Verzweifelt schaute sie in ihre durch die Sonne hell erleuchteten Augen. Sie wusste, dass sie nichts tun konnte, ausser zuzusehen. Sie wäre am liebsten weggerannt und doch will sie lieber bleiben. Das Schlimmste, was einem jungen Mädchen im Leben passieren kann ist, seine eigene Mutter zu verlieren. Vorsichtig beugte sich Mayla über sie und blickte in ihr liebevolles Gesicht, das Einzige, das ihr seit ihrer Geburt Zuneigung und Geborgenheit schenkte. Schweren Herzens stand sie auf und versuchte mit größter Mühe, die vielen Steine und Ziegeln wegzutragen, die zu dieser Situation führten. Das Haus, mit dem hohen Schornstein, in dem sie aufgewachsen war lag jetzt wie ein Berg vor ihr, ja, wie ein willkürlicher Haufen aus Schutt und nie wieder zurückkehrenden Erinnerungen. Sie kehrte zu ihrer Mutter zurück, denn trotz aller Mühe hatte sie keine Chance sie von den Trümmern zu befreien. Langsam kniete sie sich in den Dreck. Ihre Gedanken waren nur bei ihrer Mutter und bei ihrer Zukunft, die so unerreichbar war.
Diese Totenstille, diese furchtbare Ruhe sagte das nahende Ende eines Lebens, nein, eines ganzen Volkes voraus. Mayla hielt die Hand ihrer Mutter ganz fest und sprach ein paar Sätze mit ihr, um sie zu beruhigen. Und während die Zeit plötzlich stillstand flüsterte sie mit leiser Stimme >Geh...<. Mit diesen Worten verschwand das Licht aus ihren Augen, eine Wolke flog über sie hinweg und verdeckte die Sonne und sogleich wurde ihre Hand kalt wie Eis und alles war vorbei.
Ein kalter Windstoß ließ Mayla zusammenzucken, während eine Träne langsam über ihre Wange rollte und im Staub, wie auf einem Blatt liegenblieb.
In einem Moment fielen ihr tausend Worte ein, die sie hätte schreien können, doch obwohl ihre Seele so von Trauer bewegt und von Schmerz erfüllt war schwieg sie still, stand auf und ging, immer weiter, ohne jegliches Ziel vor Augen und ohne jede Hoffnung auf Zukunft. Durch Staub lief sie hindurch und durch Häuser, die keine mehr waren. Auf dem Weg lag ein kleines Stück Brot, an dem sich schon Mäuse und Ratten zu schaffen machten. Sie nahm es an sich und fing an, es zu essen. Über Zäune hinweg und durch den Regen, der jetzt eingesetzt hatte lief sie immer weiter. Ihre Kleidung wurde schwer, ihr Brot löste sich in ihren Händen auf und von ihrem Haar tropfte das Wasser auf ihre kalten Füße. Und auch trotz der Kälte und Dunkelheit, die sich über das Land legte konnte man die Traurigkeit noch erkennen, während sich Mayla eine nasse Sträne aus dem Gesicht wischte. Unter einem Baum hatte sie Schutz gefunden, denn der Tag neigte sich dem Ende zu. Die mächtige Buche, die das Erdbeben überlebt hatte bot einen Unterschlupf für die Nacht. Der Regen hörte dann schließlich auch auf und es wurde kühl. Auf dem Rücken liegend, die Hände im Nacken verschränkt und immer noch etwas zittrig schaute sie in den Himmel, der sich nun immer weiter verdunkelte und einen Stern nach dem anderen zu erkennen gab. Eine schönere Nacht hatte sie in ihrem ganzen Leben noch niemals gesehen. Es war wie ein Zeichen, wie ein Wunder, dass alles, was sie an diesem Tag erlebt hatte nicht umsonst gewesen war. Keinem Menschen und keinem Lebewesen auf diesem Planeten sollte jemals das gleiche widerfahren wie ihr.
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Wie ein Vogel im Sturm
AdventureEine Katastrophe, ein beendetes Leben, ein Mädchen, Mayla! Mit einem Falken an der Seite stürtzt sie sich in ein abernteuerreiches, gefährliches, spannendes und trauriges Abenteuer, das ihr ganzes Leben verändern wird! Keine Ahnung was die Zukunft b...