Miracle

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Heiligabend. Auf den Straßen schlenderte kaum noch eine Seele herum. Sie saßen versammelt bei ihren Geliebten, aßen und lachten zusammen. Aus den Häusern drang das grelle Licht nach draußen, die tiefschwarze Nacht war geschmückt von zahlreichen hellen Punkten. Selbst die Sterne leuchteten an jenem Abend besonders schön, als wenn tausende Brillanten vom Himmel hingen. Doch nicht jeder Mann saß an einem großzügig bedeckten Esstisch und hatte seine Geliebten bei sich, so, wie man es in Büchern liest.

>Frohe Weihnachten< wünschte die Frau der frisch gewordenen Mutter, welche ihren Säugling geborgen in ihren Armen hielt und dem Vater, welcher stolz auf sein kleines Weihnachtswunder blickte. Laura verließ das Zimmer der Patienten und steckte die Hände in die Taschen ihres weißen Kittels. Für andere wäre eine Nachtschicht in solch einer heiligen Nacht undenkbar, doch für Laura war es kein Problem. Sie lebte allein und ihre Familie viel zu weit weg, um sie einfach besuchen zu können. Zudem freute sie sich, dass sie Teil eines solch wunderbaren Moments, wie die Geburt eines Kindes, sein durfte. Außerdem hätte sie wohl nichts besseres zutun gehabt, also warum nicht Teil Wunder anderer sein?

Apropos Wunder. Da fiel der Brünetten wieder ein, dass sie noch jemanden besonderen besuchen musste.

Seit einigen Jahren wurde immer wieder ein kleines Mädchen hospitalisiert. Letztes Jahr lag die kleine Mira, welche nach einem Stammzellenspender suchte, zu Heiligabend wieder im Krankenhaus und Laura rettete, gemeinsam mit anderen Ärzten, das Leben der Kleinen. Mira hat große Hürden überwunden und wurde an jenen Abend zum Zentrum der Aufmerksamkeit in der ganzen Stadt. Man nannte sie Miracle, das Weihnachtswunder.

Auch dieses Jahr lag die Sechsjährige in der Obhut des Krankenhauses und war auf dem besten Weg zur Genesung. Morgen würde sie ihre neuen Stammzellen bekommen und könnte nun endlich ein neues Leben beginnen. Laura freute sich besonders über dieses Ereignis. Zwar war sie nicht mehr für Miras Versorgung zuständig gewesen, doch sie besuchte dennoch den kleinen Sonnenschein regelmäßig und hatte sie fest in ihr Herz geschlossen.
 
Es war ein Teddybär, welchen die junge Ärztin dem Mädchen schenken wollte. Zwar ging sie davon aus, dass Mira schon schlief, doch trotzdem würde sie den Teddy an ihr Bett bringen. Wenn sie morgens aufwacht würde sie sich bestimmt über das Geschenk freuen, bevor die Transplantation beginne.

Wohlauf schlenderte Laura durch die kahlen Gänge. Allein ihre Schritte und das Ticken der Uhr erfüllte die Luft. Bevor sie das Zimmer der Patientin betrat klopfte sie an die Tür und lugte schließlich rein, nachdem keine Antwort kam. Zu ihrem verblüffen stellte sie fest, dass das Bett leer war. Wurde Mira in ein anderes Zimmer verlegt?

>Nein, das kann es nicht sein.< Sagte sie sich selbst zur Bestätigung. Immerhin lagen noch Blumen und eingerahmte Fotos von dem Mädchen auf dem kleinen Nachttisch. Doch die Decke war kalt, das Bett aufgeräumt. Es stand schon länger leer. Ihre dunklen Augen musterten das Szenario genauer und als wenn man ihre Brust mit einem Pfeil durchbohrt hätte, zerbrach die Welt vor ihren Augen.

Dies waren nicht geschenkte Blumen an ein kleines Mädchen, und auch nicht einfach irgendwelche Fotos auf ihrem Nachttisch. Vor Lauras geistigem Auge spielte sich ein tränenentfachender Film ab. Die dicken warmen Tropfen bahnten sich einen Weg an ihren schlanken Wangen hinunter und sickerten in den Stoff des Bären. Sie konnte sich absolut nicht erklären wie und wann es geschehen sein mag.

So saß sie da. Allein im totem Zimmer. Heiligabend soll es sein, doch die Stimmung war nicht munter.
Der Bär fest in ihren Armen und ihr Blick fiel aus dem Rahmen. Die Sterne lachen und leuchten sie an.
Sie glaubte, dass einer reden kann.
War es sie? Das kann nicht sein.
Doch so machte er den Anschein.
Sie war jung, rein und ohne Makel,
doch nahm man sie.

>Frohe Weihnachten...Miracle.<

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 03, 2019 ⏰

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