In die Ferne schauend verschwand sie dann in Ihren Erinnerungen: >Ich saß am Tisch und zeichnete, ein Glas mit kaltem Wasser stand vor mir, aus dem ich immer mal etwas trank. Mutter war gerade dabei etwas zu Essen für uns vorzubereiten, wie sie es schon seit vielen langen Jahren tat. Es war ein guter Morgen, fast besser als alle anderen in den letzten drei Wochen gewesen waren. Mutter war lange nicht mehr so glücklich gewesen, keine Angst oder tiefe Verzweiflung plagten sie. Und ich habe in meinem Geist geglaubt das wäre ein gutes Zeichen...<
Man hörte die tiefe und innige Traurigkeit aus Maylas Stimme heraus, als wenn sie über ihren eigenen Tod sprechen würde. Auch wenn es nur schmerzhafte Gedanken und Erinnerungen waren zerrissen und zerstörten sie das in zwei Teile zerbrochene Mädchen innerlich. Wo war noch der Sinn in ihrem Leben?
>Ein grummelndes Geräusch, nur ganz leise. Vor Schreck war mir der Stift aus der Hand gefallen und mein verängstigter Blick lenkte sich in mein Wasserglas. Ich konnte die Wellen noch sehen, die vom Zentrum der Wasseroberfläche dem glänzenden Rand entgegen rollten. Mutter war verschwunden, ich nahm an um ein bisschen Wasser vom Brunnen vor unserem Haus zu holen. Ich schaute wieder ins Glas. Das durchsichtige Nass war wieder ruhig geworden. Eine unheimliche Stille breitete sich in mir aus, irgendetwas war nicht so wie sonst, irgendetwas, was meine Vorstellungskraft überstieg. Das Geräusch war wieder da, bewegte sich durch den ganzen Raum und schallte in meinen Ohren. Mich traf etwas nasses ins Gesicht und mein Blick verschwamm vor meinem inneren Auge. Mit meinem Ärmel wischte ich mir den Tropfen aus meinem Gesicht, der sich aus meinem Glas in meine Richtung bewegt hatte. Das Wasser schwappte und sprang vom Behälter auf den alten Buchenholztisch, der sich nicht mehr traute, auf einer Stelle stehen zu bleiben. Die Welt lief wie in Zeitlupe an mir vorbei. Ich hatte kein Gleichgewicht mehr mich auf meinem Stuhl zu halten, denn die Erde auf der er stand wackelte und gab keine Ruhe. Ich landete hart auf unseren hellen, braunen Bodendielen, die zu knarschen begannen, dabei spürte ich wie sich ein winziges Schwert in meine Hand bohrte.<
Ein langer Atemzug, sie starrte auf ihre Handfläche, in der ein Splitter ihres vernichteten Heimes seinen neuen Platz gefunden hatte. Ein stechendes Gefühl drang tief in ihren Kopf ein, doch es kam nicht von ihrer Hand, es kam aus ihrem Herzen. Ihre feuchten Augen hatten einen Fluss auf ihrer Wange gebildet, der sich bis zu ihrem Hals zog. Zero starrte sie mit großen Augen an. Niemand auf diesem Planeten würde verstehen, was ein Falke empfindet, wenn er einen Menschen leiden sieht. Mit zwei kleinen Sätzen war er auf ihrem Schoß gelandet und schloss seine Augen. Mayla verspürte nicht das Geringste, ihre braunen stränigen Haare lagen als ein Schatten über ihrem Gesicht und ihr Blick war auf ihrer linken Hand eingefroren. Parallel zueinander standen ihre von schwarzen Steinen verdeckten Füße direkt vor ihr und ihre zitternde, kalte rechte Hand hatte sich an ihr Schienbein gefesselt.
>Ich tastete mit meinen Fingern nach der Oberfläche unseres kleinen Wandregals als Mutter die hintere Tür des Esszimmers aufriss. Diese Angst in ihren Augen ließ sich mit keinem Wort in meinem Körper beschreiben. Wie angewurzelt stand sie da, ihre und meine Blicke kreuzten sich in der Mitte des Raumes, eine Vase zersplitterte neben mit in tausende von Teilen und der Schrei der Bewohner hallte durch das gesamte Dorf. Ich wollte zu ihr hin, ihre Ausstrahlung zog mich an. Mit schmerzenden Bewegungen erhob ich mich von dem zitternden Untergrund und humpelte in ihre Richtung während ich mich an der Sandsteinwand abstützte, durch die sich schon ein endloser Riss zog. Ein kantiger Brocken von Schutt löste sich von der Decke und zerschellte am Erdengrund. Der Balken über dem Türbogen neigte sich langsam nach Nordosten und die Gardinen an den Fenstern zerrissen in zwei Teile, während es die Tür selbst mit einem ohrenbetäubendem Knall aus ihren Angeln Riss. Noch immer stand Mutter in der jetzt völlig zerstörten Tür. Wehrlos sackte sie zusammen und sank zu Boden, ihr ganzes Leben, ihre Arbeit, ihre Erinnerungen, alles zerstört durch die Macht des Schicksals. Ich kroch auf dem Boden weiter, da ich keine Kraft mehr hatte, mich auf den Beinen zu halten, doch es war zu spät. Der Türbogen, hinter dem Mutter kniete fiel wie ein Kartenhaus vor ihr zusammen und versperrte mir den Weg. Meine Hoffnung kehrte zurück, das Beben ließ etwas seiner Kraft verfliegen. Ich rappelte mich auf und stolperte hinüber zu der Wand die zwischen mir und ihr entstanden war. Bretter und Steine schob ich so schnell es ging zur Seite und machte eine kleine Lücke frei, durch die ich Mutter sehen konnte. Das Adrenalin, das wie ein wild gewordener Strom durch meine Adern schoss gab mir Kraft stehen zu bleiben, als sich die Macht der Zerstörung unter meinen Füßen wieder erhob und mich erneut in gewaltige Angst versetzte. Sie stand langsam von ihren Knien auf und sah mich eindringlich an. Ein liebevolles Lächeln flog über ihr Gesicht hinweg und erfüllte den ganzen Raum mit Liebe. Doch jetzt wandelte sich dieses unglaublich starke Gefühl in tiefste Angst und sie sagte mit erschöpfter und leiser Stimme >Verschwinde von hier!< >Ich werde dich hier nicht alleine lassen, Mutter, niemals!< Wieder versuchte ich verzweifelt die Trümmer beiseite zu kriegen, während ich aussichtslos um Hilfe schrie. >Mayla, das hat doch keinen Zweck, du musst hier raus!<>Nein!< Tausende von Tränen rollten über mein Gesicht. >Geh!!!< Das Beben ließ mich erneut auf den Boden stürzen. >Lauf, es ist ok...< Die Lampe stürzte von der Decke und krachte auf den Holztisch und die Teller und Gläser klirrten in den Schränken. Ich kroch ein Stück weg von der Wand zwischen mir und Mutter. In meiner Angst stand ich auf und lief so schnell ich konnte aus dem Haus heraus. Mein Selbsterhaltungstrieb zog mich wie ein Magnet in die Freiheit.
Ich schmiss mich auf den Boden und das Haus stürzte hinter mit zu einem riesigen Haufen zusammen. Tausende Krümel von Staub wurden aufgewirbelt und genau in diesem kurzen Moment, in dem ich an der Schwelle meines Lebens stand war auch das Beben vorbei.<
Mit diesen Gedanken in ihrem Kopf senkte sie ihre Hand vor ihrem Gesicht und streichelte Zero einmal kurz über sein Federkleid.
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Wie ein Vogel im Sturm
AdventureEine Katastrophe, ein beendetes Leben, ein Mädchen, Mayla! Mit einem Falken an der Seite stürtzt sie sich in ein abernteuerreiches, gefährliches, spannendes und trauriges Abenteuer, das ihr ganzes Leben verändern wird! Keine Ahnung was die Zukunft b...