, wie wir mit der Situation umgehen sollten.

Im Krankenhaus angekommen musste Wincent sich erst nochmal zum Verbandswechsel melden. Hannah und ich warteten auf ihn, bevor wir uns dann gemeinsam auf den Weg zu Isa machen.

A: „Und was hat der Arzt gesagt?"

W: „Soweit alles gut, es werden, wenn überhaupt nur kleine Narben zurück bleiben. Ich muss mir nachher noch die Salbe aus der Apotheke holen und ansonsten meinte er, dass mir ein Urlaub gut tun würde."
A: „Na dann machst du ja Alles richtig."
W: „Wenn die Sache mit Isa nicht wäre."
H: „Hey, es wird alles wieder gut okay? Ich hab mir eine Woche Urlaub genommen und kümmere mich um sie. Du kannst dich immer bei mir melden, wenn was ist okay?"

Wincent nickte nur und Hannah bleibt stehen und nahm ihn einmal fest in den Arm. Ich bin froh, dass wenigstens sie gerade einen kühlen Kopf bewahren kann und es vor allem schafft Wincent Sicherheit zu geben, denn ich habe gerade mit mir selbst zu tun. Ich bin froh, wenn wir nachher mit den Bussen nach Berlin fahren und ich einfach nur nach Hause kann. Als sich die beiden gelöst hatten und wir weitergingen, bemerkte ich zwei Mädchen, die Hannah sehr auffällig musterten und dann irgendwas auf dem Handy der einen tippten. Ich erzählte Wincent erstmal nichts und wir gingen einfach weiter. 

Fehler oder Schicksal //Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt